Koalition will Corona-Beschränkungen nicht mehr nur an den Inzidenzwert koppeln

Das Wichtigste in Kürze
- Union und SPD einigen sich auf Änderungen im Infektionsschutzgesetz.
Wenn es künftig darum gehe, Schutzmassnahmen aufzuheben oder einzuschränken, sollten weitere Faktoren berücksichtigt werden - nämlich die Zahl der gegen Covid-19 geimpften Menschen sowie der so genannte R-Wert, der angibt, wie viele andere Menschen ein Infizierter im Schnitt ansteckt: Dies geht aus einem Gesetzentwurf von Union und SPD hervor, der AFP am Dienstag vorlag.
Das Infektionsschutzgesetz soll der Vorlage zufolge entsprechend der Einigung von Union und SPD geändert werden. In der Praxis könnte die Änderung bedeuten, dass Lockdown-Öffnungen früher erfolgen können, als wenn lediglich der Inzidenzwert der alleinige Massstab für die Lockerungsentscheidung ist.
In die Neufassung des Gesetzes soll zudem die von der ständigen Impfkommission vorgeschlagene Priorisierung der Corona-Impfungen aufgenommen werden. In das Gesetz würde dadurch ein Absatz eingefügt, der die Bedingungen benennt, unter denen Bürgerinnen und Bürger prioritär geimpft werden - etwa «Personen mit einem besonders hohen Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf».
Die Änderung ist an das «Gesetz zur Fortgeltung der epidemischen Lage» gekoppelt. Es soll am Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden und am 1. April in Kraft treten.
«Gerichte haben zuletzt entschieden, dass es bei der Verhängung der Schutzmassnahmen nicht ausreicht, allein auf den Inzidenzwert zu schauen», sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der «Welt» zur Begründung der Gesetzesänderung. «Auch andere Faktoren wie Impfquote oder R-Wert sollten bei einschneidenden Schutzmassnahmen in Betracht gezogen werden.»
Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) sagte der «Welt»: «Der Inzidenzwert bleibt der markanteste und wichtigste Frühindikator für die Feststellung der Infektionsgefahr.» Mit den Änderungen entwickle die Koalition das Infektionsschutzgesetz nun allerdings der neuen Lage entsprechend fort.
«Wenn über 80-Jährige zunehmend geimpft werden, sinkt die Zahl derer, die das Gesundheitssystem wegen schwerer Verläufe in Anspruch nehmen», sagte Frei. «Das muss künftig bei der Festlegung von Schutzmassnahmen berücksichtigt werden. Wir stellen ausserdem klar, dass die höhere Infektiosität von Virusvarianten in den Blick genommen wird.»