Sebastian Vettel hat mit Ferrari weiterhin Grosses vor. Der Glaube des Deutschen an sich und sein Team ist trotz einer erneut enttäuschend verlaufenden Saison ungebrochen.
Sebastian Vettel glaubt trotz Problemen an die Wende zum Guten
Sebastian Vettel glaubt trotz Problemen an die Wende zum Guten - sda - KEYSTONE/EPA/RONALD WITTEK

Das Wichtigste in Kürze

  • Es wäre vermessen, Sebastian Vettel in diesen Tagen uneingeschränkte Vorfreude auf sein Heimrennen zu bescheinigen.
Ad

Dem Deutschen laufen derzeit zu viele Dinge gegen den Strich. Da ist der Umstand, dass die Formel 1 zum vorerst letzten Mal in Hockenheim ihre Aufwartung macht und es für den Grand Prix von Deutschland zumindest im kommenden Jahr im Kalender keinen Platz haben wird.

Da sind die Erinnerungen an das Rennen vor zwölf Monaten, in dem Vettel klar in Führung liegend von der nassen Strecke gerutscht war und den sicher geglaubten ersten Sieg in Hockenheim auf dümmliche Weise aus der Hand gegeben hatte. Es war ein Fehler mit Langzeitwirkung, der Wendepunkt im Titelkampf. Statt den Vorsprung an der Spitze des WM-Klassements auszubauen, musste Vettel die Führung an Lewis Hamilton abtreten. Der Engländer verteidigte die Spitzenposition danach bis zum Schluss erfolgreich.

Da ist aber vor allem die aktuelle Saison, die so gar nicht nach Vettels Vorstellungen verläuft und an deren Ende er mit grösster Wahrscheinlichkeit ein weiteres Mal als Verlierer dastehen wird. Er wird sich damit abfinden müssen, dass er es wohl auch im fünften Jahr im Sold von Ferrari nicht schaffen wird, die seit zwölf Jahren und dem Titelgewinn von Kimi Räikkönen unerfüllte Sehnsucht in Maranello zu stillen.

Die Erkenntnis, im Machtkampf mit Mercedes wiederum als Verlierer dazustehen und als Herausforderer des silbernen Primus keinen Schritt weiter zu sein, schlägt Vettel auf den Magen. Die düsteren Aussichten, dass sich an der unbefriedigenden Situation in dieser Saison vermutlich nicht mehr allzu viel ändern wird und er den Erwartungen erneut nicht gerecht werden kann, zehren an ihm. Das Bewusstsein, dass aus dem ersehnten Titel wieder nichts werden wird, schmerzt. Diese Gewissheit über die gesamte zweite Saisonhälfte mit sich schleppen zu müssen, tut noch mehr weh. Die 100 Punkte Rückstand auf Leader Lewis Hamilton in der Gesamtwertung lassen sich unter normalen Umständen nicht mehr wettmachen. 100 Punkte entsprechen in der Formel 1 dem Gegenwert von vier Siegen. Gewonnen hat Vettel letztmals vor elf Monaten, im vergangenen August im Grand Prix von Belgien.

Gleichwohl kommt Aufgeben für Vettel nicht in Frage. Dem Deutschen ist zwar der Erfolg, nicht aber der Glaube an Besserung abhanden gekommen. Vettel will alles in seiner Macht Stehende tun, um dorthin zurückzukehren, wo er als vierfacher Weltmeister schon einmal war. Der Rücktritt ist für ihn keine Option. Als Verlierer will er sich nicht aus der Formel 1 zurückziehen. Er sieht seine Mission noch nicht erfüllt. Die Freude an seinem Tun ist trotz schwierigen Zeiten und unbefriedigenden Ergebnissen ungebrochen. Er ist bereit zu kämpfen, um mit den Roten die Rückkehr zur Nummer 1 zu schaffen.

Der Glaube allein wird Vettel aber nicht helfen. Um seine Karriere wieder ins Lot zu bringen, muss er umdenken. Er muss wieder lernen, Ruhe zu bewahren. Unüberlegte Handlungen wie jene im Grand Prix von Grossbritannien, als er ins Heck des Red Bull mit Max Verstappen gefahren war, sind der falsche Ansatz. Es sind Manöver eines Zweifelnden, Unzufriedenen, Suchenden.

Mit der Brechstange lässt sich der Erfolg nicht zurückgewinnen. Solches Tun bringt nur zusätzliche Unruhe ins Team und bietet den Kritikern weitere Angriffsfläche. Die medial in den Raum gestellte Frage über Vettels Tauglichkeit für die Formel 1 ist wohl etwas gar hoch gegriffen. Sie zeigt aber, dass für einen ehemaligen Weltmeister ein anderer Massstab gilt, zumal als Fahrer einer Spitzenequipe. Der Druck ist entsprechend ungleich höher.

Diesen Druck, der sich im Verlauf der Jahre im Dienst von Ferrari stetig erhöht hat, empfindet Vettel nicht als Bürde. Für ihn fühle es sich vielmehr wie ein Privileg an, für die Scuderia fahren zu dürfen. «Meine Mission und die des Teams ist es, auf die Siegerstrasse zurückzukehren. Ich liebe es immer noch, Rennen zu fahren. Die Motivation ist gross, mit Ferrari Grosses zu schaffen.»

Vettel sagte es mit Entschlossenheit. Die aktuellen Probleme schien er ausgeblendet zu haben. Von eingeschränkter Vorfreude auf seinen Heimauftritt war in diesen Momenten nichts zu spüren.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

FerrariSebastian VettelFormel 1KalenderLewis HamiltonKimi RäikkönenMercedesMax VerstappenRed Bull