Ein der ältesten olympischen Sportarten kommt wieder arg in Bedrängnis. Die Vorwürfe gegen Gewichtheber-Weltverband und dessen Präsidenten Tamas Ajan könnten Folgen für die Olympische Spiele in Tokio haben.
Sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt: IWF-Präsident Tamas Ajan. Foto: Igor Kovalenko/epa/dpa
Sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt: IWF-Präsident Tamas Ajan. Foto: Igor Kovalenko/epa/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Gewichtheber-Weltverband steht nach den Anschuldigen in einer ARD-Dokumentation wegen Sportbetrugs und Korruption wieder am Pranger.
Ad

Bei den Olympischen Spielen in Tokio werden die starken Männer und Frauen mit ihren Hanteln - ähnlich wie Russland - wohl nur mit restriktiven Auflagen an den Start gehen dürfen und ohne eine Reihe ihrer Amtsträger.

Einen Rauswurf der Sportart aus dem olympischen Programm befürchtet Christian Baumgartner, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Gewichtheber, aber nicht. «Es hat sich sehr viel bewegt im Kampf gegen Doping», sagte er und erklärte, das IOC habe entschieden, dass das Gewichtheben im olympischen Programm für Paris 2024 bleibe.

Für das Internationale Olympische Komitee, das die IWF jahrelang zu Anti-Doping-Reformen gedrängt hat, sind die in der ARD-Dokumentation «Geheimsache Doping - Der Herr der Heber» erhobenen Vorwürfe «ernst und besorgniserregend». Berichtet wurde über mutmassliche Korruption der ungarischen Anti-Doping-Agentur Hunado, fehlende Trainingstests von Medaillisten von Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften sowie verschwundene Millionen-Einnahmen im Weltverband IWF berichtet.

Nachdem seit 2000 rund 700 Dopingfälle im Gewichtheben aufgedeckt wurden, begrenzte die IWF auf Druck des IOC die Olympia-Quotenplätze von Nationen mit mehr als zehn positiven Fällen in der Vergangenheit drastisch. Ausserdem ermöglicht das neue Qualifikationssystem für Olympia mit sechs Wettkämpfen in 18 Monaten ein deutlich dichteres Kontrollsystem als früher. Eine weitere Konsequenz war die komplette Auslagerung der Dopingtests seit Mitte 2019 an die neu gegründete Internationale Testing Agency (ITA). Der Weltverband mit dem ungarischen Präsidenten Tamas Ajan hatte zuvor bevorzugt die Anti-Doping-Agentur Hunado mit Tests beauftragt.

In der ARD-Doku wurde der Hunado nun vorgeworfen, Doping-Proben von Gewichthebern gegen Geldzahlung vertuscht zu haben. Die in Budapest ansässige Agentur wies die Anschuldigungen am Montag zurück. Es würde kein Bericht vorliegen, «wonach ungarische Dopingkontrolleure schwere Regelverstösse begangen» hätten, hiess es in einer Mitteilung.

Das IOC wird sich nicht an der Aufklärung möglicher Verstösse gegen die Doping-Regeln beteiligen. Für deren Überwachung trage die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada die alleinige Verantwortung. «Das IOC vertraut voll und ganz auf die Wada-Verfahren zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen durch den Gewichtheber-Weltverband und erwartet, dass diese Anschuldigungen vom IWF vollständig geklärt werden», hiess es. Das IOC werde sich zudem an die Wada wenden, um Personen, die an den Verstössen beteiligt seien, von den Olympischen Spielen fernzuhalten.

Ausserdem habe das IOC eine Disziplinarkommission eingesetzt, um das in der ARD-Dokumentation erfolgte Doping-Geständnis der früheren thailändischen Heberin Rattikan Gulnoi auf mögliche Konsequenzen zu prüfen. Gulnoi, die 2012 in London Olympia-Bronze gewann, hatte zugegeben, seit 2011 Anabolika eingenommen zu haben. Sie war erst auf Platz drei geklettert, weil alle drei Medaillengewinner wegen Dopings nachträglich disqualifiziert worden waren.

Der Verdacht gegen Ajan, IOC-Gelder auf Bankkonten in der Schweiz versteckt zu haben, sowie über 5,5 Millionen Dollar, die verschwunden sind, keine Auskunft geben zu können, ist für Baumgartner ein Fall für die Justiz: «Die Schweizer Staatsanwaltschaft kann gar nicht anders, als Ermittlungen aufzunehmen.»

Bereits 2010 war die Beschwerde über Ajan wegen mutmasslicher finanzieller Unregelmässigkeiten in der IWF an das IOC herangetragen worden. Allerdings entschied der Internationale Sportgerichtshof damals, dass das IOC nicht befugt sei, in die internen Konten eines Weltverbandes einzugreifen. Nach Änderung des IOC-Ethikkodex und möglicherweise neuer Informationen durch den TV-Bericht werde der IOC-Ethik- und Compliance-Beauftragte nun die ARD um alle in deren Besitz befindlichen Unterlagen bitten, um Nachforschungen anstellen zu können, teilte das IOC mit.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

DopingIWFKorruptionOlympia 2024DollarARDIOC