YB – Lunde: «Diese Baustellen müssen die Young Boys jetzt angehen»

Die Saison ist vorbei, es ist Zeit für eine Analyse – und Zeit für die nötigen Korrekturen bei YB. Denn klar ist: So eine Saison darf uns nicht mehr passieren.

In den letzten zwei Jahren haben beim vorher erfolgreichen YB nicht mehr alle Entscheidungen gepasst. Vielleicht hat man sich auch vom Titel in der letzten Saison blenden lassen.

Vor allem die Neuzugänge haben nicht alle wie erhofft performt, waren zum Teil schlechter, als bei ihren vorherigen Clubs. Stellt sich die Frage: Liegt es am (zu) grossen Druck? Oder sind sich nicht alle bewusst, was es bedeutet, das YB-Trikot zu tragen?

Ich sehe mehrere Baustellen, die die Berner vor dem Start der neuen Saison angehen müssen.

Marvin Keller hat angekündigt, bei YB zu bleiben. Das ist eine gute Nachricht! Er braucht noch eine Saison in Bern, um seine starken Leistungen zu bestätigen. Danach stehen ihm alle Türen offen.

Davor sehe ich Bedarf nach zwei neuen Innenverteidigern. Die Abwehr ist enorm wichtig, will man ein erfolgreiches Team sein.

Und mir war YB während der ganzen Saison zu wenig stabil. Das hängt aber unter anderem auch daran, dass zum Beispiel Jaouen Hadjam zu viele Fehler in der Defensive macht.

Dazu kommt die Anfälligkeit bei Standards – auch hier muss man im Sommer die richtigen Korrekturen vornehmen.

Mir fehlt ihm YB-Team ein Gestalter, ein Spielmacher. Es braucht einen neuen Partner für Rayan Raveloson im Zentrum. Filip Ugrinic ist ein fleissiger Läufer, er opfert sich auf. Aber er ist kein Spielmacher.

Kommt ein gutes Angebot, würde ich ihm die Chance geben, sich im Ausland zu versuchen. Und dafür einen Spieler holen, der das YB-Spiel anleiten kann.

Giorgio Contini hat ein grosses Kader und muss darum schauen, dass alle bei der Stange bleiben. So ist es schwierig, eine richtige Stammelf zu finden.

Für mich gibt es zu viele Wechsel, es können sich nicht genügend Automatismen bilden. Das war auch schon vor Contini der Fall.

Darum würde ich zwar das Kader aufbessern, aber für die Balance braucht es auch entsprechende Abgänge.

Ich würde zum Beispiel auf Colley setzen, der jetzt aber den Durchbruch schaffen muss. Ihm würde ich den Vorzug vor Alan Virginius geben, der nur geliehen war und wohl eine hohe Kaufoption im Vertrag hat. Und auch sonst hat es einige Akteure, die dem Niveau von YB nicht genügen.

Ganz vorne würde ich weiter auf Cedric Itten setzen. Seine Formkurve zeigte zuletzt wieder nach oben – das muss er aber zum Saisonstart beibehalten.

Ich habe es schon mal gesagt: Für mich wirkt YB nicht fit genug. Ich erwarte im läuferischen Bereich mehr von den Bernern.

Mit der Sommer-Vorbereitung bietet sich die Chance, dieses Manko zu beheben. In den erfolgreichen Meisterjahren hat YB seine Gegner quasi erdrückt und in Grund und Boden gelaufen. Das muss wieder das Ziel sein.

Fazit: Wie eingangs erwähnt: Bei YB haben nicht alle Entscheidungen in den letzten zwei Jahre Früchte getragen. Das kann passieren – muss aber korrigiert werden. Dass Christoph Spycher jetzt wieder näher am Team sein wird, ist für mich ein richtiger und wichtiger Entscheid.

Er wird sofort feststellen, auf wen man sich bei YB verlassen kann – und wer die nötigen Leaderfähigkeiten mitbringt. Tanzt jemand aus der Reihe oder genügt den Ansprüchen nicht, muss man entsprechend durchgreifen.

Ich bin überzeugt: Nach der kurzen Pause wird bei Gelbschwarz an den richtigen Schrauben gedreht. Und dann greifen wir wieder ganz vorne an.

****

1986 schiesst Lars Lunde YB zum Meistertitel. Ein Jahr später wechselt der Däne zum grossen Bayern München in die Bundesliga. Später spielt er auch unter Ottmar Hitzfeld für Aarau. Im Alter von 26 Jahren muss Lunde wegen der Folgen eines Verkehrsunfalls seine Karriere beenden.

Bis heute ist der 61-jährige Lars Lunde in Bern eine Legende – und seit 2024 auch Nau.ch-Kolumnist.