Begleitet von Betrugsvorwürfen der Opposition und dem Wahlboykott mehrerer Parteien haben die Bürger in Aserbaidschan am Sonntag ein neues Parlament gewählt.
Soldat bei der Stimmabgabe in der Hauptstadt Baku
Soldat bei der Stimmabgabe in der Hauptstadt Baku - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Opposition erhebt Manipulationsvorwürfe.
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Die Partei des seit 2003 mit harter Hand regierenden Präsidenten Ilham Alijew holte bei der vorgezogenen Wahl laut Prognosen die absolute Mehrheit. Die Opposition beklagte jedoch, dass die Wahl sei manipuliert worden sei.

Um die 125 Sitze im Einkammerparlament hatten sich 1300 Kandidaten von 19 Parteien beworben. Es war damit gerechnet worden, dass Alijews Partei Neues Aserbaidschan erneut stärkste Kraft wird. Nachwahlbefragungen zufolge gewann die Partei 69 Mandate und sicherte sich so die absolute Mehrheit im Parlament.

Ursprünglich war die Parlamentswahl für November vorgesehen, doch Anfang Dezember votierte das Parlament überraschend für seine Selbstauflösung, und Alijew setzte um acht Monate vorgezogene Neuwahlen an. Zuvor waren der Ministerpräsident ersetzt und mehrere Vertreter von Regierung und Präsidialadministration entlassen worden.

Kritiker und Experten vermuten, Alijew gehe es in erster Linie um seinen Machterhalt: Angesichts einer wachsenden Unzufriedenheit über den wirtschaftlichen Abschwung in der einstigen Sowjetrepublik wolle er das Image der Regierung verbessern, indem er Vertreter der alten korrupten Elite durch jüngere, ihm loyal ergebene Technokraten ersetze, sagte der Experte Anar Mamedli.

Alijews Partei Neues Aserbaidschan hatte «freie, faire und demokratische Wahlen» versprochen. Doch die Opposition beklagte massive Einschränkungen ihres Wahlkampfs und sprach von einer Farce. «Die Wahl wurde komplett gefälscht»,. sagte Oppositionsführer Arif Gadschily von der Partei Musawat. Auch sein Parteikollege Gulaga Aslanli berichtete der Nachrichtenagentur AFP von zahlreichen Betrugsversuchen wie undurchsichtigen Urnen, Wählerlisten mit den Namen von bereits Verstorbenen sowie Einschüchterungen von Wahlbeobachtern.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) entsandte 350 Wahlbeobachter. Doch seit Ilham Alijews Amtsantritt nach dem Tod seines Vaters, des ehemaligen KGB-Generals Hejdar Alijew, hat die OSZE-Mission noch keine einzige Wahl in Aserbaidschan als frei und demokratisch anerkannt.

Unter dem inzwischen 58-jährigen Alijew war Baku immer wieder scharfer internationaler Kritik wegen der Unterdrückung unabhängiger Medien und der Verfolgung politischer Gegner ausgesetzt. Viele der neun Millionen Aserbaidschaner aber hielten ihrem autoritär regierenden Staatschef lange Zeit zugute, das Land mit Hilfe seines Ölreichtums in einen modernen unabhängigen Staat verwandelt zu haben.

Doch sinkende Öleinnahmen lösten 2015 eine Finanz- und Wirtschaftskrise aus, die Landeswährung verlor die Hälfte ihres Werts, die Inflation lag im zweistelligen Bereich, und das Land rutschte in die Rezession. Inzwischen hat sich die Lage wieder stabilisiert, doch bleibt das Wachstum weiterhin bescheiden.

Alijew aber will laut Opposition nicht nur sich an der Macht halten, sondern seine Familie: Seine Frau Mehriban ernannte er im Februar 2017 zur Ersten Vize-Präsidentin, ihr gemeinsamer Sohn Heijdar wird jetzt schon als Alijews Nachfolger gehandelt.

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