Er war Weltmeister und Champions-League-Sieger, aber nie deutscher Meister. Er habe sich eben auf die wichtigen Titel beschränkt, sagt Rudi Völler.
Bayer 04 Leverkusen
Rudi Völler. Foto: Peter Steffen/dpa - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Ostermontag feierte Rudi Völler seinen 60. Geburtstag.
  • Der Ex-Weltmeister ist eine der schillernden Figuren im deutschen Fussball.
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Graue Haare hat Rudi Völler gefühlt schon immer. «Tante Käthe» taufte ihn einst Mitspieler Thomas Berthold, «grauer Wolf» nannte manches Medium ihn.

«Lieber graue Haare als gar keine», entgegnete Völler immer gelassen, wenn ihn jemand damit aufziehen wollte. Dass der Fussball-Weltmeister von 1990, spätere DFB-Teamchef und heutige Sportchef von Bayer Leverkusen mittlerweile 60 ist, überrascht dennoch viele.

Denn Völler, der zu seinem Geburtstag schon vor der Coronakrise keine grosse Fete geplant hatte, ist drahtig wie immer. Er ist emotional wie immer, und fühlt sich selbst nicht alt. «Heutzutage fühlen sich die 60 Jahre zehn Jahre jünger an», sagte er dem «kicker».

«Meinen Vater hielt ich mit 70 für einen richtig alten Mann. Heute, glaube ich, sind wir alle jünger geblieben.» Fussballspielen kann er wegen eines Knorpelschadens im Knie zwar nicht mehr wirklich. Dafür geht er nun des Öfteren joggen.

«Es gibt nur einen Rudi Völler»

Für viele Fans gehört «Ruuudi» schon das gesamte Fussball-Leben dazu. Weil er ein Charakterkopf mit vielen Seiten ist. Er sei «der Killer und Publikumsliebling, der Grüssonkel und beinharte Funktionär, der Hanauer Junge und globale Fussballstar». Das schrieb einst das Magazin «11 Freunde» – ein spannender Mix.

Es gibt «nur ein Rudi Völler», sagt das WM-Lied 2002, entstanden, als Völler die DFB-Elf ins WM-Finale führte. Das konnte der Besungene selbst irgendwann nicht mehr ausstehen. Eine ganze Weile nahm er Einladungen nur unter der Bedingung an, dass das Lied nicht gespielt wird. Heute, so sagte er dem «Hanauer Anzeiger» kürzlich, «geht’s sogar wieder».

Es gibt zwei Dinge, die Völler sein gesamtes öffentliches Leben verfolgen und nach denen er immer wieder befragt wird. In aller Welt wird er auf das WM-Achtelfinale 1990 gegen die Niederlande angesprochen. Frank Rijkaard spuckte ihm zweimal in die Locken – und der erstaunlich ruhig bleibende Völler sah ebenfalls Rot. Der WM-Titel in seiner römischen Wahlheimat war ein würdiger Trost.

In Deutschland verfolgt Rudi Völler das legendäre Interview mit Waldemar Hartmann 2003. Beim Interview mit dem ARD-Reporter schimpfte er über «Käse», «Schwachsinn» und «Scheiss», den er sich anhören müsse. Und liess nicht nur die im Studio sitzenden Gerhard Delling und Günter Netzer verdutzt zurück. Hartmann erhielt einen zehnjährigen Werbevertrag mit einer Brauerei, Völler hat die Geschichte nach eigener Aussage «schwer belastet».

Ein Mann, der «schwer einzufangen» ist

«Rudi Wüterich» nannten ihn die Medien danach oft, auch, weil es immer wieder legendäre Wutausbrüche Völlers gab. Philipp Lahms Verhalten bezeichnete er nach Kritik in dessen Buch als «erbärmlich und schäbig». Eine Experten-Runde im TV nannte er «Muppet-Show». Als ihm Sky-Reporter Ecki Heuser nach einem Interview dankte, antwortete er: «Ich ihnen nicht.»

Wenn er sich ungerecht behandelt fühle, sei er eben «schwer einzufangen», sagte Rudi Völler. Er war sich aber auch nie zu fein, sich zu entschuldigen. Er habe es von seinem Vater, «ein bisschen zu überziehen, wenn einem was nicht gefällt». Seinen drei Jungs, einer davon Bundesliga-Basketballer, habe er das nicht vererbt.

Die andere Seite Völlers ist eben eine sehr zugewandte. Er grüsst nahezu jeden mit Zwinkerauge. Wünsche nach Selfies oder Autogrammen erfüllt er in fast jeder Lebenslage geduldig.

Auch deshalb erreicht ist der ausgebildete Bürokaufmann bundesweit höchste Beliebtheitswerte. Als Profi bescherte ihm seine kämpferischen Spielweise neben dem WM-Titel den Champions-League-Sieg 1993 mit Olympique Marseille. Zudem genoss er eine erfolgreiche Zeit bei AS Rom. Seitdem ist Rudi Völler, der in der «Ewigen Stadt» auch seine Ehefrau Sabrina kennenlernte, grosser Italien-Fan und gefühlt halber Römer.

In Leverkusen ist er schon 1994 heimisch geworden. Er beendete bei Bayer seine Karriere als Spieler, wurde dann quasi Azubi von Manager Reiner Calmund. Nun ist er schon 19 Jahre Funktionär und sprang zweimal als Interimscoach ein. Sein aktueller Vertrag läuft noch bis Ende Juni 2022, bis wann er arbeiten wolle, sei noch offen, sagt er.

Bis 70 sicher nicht, aber «ein paar Jährchen» würden es wohl schon noch werden. Mit dem einen sportlichen Wunsch, doch noch einen Titel mit Bayer zu holen. In diesem Jahr sei das als Europa-League-Achtelfinalist und Pokal-Halbfinalist «definitiv möglich», sagt Völler. Und hofft sicher nicht nur deshalb auf die Fortsetzung der Saison.

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