Daniil Medvedev zeigt, wie man gegen die «Big Three» bestehen kann
Das Wichtigste in Kürze
- Medvedev verlor zwar den US-Open-Final gegen Rafael Nadal mit 5:7, 3:6, 7:5, 6:4, 4:6.
- Mit einem Punkt zeigte er, dass er eine Qualität hat, die vielen anderen Jungen abgeht.
- Lernen die anderen Youngsters vom Kampfgeist des Russen?
Die Ansprüche an die jüngeren Tennis-Generationen sinken quasi mit jedem Jahr. Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic, die sogenannten «Big Three» dominieren unglaublich stark. So stark, dass seit 2004 nur sechs andere Tennisprofis überhaupt ein Grand-Slam-Turnier gewinnen konnten. Andy Murray (3), Stan Wawrinka (3), Gaston Gaudio, Marat Safin, Juan Martin del Potro und Marin Cilic (je 1).
Die drei besten Tennisspieler aller Zeiten gewannen die übrigen 54 von 64, also 85 Prozent.

Trainieren die Jungen schlechter?
Aktuell gibt es keine Grand-Slam-Sieger unter 30 Jahren. Und wem das noch nicht absurd genug ist: Dominic Thiem und Daniil Medvedev sind die einzigen zwei Spieler unter 30, die in einem Grand-Slam-Final einen Satz gewannen.
Man rätselt schon lange, woran das liegen könnte. Trainieren die Jungen schlechter? Haben sie den Siegeswillen nicht? Sind etwa sogar die Smartphones schuld, wie ein bekannter Tennis-Journalist kürzlich werweisste.

Bei den Frauen sieht es ganz anders aus
Bestimmt nicht, denn dann müsste bei den Frauen derselbe Effekt eintreten. Tut er aber nicht. Dort wechseln sich die Grand-Slam-Siegerinnen derzeit ständig ab. In diesem Jahr hiessen die Siegerinnen Naomi Osaka (21), Ashleigh Barty (23), Simona Halep (27) und Bianca Andreescu (19).
Die WTA hat mit Andreescu gar eine Spielerin, die in den 00ern geboren wurde als Grand-Slam-Siegerin. Und das bevor die ATP einen in den 90ern geborenen Grand-Slam-Sieger hat.

Daniil Medvedev zeigt das Rezept auf
Woran es auch liegen mag. Wie es scheint hat Daniil Medvedev sich und allen anderen Jungen endlich gezeigt, wie es geht: Nicht aufgeben. Klingt simpel, ist es aber nicht.
Besonders an den vier Grand-Slam-Turnieren, besonders in Finals bekam man allzu oft das Gefühl der Unvermeidlichkeit. Dass die Gegner der «Big Three» schon verloren hatten, bevor das Spiel überhaupt begann.
Etwas, das Medvedev in der Pressekonferenz nach verlorenen US-Open-Final ansprach: «Früher gab ich zu schnell auf; ich dachte: ‹Das ist zu schwierig!›»
Niemals aufgeben
Dass das nicht sein muss, bewies er in der Nacht auf heute. Obwohl der Russe quasi schon ausgeschieden war, dachte er nicht einmal ans Aufgeben. Obwohl von seinem Mammutprogramm der letzten 40 Tage (23 Matches) kaputt war. Obwohl er die ersten beiden Sätze verloren hatte und im dritten mit Break zurücklag.
Daniil Medvedev kämpfte sich zurück, zeigte fantastischen Kampfgeist. Und spielte sich in die Herzen der New Yorker, die ihn zu Beginn des Turnieres noch ausgebuht hatten.
Ass zählt nicht? Noch ein Ass!
Bezeichnend für die Einstellung von des 23-Jährigen folgende Szene. Nach über vier Stunden Abnützungskampf schlägt Medvedev beim Stand von 2:2 im fünften Satz auf. Zu allem Überfluss auch noch bei Breakball für Rafael Nadal.
Dieser, bekannt für seine langen Pausen zwischen den Ballwechseln, ist noch nicht bereit. Das sieht Medvedev allerdings nicht und serviert trotzdem: ein Ass.
Weil der Spanier aber noch nicht spielbereit war, lässt der Schiedsrichter den Ballwechsel. Ohne zu reklamieren, zu diskutieren, ja, ohne mit der Wimper zu zucken, schreitet der Russe wieder zum Aufschlag. Und knallt Nadal erneut ein Ass ins Feld.
Davon können sich definitiv einige Tennisprofis eine Scheibe abschneiden.