Die Kurse der US-Staatsanleihen zeigten es: Die Welt traut den USA nicht mehr. Das kann für Donald Trump zur Hypothek werden.
Donald Trump 90 Tage
Das Polizeifoto von Donald Trumo, als er sich am 24. August 2023 beim Fulton-County-Gefängnis in Atlanta stellte. - keystone / Fulton County Sheriff's Office

Das Wichtigste in Kürze

  • US-Präsident Donald Trump hat die Strafzölle für 90 Tage ausgesetzt.
  • Dann wird neu entschieden – doch kann er noch glaubwürdig drohen?
  • Der Kurs der US-Staatsanleihen geriet ins Wanken. Der Ruf der USA ist ramponiert.
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Gemäss offizieller Darstellung läuft in den USA alles nach Plan. Dass die exorbitanten Strafzölle für 90 Tage ausgesetzt wurden, haben wir der Grosszügigkeit von Donald Trump zu verdanken. «Leute begannen, aus der Reihe zu tanzen, wurden hibbelig», so der US-Präsident. Das, und dann waren da noch all die Staatsoberhäupter, die ihn anriefen und ihm «den Ar*** küssten».

Staatsanleihen: Wichtiger als der Unmut der Bevölkerung

Oder ist das alles nur Fassade? Zahlreiche Ökonomen, selbst vom Trump-treuen Sender Fox News, sehen ein anderes Szenario als den wahren Grund für das plötzliche Umschwenken.

Nämlich den Vertrauensverlust in die Wirtschaftsmacht USA. Ein solcher begann sich anhand der Kurse der US-Staatsanleihen abzuzeichnen, den sogenannten Bonds.

Hibbelig wäre demnach primär die Trump-Regierung selbst geworden. Auch die Reiseveranstalter, die Börsen und weite Teile der US-Bevölkerung verloren das Vertrauen in das angebliche Wirtschafts-Genie Donald Trump.

Donald Trump Zölle
US-Präsident Donald Trump spricht kurz mit den Medien nach einem überraschenden Auftritt auf dem North Lawn in Washington, D.C., am 23. April 2025. Er prüfe gerade, wo ein Fahnenmast aufgestellt werden soll. Der Präsident sprach auch über Zölle und seine bevorstehende Reise nach Rom zur Papstbestattung. - keystone

Doch dies, plus allenfalls noch mehr verlorene Jobs, könne der Präsident leichter verschmerzen als fallende Bond-Kurse, sagt USA-Experte Thomas Greven: «Weil sich dadurch die Kosten für die Neuverschuldung erhöhen und die geplanten Steuersenkungen in Gefahr geraten. Ganz abgesehen von den möglicherweise desaströsen Folgen für die Weltwirtschaft

USA droht das Geld auszugehen

Neuverschuldung ist quasi ein Hobby der USA: Regelmässig muss die Schuldenobergrenze erhöht werden, weil sonst der Staat zahlungsunfähig wäre und den Laden dichtmachen müsste. Mittlerweile sind die Schulden auf 36,5 Billionen US-Dollar angestiegen.

Hast du Vertrauen in die neue Regierung von Donald Trump?

Die grössten Gläubiger der USA sind Japan und China – und Japan soll laut überlegt haben, seine US-Staatsanleihen abzustossen. Wer will schon Anleihen von einem Staat, bei dem man nie genau weiss, was als Nächstes kommt? Ein solcher Schritt aber hätte einen Domino-Effekt ausgelöst und die USA hätten ihr Neuverschuldungs-Hobby an den Nagel hängen müssen.

Donald Trump: Zweifel wegen «erratischem Verhalten»

Aus vergleichbaren, wenn auch weit weniger dramatischen, Krisen seien die USA bisher immer wieder als «sicherer Hafen» wiederauferstanden, sagt Greven. Doch bekommen die Vereinigten Staaten dieses Kunststück auch dieses Mal hin? Das Vertrauen der Gläubiger wie Japan, China oder auch UK zu verspielen ist leicht. Es wieder aufzubauen, dürfte ungleich viel mühsamer sein und bedeutend länger dauern.

Thomas Greven
Thomas Greven ist USA-Experte an der Freien Universität Berlin. Gegenüber Nau.ch äussert er sich zur Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. - Freie Universität Berlin

Ob sich die USA weiterhin als führende Wirtschaftsmacht gebärden kann, ist für USA-Experte Thomas Greven keineswegs sicher. «Das erratische Verhalten Trumps, das nur notdürftig durch Verweise auf eine angebliche ‹genialische› Strategie kaschiert wird, lässt daran zweifeln.» Es hänge wohl auch davon ab, was nach der 90-Tage-Frist geschehe.

Kein Vertrauen – keine Argumente nach 90-Tage-Frist?

Wenn Donald Trump aber buchstäblich den Kredit der USA verspielt: Kann er dann überhaupt noch glaubwürdig mit höheren Zöllen drohen? «Ich fürchte ja», meint Thomas Greven. «Es wird immer eine problematische Abwägung für die Handelspartner der USA sein, die gleichzeitig grosse Gläubiger sind.»

Xi Jinping
Dre chinesische Präsident Xi Jinping winkt während seines Besuchs in Hanoi (Vietnam), am 14. April 2025. - keystone

Vermutlich würden die allermeisten Regierungen doch versuchen, mit Trump zu verhandeln, so der Experte. Eine Ausnahme könnte aber China sein, weil hier nicht nur wirtschaftliche Fragen, sondern auch die geopolitische Konkurrenz eine Rolle spielen. Das Reich der Mitte sei diesbezüglich die grosse Unbekannte, so Greven.

Trumps Hosenlupf mit Xi Jinping

Chinas Präsident Xi Jinping kann nämlich einen weiteren Faktor ins Feld führen, erklärt Greven: die grössere Leidensfähigkeit der chinesischen Bevölkerung.

Möglicherweise übernehme sich Trump deshalb beim Hosenlupf mit Xi. Dazu komme, dass die Bevölkerung auch geringere Möglichkeiten habe, ihrem Unmut politisch eine Stimme zu verleihen. «Wiewohl das auch in den USA eingeschränkt ist, angesichts der autokratischen Tendenzen dort», merkt Greven an.

Donald Trump Xi Jinping
US-Präsident Donald Trump (links) schüttelt die Hand von Chinas Präsident Xi Jinping während einem Treffen am Rande des G-20-Gipfels in Osaka (JPN), am 29. Juni 2019. - keystone

Einen kleineren – aber immerhin – Hebel gegen die Druckversuche der USA hat indes auch die Schweiz vorzuweisen. Je nach Quelle sind wir der sechst- oder siebtgrösste Gläubiger: Donald Trump steht bei uns mit Staatsanleihen im Wert von rund 300 Milliarden US-Dollar in der Kreide. Nur mit autokratischen Tendenzen ist hierzulande Fehlanzeige.

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