DFB geht auf Fans zu – Experten-Kritik an Kollektivstrafen

Das Wichtigste in Kürze
- Die Proteste rund um Kollektivstrafen in der Bundesliga drohen zu eskalieren.
- Verhandlungen zwischen dem DFB und der AG Fankulturen soll Ruhe in den Streit bringen.
- Der DFB betont ein «klares Nein» gegenüber Kollektivstrafen.
Der total verfahrene Streit zwischen dem DFB und der Ultra-Szene soll an einem runden Tisch zu einer ersten Annäherung führen. Zudem beteuerte der grösste Einzelsportverband der Welt erneut ein klares Nein gegenüber Kollektivstrafen. Ob das den aufgebrachten Fans reicht, ist fraglich.
Zumindest ein erster Schritt ist noch «vor dem kommenden Bundesliga-Wochenende» geplant. Bei einem Treffen mit der AG Fankulturen soll der «konstruktive Dialog» auch «in dieser emotionalen Thematik» aufgenommen werden. Dabei wolle der Verband in einen Diskurs starten. Es soll geklärt werden, «welche Formen – auch der überspitzten – Kritik gangbar sind und wo eine rote Linie verläuft».
In der AG Fankulturen sitzen Vertreter des DFB und der Deutschen Fussball Liga sowie weitere verschiedene Fan-Organisationen.

«Wir begrüssen es sehr, dass auch die Fanorganisationen im Dialog mit den Verbänden ihren Beitrag leisten wollen», so DFB-Präsident Keller. Werder Bremens Geschäftsführer Baumann forderte: «Es bringt niemandem etwas, die Situation weiter eskalieren zu lassen. Wir müssen den Dialog suchen und führen.»
Werden die Verhandlungen zu einer Besänftigung der Proteste führen?
Beleidigungen nicht nur beim DFB
In den vergangenen Tagen hatte es in verschiedenen Stadien beleidigende Sprechchöre und Plakate gegeben. Diese richteten sich gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp und den DFB. Damit protestierten die Anhänger gegen Kollektivstrafen. Die Begegnungen Union Berlin gegen VfL Wolfsburg und TSG 1899 Hoffenheim gegen FC Bayern München standen vor dem Abbruch.
Das DFB-Sportgericht hatte zuvor Anhänger von Borussia Dortmund zu einer Stadionsperre für zwei Jahre in Hoffenheim verurteilt. Dies aufgrund eines Plakats mit Hopp im Fadenkreuz. Durch den Widerruf der Bewährungsstrafe wurde die eigentlich ausgesetzte Kollektivstrafe angewendet.
Das soll aber kein Signal für die Zukunft sein.
«Es ist seit 2017 die noch immer gültige Linie. Bei Zuschauerfehlverhalten im Stadion primär gegen die Täter vorgehen zu wollen», erklärte der DFB. «Das unabhängige Sportgericht und der Kontrollausschuss können die Täter aber oft nicht selbst ermitteln. Und fast nie auf direktem Wege gegen Zuschauer vorgehen.»

Kritik an Kollektivstrafen
Die Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) in Frankfurt/Main sieht Kollektivstrafen nach Fan-Vergehen grundsätzlich «sehr kritisch. Weil sie gegen das geltende Rechtsverständnis in Deutschland verstossen und weil sie dem Gerechtigkeitsempfinden von jungen Menschen widerlaufen». Dies sagte KOS-Leiter Michael Gabriel.
Fanforscher Lange empfielt dem DFB, die Strafe gegen die BVB-Fans zurückzunehmen. Statt ganze Gruppen zu bestrafen, müsse man wieder in den Dialog mit den Fans eintreten, so Lange.