Lieber Defi statt depri: Das Lebensmotto der Stabhochspringerin Katharina Bauer lässt sich in wenige Worte fassen. Am kommenden Wochenende startet die 28-Jährige bei der Hallen-EM in Glasgow. Mit einem implantierten Defibrillator - und einem Fernziel.
Katharina Bauer wurde ein Defibrillator implantiert, ein Minicomputer der ihren Herzschlag überwacht. Foto: Jan Woitas
Katharina Bauer wurde ein Defibrillator implantiert, ein Minicomputer der ihren Herzschlag überwacht. Foto: Jan Woitas - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Wenn sich Katharina Bauer in luftige Höhen schwingt, fliegt ihr unsichtbarer Rettungssanitäter immer mit.
Ad

Er wiegt 125 Gramm und ist so klein wie ihr Handteller.

Der stille Helfer sitzt unter der Haut, unter dem Musculus latissimus dorsi, dem Grossen Rückenmuskel, linke Seite. Ach ja: Frau Bauer ist Stabhochspringerin.

Mitte April 2018 wurde der heute 28-Jährigen ein Defibrillator implantiert. Der Minicomputer überwacht ihren Herzschlag. Als erste Sportlerin weltweit mit einem Defi startet sie nun bei einer internationalen Meisterschaft - bei der Hallen-EM der Leichtathleten am Wochenende in Glasgow.

Der Defibrillator ist für den Notfall da - er greift nur ein, wenn's gefährlich wird, wenn das Herz zu schnell oder unrhythmisch schlägt. «Das ist das Beste, was mir passieren konnte: Du hast praktisch deinen persönlichen Rettungssanitäter an Bord», sagt Katharina Bauer der Deutschen Presse-Agentur - und muss selber lachen.

Dabei ist ihre Geschichte gar nicht lustig: Schon als Kind hatte «Katha», wie sie von Freunden nur genannt wird, Herzprobleme. Als Siebenjährige wurden bei ihr 6000 bis 7000 Extraschläge diagnostiziert. Nachdem ein erster Eingriff nicht erfolgreich und die Zahl der Extraschläge 2017 auf sogar 15 000 gestiegen war, folgte ein zweiter Versuch: Die Operation am 17. April 2018 gelang.

Nach vier Jahren und fünf Operationen (zwischen 2016 und 2018) startet die gebürtige Wiesbadenerin («Klar trinke ich mal Äppelwoi») nach vier Jahren erstmals wieder international. Zuletzt war die Athletin von Bayer Leverkusen 2015 bei der Hallen-EM in Prag dabei.

«Katha» ist eine Kämpfernatur. «Ich habe nach fünf OPs immer wieder bei null angefangen. Ich weiss, dass ich's kann!», versichert Bauer. «Ich sitze nicht zu Hause, starre die Wand an und bin depri - das gibt's für mich nicht», meint die Leichtathletin, die Internationales Management studiert (Bachelor 2017) hat.

Ihre Träume waren immer Ziele. Für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio will sie sich unbedingt qualifizieren. «Olympia ist das Grösste, was man erreichen kann. Da gibt es in mir keine Angst und keinen Raum für Zweifel», betont die deutsche Hallenmeisterin von 2018. «Ich bremse mich mental nicht aus, denn das Springen wird leichter, wenn man sich keinen Kopf macht.»

Natürlich geht der Weg geht nicht immer geradeaus, das weiss Katharina Bauer aus schmerzlicher Erfahrung. Und von ihren vielen Autofahrten. «Ein Beispiel: Wenn ich ein Ziel ins Navi eingebe, dann weiss ich nicht, wie ich da hinkomme. Es kann Stau geben oder schlechtes Wetter», erklärt sie. «Aber ich weiss, dass ich ans Ziel komme!»

Ihren langjährigen Trainer Leszek Klima verehrt sie. «Wir sind ein eingespieltes Team. Ich schätze ihn ohne Ende», sagt die Springerin mit einer Hallenbestleistung von 4,60 Meter. «Er hat mir sehr geholfen in dieser schweren Zeit, die ich durchgemacht habe.»

Und was schätzt Leszek Klima an seiner Athletin, mit der er seit 2013 zusammenarbeitet? «Dass sie nie aufgibt. Dass sie immer wieder aufsteht. Ihren starken Willen und die Überzeugung, dass sich Arbeit lohnt», sagt der Pole im dpa-Gespräch. Das eingeschworene Duo hat noch was vor. «So lange das Feuer in mir brennt», sagt Katharina Bauer, «werde ich alles für den Sport geben».

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Bayer LeverkusenAngstOlympia 2024WetterStauTrainerFeuer