Mutmassliche Chefin von verbotener Reichsbürgergruppe in Lüneburg vor Gericht

Das Wichtigste in Kürze
- 61-Jährige soll antisemitische Vereinigung illegal weiterbetrieben haben.
Die Anklage wirft der 61-jährigen Heike W. vor, die illegale Vereinigung mit der Bezeichnung Geeinte deutsche Völker und Stämme trotz eines Vereinsverbots weiterbetrieben zu haben. Zudem werden ihr unter anderem Volksverhetzungen sowie Missbrauch von Berufsbezeichnungen zur Last gelegt.
Die Gruppe wurde im März 2020 vom damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verboten. Nach damaligen Angaben leugnen die Mitglieder der bundesweit aktiven Vereinigung die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und streben den Aufbau eines eigenen pseudostaatlichen Systems an, wobei sie zugleich rassistische und antisemitische Propaganda verbreiten und «massive Drohungen» gegen Amtsträger und deren Familien aussprechen. Bei Razzien im Zuge des Verbots wurden unter anderem Schusswaffen beschlagnahmt.
Laut Anklage soll H. weiter den «organisatorischen Zusammenhalt» der Gruppe gefördert und damit gegen das Vereinsverbot verstossen haben. Zudem soll sie sich in deren Sinne in sozialen Medien und Veranstaltungen propagandistisch betätigt haben. Unter anderem soll sie auch eine «Anordnung» verfasst haben, wonach «Nichtbeheimatete» Deutschland zu verlassen hätten. In der Ideologie ihrer Gruppe sind das vor allem Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens.
Nach Angaben einer Gerichtssprecherin räumte die Angeklagte die Vorwürfe in einer von einem Pflichtverteidiger verlesenen Einlassung zum Prozessauftakt objektiv ein. Zugleich betonte sie, rechtmässig zu handeln. Danach äusserte sie sich demnach persönlich, wobei sie typische verschwörungsideologische Behauptungen über eine angebliche Nichtexistenz der Bundesrepublik vortrug.
Für den Staatsschutzprozess in der niedersächsischen Stadt sind zunächst noch drei weitere Termine bis zum 22. Dezember geplant. Die Angeklagte befindet sich in Untersuchungshaft. Laut Anklage wirkte sie zuletzt von Hannover aus. Medienberichten zufolge war sie früher insbesondere in Berlin aktiv, wo sich die Führungsriege der Geeinten deutschen Völker und Stämme konzentriert haben soll. Demnach ermittelte auch dort die Staatsanwaltsschaft gegen sie.
Angeklagt ist H. unter anderem auch wegen der missbräuchlichen Verwendung von Berufsbezeichnungen, weil sie eine fiktive angebliche Anwaltskanzlei betrieben haben soll. Über diese soll sie Anhängerinnen und Anhängern ihrer Gruppierung gegen Bezahlung reichsbürgerszenetypische Leistungen wie eine «Akkreditierung» für Berufe wie Anwalt, Hebamme und Arzt angeboten haben.