Nach einer Reihe von Zugeständnissen an die «sparsamen» Länder und sehr heftigen Diskussionen scheint eine Einigung zum Corona-Hilfsfonds am vierten Tag des EU-Gipfels zumindest in Reichweite.
Treffen der «sparsamen» EU-Länder
Treffen der «sparsamen» EU-Länder - POOL/AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Merkel und Macron hoffen trotz weiter harter Verhandlungen auf Kompromiss.
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Es gebe einen «Rahmen für eine mögliche Einigung», sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Brüssel. Es werde aber «nicht einfach werden». Die Staats- und Regierungschefs verhandeln seit Freitag über den 750 Milliarden Euro schweren Aufbaufonds - bislang ohne Durchbruch.

Merkel sprach am vierten Gipfel-Tag von «unglaublich harten Verhandlungen». Es sei aber gelungen, «hier doch einen beträchtlichen Teil an Zuschüssen zu vereinbaren», sagte sie, ohne Zahlen zu nennen. Der Widerstand von Österreich, Schweden, Dänemark, Finnland und den Niederlanden gegen die Vergabe der Corona-Hilfen als nicht rückzahlbare Zuschüsse galt bislang als Knackpunkt in den Verhandlungen.

Die Regierungschefs Österreichs und der Niederlande, Sebastian Kurz und Mark Rutte, hatten sich zuvor zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Verhandlungen gezeigt. Kurz hob hervor, dass der Anteil der Zuschüsse in dem geplanten Fonds deutlich gesenkt wurde. Auch dass die Rabatte, die Österreich auf seine Beiträge in den Gemeinschaftshaushalt erhält, «sehr stark» gestiegen seien, begrüsste der Kanzler.

Nach dem ursprünglichen Vorschlag sollten 500 der 750 Milliarden Euro als Zuschüsse fliessen. Darum wurde seit Samstag knallhart gefeilscht. EU-Ratspräsident Charles Michel senkte den Betrag zunächst auf 450 Milliarden Euro. Dann bot er 400 Milliarden Euro an. Die restlichen Mittel sollen als Kredite vergeben werden. Nach Informationen aus Verhandlungskreisen stehen nun 390 Milliarden Euro an Zuschüssen zur Debatte, die «Sparsamen» strebten demnach 350 Milliarden an.

«Noch ist nichts beschlossen, ich bleibe also extrem vorsichtig», sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. In den vergangenen nächtlichen Verhandlungen hatte er seinen Unmut über die Haltung der «sparsamen» Länder kundgetan. «Er hat auf den Tisch gehauen und gewarnt, dass eine derartige Haltung schlecht enden wird», sagte ein Mitglied der Delegation eines EU-Landes.

Der Niederländer Rutte tat die Kritik ab. «Mir ist das nicht so wichtig», sagte er im Anschluss an die Gespräche. Er lasse sich davon nicht «ablenken» und werde weiter die Interessen seiner Bürger vertreten. Kurz hob den insgesamt «sehr professionellen» Umgang aller miteinander hervor. «Dass da bei manchen, wenn sie vielleicht wenig schlafen, irgendwann die Nerven blank liegen, das ist nachvollziehbar.»

Neben dem Corona-Fonds war auch noch ein weiterer Streitpunkt offen: Ungarn und Polen wehren sich vehement gegen Pläne, die Auszahlung von EU-Haushaltsgeldern mit der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten zu verknüpfen. Beide Länder stehen wegen der Untergrabung von Werten wie der Pressefreiheit und Unabhängigkeit der Justiz seit Jahren in der EU am Pranger.

Der Gipfel ist bislang der längste seit einem legendären EU-Spitzentreffen in Nizza im Dezember 2000. EU-Parlamentspräsident David Sassoli kritisierte das Ausbleiben einer Einigung: «Wir sind besorgt über eine Zukunft, in der die europäische Solidarität und die Gemeinschaftsmethode verloren gehen», erklärte der Italiener.

Es seien «gewaltige Kraftanstrengungen nötig, um Europa gemeinsam wieder stark zu machen», erklärte Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD). Wichtig sei eine Antwort auf die Corona-Krise, «die schnell wirkt und niemanden in der Europäischen Union zurücklässt». Die Solidarität aller Staaten untereinander werde sich für alle auszahlen.

«Nach drei Tagen und drei Nächten Marathon-Verhandlungen kommen wir jetzt in die entscheidende Phase», sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie habe den Eindruck, dass die Staats- und Regierungschefs «wirklich eine Einigung wollen».

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