Formel 1: Fünf Lehren aus dem Grossen Preis von Belgien

Das Wichtigste in Kürze
- Charles Leclerc beschert der Scuderia Ferrari den ersten Saisonsieg in der Formel 1.
- Die stärkste Kraft in der Königsklasse bleibt aber unbestritten Mercedes.
Das Wochenende des Belgien-GP 2019 wird der Formel 1 auf traurige Weise für immer in Erinnerung bleiben. Nach dem Tod von Anthoine Hubert war den wenigsten am Sonntag noch nach Rennfahren zumute. Aber getreu der Regel «The show must go on» wurde gefahren.
Im Saisonrennen Nummer 13 feierte Ferrari dank Charles Leclerc den ersten Sieg des Jahres. Der heimliche Sieger hiess aber einmal mehr Lewis Hamilton, der mit Platz zwei die WM-Führung ausbaute. Hier sind die fünf Lehren aus dem Belgien-GP.
Lehre #1: Charles Leclerc ist die Ferrari-Zukunft
Es war ein bezeichnender Moment, als Ferrari über Funk die Rochade seiner beiden Piloten anordnete. Sebastian Vettel machte auch artig Platz und liess Charles Leclerc vorbei – das notwendige Opfer, um das Rennen zu gewinnen. Ferrari erkannte rechtzeitig, dass Vettel die Mercedes nicht würde halten können, und reagierte.
Bezeichnend ist das aber auch, wenn man auf den Saisonbeginn zurückblickt. In den ersten Rennen wurde Leclerc mehrfach zurückgepfiffen, um Vettel zu schützen. Nun haben sich die Rollen gekehrt – und der Monegasse ist die neue rote Speerspitze.

Das könnte sich auch für die Zukunft auswirken. Denn Leclerc ist mit seinen erst 21 Jahren langfristig bei Ferrari gesetzt. Und wenn Vettel am Saisonende tatsächlich, wie immer wieder spekuliert wird, die Reissleine zieht, ist Leclerc die klare Nummer eins.
Lehre #2: Lewis Hamilton hat den WM-Titel (fast) sicher
Nach 13 von 21 Saisonrennen in der Formel 1 muss man so realistisch sein und sagen: Niemand wird Lewis Hamilton noch einholen. Wenn es nicht der komfortable WM-Vorsprung von 65 Punkten ist, der das unterstreicht, dann die Leistung in Belgien. Maximal noch zwei Runden hätte der Weltmeister gebraucht und auch in Spa triumphiert.
Dass es nicht dazu kam, ist auch eine Folge der frühen Safety-Car-Phase. Dadurch verschob sich das Boxenstopp-Fenster für Ferrari um die entscheidenden drei Runden nach hinten. Die Aufholjagd von Hamilton erst gegen Vettel und dann gegen Leclerc unterstrich aber, wie stark die Silberpfeile sind.

Dazu kommt, dass Hamilton sich auf eine solide, aber ungefährliche Nummer zwei verlassen kann. Auch deshalb wurde der Vertrag mit Valtteri Bottas um ein Jahr verlängert. Der Finne spielt genau die Rolle, die er spielen muss – Punktelieferant in der Konstrukteurswertung und Wingman für Hamilton.
Lehre #3: Der Albon-Gasly-Tausch hat funktioniert
Nach nur einem Rennen – und ohne Max Verstappen als Vergleichswert – lässt sich kein Urteil über Alex Albon fällen. Aber: Der Red-Bull-Neuling, von Platz 17 gestartet, beendete das Rennen auf Platz fünf. Und zeigte auf dem Weg dorthin nicht nur starke Überholmanöver, sondern vor allem ein fehlerloses Rennen.

Auch für Pierre Gasly scheint sich die Rückkehr zu Toro Rosso ausgezahlt zu haben. Abseits des Red-Bull-Leistungsdrucks hatte der Franzose ein starkes Wochenende. Fehler passierten ihm ebenfalls keine – gut möglich, dass der Tausch auch ihm weiterhilft.
Mit Albon bei Red Bull und Gasly wieder bei Toro Rosso hat Helmut Marko vorerst alles richtig gemacht. Wenn der Thailänder seine Form halten kann und Gasly die seine wiederfindet, steht ihm aber eine schwere Wahl bevor.
Lehre #4: Romain Grosjeans Tage sind gezählt
Es ist kein Vergnügen, dieser Tage in den Funk von Romain Grosjean hineinzulauschen. Der gebürtige Schweizer jammerte bei Haas während des Belgien-GP über seine Chancenlosigkeit. Und er bettelte sogar darum, das Auto abstellen zu dürfen. Das ist eines Formel-1-Fahrers nicht würdig.
Grosjeans Karriere bei Haas wird mit Jahresende vorbei sein, an seiner Stelle wird man Nico Hülkenberg holen. Für den Franzosen wird es schwierig, 2020 noch ein Cockpit in der Formel 1 zu finden. Die einzige Option auf einen Rennsitz ist wohl Williams. Dort muss er sich aber mit Youngster Nicholas Latifi messen, der die besseren Karten hat.

Die Alternative für Grosjean heisst Formel E. In der Elektro-Rennserie wäre er nicht der erste Ex-Formel-1-Pilot. Jean-Eric Vergne, Stoffel Vandoorne, Sebastien Buemi, Lucas di Grassi und so weiter dockten nach dem F1-Out bei den Strom-Rennern an.
Lehre #5: Die Formel 1 bleibt ein gefährlicher Sport
Fünf Jahre lang wiegte sich die Formel 1 in trügerischer Sicherheit. Dann schlug die furchtsame Strecke von Spa-Francorchamps am Samstagnachmittag zu. Der tödliche Unfall von Anthoine Hubert, ausgerechnet nach der Kurve «Eau Rouge», schockt die Motorsport-Welt. Und er lässt die Illusion von der sicheren Formel 1 zerplatzen.
Die Tragödie wird minutiös untersucht werden, die Formel 1 wird ihre Rückschlüsse daraus ziehen. Dasselbe geschah 2014 nach dem Unfalltod von Jules Bianchi – das Resultat war der Kopfschutz «Halo».

Alle Massnahmen, die nun getroffen werden, ändern nichts daran: Motorsport bleibt gefährlich, wie fast jede Sportart. Und es wird sich auch nicht vermeiden lassen, dass folgenschwere, vielleicht tödliche Unfälle auch in Zukunft passieren. Aber vielleicht trägt der Tod von Anthoine Hubert zu Änderungen bei, die andere Fahrer retten. So wie es nach dem Tod von Jules Bianchi geschah.