Michel hält an abgeschwächtem Rechtsstaatsmechanismus im EU-Haushalt fest

Das Wichtigste in Kürze
- Hohe Hürden für Mittelkürzungen wegen Verfehlungen.
Die Entscheidung, bei Mängeln des Rechtsstaats die Zahlung von EU-Mitteln an den jeweiligen Mitgliedstaat einzuschränken, sollte vom Rat der Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden können, schlug Michel am Freitag vor. Diese gilt allerdings als sehr hohe Hürde.
Das Thema der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien beschäftigt die EU seit Jahren. Gegen Polen und Ungarn laufen wegen Verstössen Strafverfahren. Die EU-Kommission hatte deshalb vorgeschlagen, die Auszahlung europäischer Haushaltsmittel an das Einhalten rechtsstaatlicher Prinzipien zu binden.
Nach Ansicht der Kommission sollte die Hürde für Kürzungen niedriger liegen, eine qualifizierte Mehrheit im Rat der Mitgliedstaaten sollte demnach nötig sein, um Kürzungen zu verhindern. Bei Michel ist es nun umgekehrt: Die Mitgliedstaaten müssen mit qualifizierter Mehrheit zustimmen, um für Kürzungen grünes Licht zu geben.
Für den Beschluss des Sieben-Jahres-Haushalts der EU bedarf es der Einstimmigkeit aller Staats- und Regierungschefs. Länder wie Polen oder Ungarn haben damit eine Veto-Möglichkeit: Sie könnten bei einem Streit um die Rechtsstaatlichkeit die ohnehin schon stark verzögerten Verhandlungen über den Haushalt und den damit eng verknüpften Wiederaufbaufonds zur Corona-Krise blockieren.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vergangene Woche vor einem Scheitern der Haushaltsverhandlungen gewarnt und angedeutet, die Frage der Rechtsstaatlichkeit nicht prioritär behandeln zu wollen. Die EU-Kommission und das Parlament, das ebenfalls ein hartes Vorgehen gegen Rechtsstaatlichkeitssünder fordert, beharrten daraufhin auf ihrer Position.