RKI will mit Handydaten Mobilität der Bevölkerung messen

Das Wichtigste in Kürze
- Telekom stellt anonymisierte Daten kostenlos zur Verfügung.
Die Daten zeigten, ob die Mobilität der Bevölkerung nachgelassen habe, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Mittwoch in Berlin. Es lasse sich feststellen, ob die geforderten Massnahmen auch eingehalten würden. Die Deutsche Telekom stellt dem RKI dafür kostenlos Massendaten zur Verfügung.
In Deutschland gelten seit dieser Woche massive Einschränkungen im öffentlichen Leben, um die Verbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Schulen und Kitas, aber auch zahlreiche Geschäfte sind geschlossen. Die Bürger sind aufgefordert, möglichst zu Hause zu bleiben. Allerdings ist umstritten, ob sich genügend Menschen daran halten.
Die Handydaten sollen Anhaltspunkte über Bewegungsströme liefern. «Wenn wir sehen, dass die Menschen die Massnahmen gar nicht umsetzen, wissen wir, warum Infektionszahlen hoch bleiben», sagte RKI-Präsident Wieler. Das Institut wolle «faktenbasiert» Entscheidungen treffen. Wieler konnte noch keine Angaben dazu machen, ob die bereits gelieferten Daten Rückschlüsse auf die Mobilität der Deutschen zulassen.
Die Deutsche Telekom hatte dem RKI am Dienstag ein erstes Datenpaket zur Verfügung gestellt. Diese Daten könnten auch gekauft werden, das Institut bekomme sie aber kostenlos, sagte Wieler. Er versicherte, es seien anonymisierte und keine individuellen Daten.
Auch die Telekom erklärte, es seien keine Rückschlüsse auf einzelne Nutzer oder mit dem Coronavirus infizierte Menschen möglich. Das individuelle Tracking von einzelnen Mobilfunknutzern sei ausgeschlossen. Es handle sich um bundesweite Daten, die auf Bundesländer und auf Kreise oder Gemeinden heruntergerechnet werden könnten.
Wissenschaftler können laut Telekom mit den Daten Bewegungsströme abbilden. Dies könne dem RKI dazu dienen, statistische Vorhersagen zur Ausbreitung des Virus zu treffen. Die Telekom übergab nach eigenen Angaben am Dienstagabend eine Datenpaket im Umfang von fünf Gigabyte. Eine weitere Datenlieferung soll es in der kommenden Woche geben.
Das Bundesgesundheitsministerium begrüsste die Übergabe der Daten. Es solle geprüft werden, ob die Massnahmen greifen, sagte ein Ministeriumssprecher. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz mahnte die Einhaltung des Datenschutzes an. «Werden die Grundprinzipien des Datenschutzes beachtet, gesetzliche Vorgaben eingehalten und die zuständigen Aufsichtsbehörden frühzeitig einbezogen, können auch auf diesem Wege datenschutzkonform wichtige Hinweise auf Ansteckungswege und Risiken gewonnen werden», sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Auch in anderen Ländern wird auf Daten im Kampf gegen das Coronavirus gesetzt. So sind laut US-Medienberichten die Internetriesen Facebook und Google im Gespräch mit der US-Regierung über die Verwendung persönlicher Nutzerdaten. Eine Massnahme sei beispielsweise das Sammeln der Standortdaten der Smartphones von US-Bürgern und deren anonyme Verwendung, um die Ausbreitung des Virus festzustellen und dringende medizinische Notwendigkeiten vorhersagen zu können, berichtete die «Washington Post». Google-Sprecher Johnny Luu bestätigte der Zeitung, es würden «Wege geprüft, wie gesammelte, anonymisierte Standortdaten im Kampf gegen Covid-19 helfen können».