Nasser al-Khelaifi rückt quasi von der UEFA-Anklagebank direkt in die Regierungszentrale von Europas Fussball-Dachverband. Der Aufstieg des Katarers von Paris Saint-Germain hat ein Geschmäckle. Der DFB erklärt die eigene Zustimmung als politischen Schachzug.
Will ins UEFA-Exekutivkomitee: Nasser al-Khelaifi: Foto: Etienne Laurent/EPA
Will ins UEFA-Exekutivkomitee: Nasser al-Khelaifi: Foto: Etienne Laurent/EPA - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit den UEFA-Regeln lag Nasser al-Khelaifi als Präsident von Paris Saint-Germain zuletzt oft im Clinch.
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Künftig wird der einflussreiche Katarer eben diese Regeln selbst mitbestimmen können.

Der bevorstehende Einzug des 45-Jährigen in das Exekutivkomitee von Europas Fussball-Dachorganisation hinterlässt nach den Skandaljahren der internationalen Verbände schon wieder einen faden Beigeschmack. Regelmässig mussten PSG-Vertreter bei der UEFA wegen Verstössen gegen das Financial Fair Play vorstellig werden - das jüngste Verfahren ist noch nicht endgültig abgeschlossen. Nun sitzt ihr Chef bald mit an den Schalthebeln von Europas Fussballmacht.

Den um Glaubwürdigkeit bemühten Deutschen Fussball-Bund bringt das in Erklärungsnot. Kurz vor der Abstimmung über al-Khelaifis Einzug in das Exko am Donnerstag beim UEFA-Kongress in Rom muss Verbandschef Reinhard Grindel sein Wahlverhalten pro al-Khelaifi rechtfertigen. «Die ECA hat das Recht, zwei Vertreter ins Exko zu entsenden, das akzeptieren wir. Deshalb werden wir die Ernennung von Herrn al-Khelaifi bestätigen», sagte Grindel der Deutschen Presse-Agentur.

Eine Ablehnung und selbst eine Enthaltung käme für UEFA-Verhältnisse einer Revolte gleich. Dieses Konfliktfeld will der DFB, der immer noch dankbar für den EM-Zuschlag 2024 ist, nicht aufmachen. Grindel selbst bewirbt sich in Rom ohne Gegenkandidat für eine zweite Amtszeit als UEFA-Mitglied im Council des Weltverbandes FIFA.

Der 45 Jahre alter Katarer al-Khelaifi wird als einer von zwei Vertretern der European Club Association (ECA) in das 20 Funktionäre umfassende Führungsgremium der UEFA aufrücken. Diese beiden Sitze wurden den Clubs von der UEFA zugesichert, um Abspaltungstendenzen zu stoppen. Der andere Abgesandte der Vereine ist Andrea Agnelli von Juventus Turin.

Pikant ist der Einzug des Präsidenten von Paris Saint-Germain ins Exko nicht nur wegen der andauernden Auseinandersetzung des mit Milliarden vom Golf alimentierten französischen Spitzenclubs mit der UEFA wegen Verstössen gegen das Financial Fair Play, das finanzielle Auswüchse im Club-Fussball unterbinden soll. Zudem ist er auch noch Geschäftsführer der beIN Media Group, die als Vertragspartner der UEFA die Rechte zur TV-Übertragung der Champions League im arabischen Raum innehat.

Interessenskonflikte des ersten Exko-Mitglieds ohne direkten Bezug zu einem der 55 UEFA-Mitgliedsverbände sind programmiert. Kritiker sehen zudem einen weiteren Einflussgewinn für den umstrittenen WM-Gastgeber Katar. «Ich freue mich darauf, mit Mitgliedern des UEFA-Exekutivkomitees zusammenzuarbeiten, um den europäischen Fussball zu verbessern und zu entwickeln und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Interessen aller Clubs im Entscheidungsprozess vertreten werden», wurde der Katarer in einer ECA-Mitteilung zitiert.

Beim DFB spricht man von einer fussballpolitischen Variante des Wandels durch Annäherung. «Mit der Funktion im Exko wird al-Khelaifi noch stärker in das Regelwerk der UEFA eingebunden sein. Damit steigt auch seine Verantwortung, sich generell und natürlich besonders in seinem Verein für die Einhaltung des Financial Fair Play einzusetzen», begründete Grindel seine Abstimmungsentscheidung. Andere, wie der Chef der spanischen Liga, Javier Tebas, sprechen von der Metapher vom Bock, der zum Gärtner gemacht wird. «Seine Ernennung muss abgelehnt werden, da sie gegen alle zumutbaren Regeln der guten Regierungsführung verstösst», sagte Tebas, der selbst in Rom nicht mit abstimmen kann.

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