Der Leiter der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial in Tschetschenien, Ojub Titijew, ist unter Auflagen freigekommen.
Titijew vor seiner Verurteilung im März
Titijew vor seiner Verurteilung im März - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • 61-Jähriger wurde im März wegen Drogenbesitzes verurteilt.
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Wie der Memorial-Vertreter Oleg Orlow der Nachrichtenagentur AFP sagte, konnte der 61-jährige Menschenrechtsaktivist am Freitag das Gefängnis in Argun verlassen. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, und der französische Botschafter für Menschenrechte, François Croquette, zeigten sich in einer gemeinsamen Erklärung erleichtert und äusserten die Erwartung, dass Titijew seine «wichtige Arbeit» in Tschetschenien fortsetzen könne.

Titijew sagte laut Orlow, es gehe ihm gut und er wolle seine Arbeit für Memorial fortsetzen, solange seine Gesundheit dies zulasse. Orlow äusserte allerdings Zweifel daran, dass Titijew weiterhin in Tschetschenien aktiv sein könne. «Ich glaube, das wird kaum möglich sein», sagte Orlow. Titijew solle aber «definitiv» weiter bei Memorial arbeiten, die Organisation werde ihre Arbeit in der Kaukasusrepublik «auf andere Weise» fortsetzen.

Titijew war im März unter dem Vorwurf des Drogenbesitzes zu vier Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Die vorzeitige Freilassung war am Pfingstmontag gerichtlich angeordnet worden.

«Wir sind erleichtert und froh, dass Ojub Titijew heute vorzeitig aus dem Straflager entlassen wurde und in Freiheit ist», erklärten Kofler und Croquette. «Nun muss es auch möglich sein, seine wichtige Arbeit für Memorial in Tschetschenien fortzusetzen, die den Menschen dort und ihren Rechten dient.»

Memorial und mehrere Menschenrechtsorganisationen hatten den gegen Titijew erhobenen Vorwurf des Drogenbesitzes zurückgewiesen und seine Verurteilung als ungerecht bezeichnet. Laut Memorial geriet Titijew ins Visier der Behörden, weil er Hinweisen auf tschetschenische Geheimgefängnisse nachging.

Memorial ist die wichtigste russische Menschenrechtsorganisation. Sie wirft dem tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow vor, ein «totalitäres» Regime errichtet zu haben. Kadyrow kommentierte bei Instagram die Entscheidung zur Aufhebung der Lagerhaft Titijews unter Auflagen: «Ich bin immer dafür, dass Bestrafung dem Zweck dienen soll, den Betroffenen zu erziehen und zu bessern», erklärte er. Amnesty International forderte, die Verurteilung Titijews müsse vollständig aufgehoben und «Wiedergutmachung» gewährleistet werden.

Titijew ist der Nachfolger der 2009 in Grosny ermordeten Leiterin von Memorial in der russischen Nordkaukasusrepublik, Natalia Estemirowa. Im Januar 2018 wurde er festgenommen, nachdem Polizisten angaben, bei einer Kontrolle in seinem Auto Marihuana gefunden zu haben. Titijew warf der Polizei vor, ihm eine Falle gestellt und die Drogen in sein Auto gelegt zu haben.

Titijew wurde im Oktober 2018 vom Europarat mit dem Václav-Havel-Menschenrechtspreis ausgezeichnet. Im Dezember 2018 erhielt er den deutsch-französischen Preis für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit.

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