Chinas Nationaler Volkskongress hat ungeachtet internationaler Proteste die Einführung eines Sicherheitsgesetzes zu Hongkong gebilligt, mit dem nach Ansicht von Kritikern die Bürgerrechte in der Sonderverwaltungszone massiv beschnitten werden.
Das Gesetzesvorhaben führte in Hongkong zu Auseinandersetzungen
Das Gesetzesvorhaben führte in Hongkong zu Auseinandersetzungen - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Westliche Länder werfen Peking Verstoss gegen internationale Verpflichtungen vor.
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Die Delegierten stimmten am Donnerstag dem Vorhaben zu, mit dem «Separatismus» und «Aufruhr» in Hongkong offiziell verboten werden sollen. Die US-Regierung entzog der Finanzmetropole aus Protest gegen das Gesetz ihren Sonderstatus. Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) warnte vor einer Aushöhlung der Autonomie Hongkongs.

Peking reagiert mit dem Sicherheitsgesetz auf die monatelangen, mitunter gewalttätigen Proteste der Hongkonger Demokratiebewegung im vergangenen Jahr. Das Gesetz soll «Abspaltung», «Subversion», «Terrorismus» und die «Gefährdung der nationalen Sicherheit» unter Strafe stellen und den offenen Einsatz der festlandchinesischen Sicherheitsbehörden in Hongkong ermöglichen.

Die Details sollen im Juni vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses ausgearbeitet werden. Anschliessend soll das Gesetz unter Umgehung des Hongkonger Parlaments in Kraft gesetzt werden.

Hongkongs umstrittene Regierungschefin Carrie Lam begrüsste die Entscheidung des Kongresses. Wie in dem Gesetzesvorhaben gefordert, werde sie Peking regelmässig Bericht erstatten und «die Strafverfolgung sowie die Aufklärung der Öffentlichkeit verstärken, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten».

Die Demokratiebewegung sieht in den Gesetzesplänen «das Ende von Hongkong». «Sie berauben uns unserer Seelen, nehmen uns die Werte weg, denen wir immer gerecht geworden sind, Werte wie Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit», sagte die china-kritische Hongkonger Abgeordnete Claudia Mo der Nachrichtenagentur AFP.

Die Pekinger Pläne hatten in den vergangenen Tagen neue Proteste in Hongkong ausgelöst, bei denen es zu gewalttätigen Konfrontationen mit der Polizei kam. Der ehemaligen britischen Kronkolonie waren bei ihrer Übergabe an China 1997 unter dem Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» für 50 Jahre Sonderrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit gewährt worden.

Das Pekinger Gesetz bezieht sich auf Artikel 23 des Hongkonger Grundgesetzes, wonach die Sonderverwaltungszone durch Gesetze dafür zu sorgen hat, dass «Subversion» gegen die Regierung in Peking unterbunden wird. Eine solche Gesetzgebung wurde in Hongkong aber nie verabschiedet. Ein Anlauf dafür war 2003 im Parlament der Sonderverwaltungszone gestoppt worden, nachdem eine halbe Million Menschen dagegen auf die Strasse gegangen waren.

US-Aussenminister Mike Pompeo begründete den Entzug des Sonderstatus für Hongkong damit, dass China seinen bei der Übernahme der ehemaligen britischen Kronkolonie eingegangenen Verpflichtungen nicht nachkomme. Angesichts der Lage könne «keine vernünftige Person heutzutage noch behaupten, dass Hongkong ein hohes Mass von Autonomie gegenüber China geniesst», erklärte Pompeo am Mittwoch.

Grossbritannien, Kanada und Australien schlossen sich am Donnerstag dieser Position an. «Das vorgeschlagene Gesetz würde den Grundsatz 'Ein Land, zwei Systeme' untergraben», hiess es in einer gemeinsamen Erklärung mit den USA.

Gemäss einem im vergangenen Jahr vom US-Kongress verabschiedeten Gesetz muss die US-Regierung Hongkong alljährlich bescheinigen, dass das Sonderverwaltungsgebiet weiterhin von China autonom ist. Der Entzug des Sonderstatus bedeutet, dass Hongkong Privilegien in den Wirtschaftsbeziehungen zu den USA verlieren könnte, darunter niedrigere Zollabgaben als Festlandchina. Welche konkreten Schritte die US-Regierung ergreifen wird, wird nach Angaben des US-Aussenministeriums Präsident Donald Trump entscheiden.

Peking attackierte die US-Erklärung zum Entzug des Sonderstatus scharf. Dieser Schritt sei «höchst barbarisch, höchst unvernünftig und höchst schamlos», erklärte das chinesische Aussenministerium.

Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) rief Peking auf, die Sonderstellung Hongkongs zu wahren. «Wir sind uns in der EU einig: Das hohe Mass an Autonomie Hongkongs darf nicht ausgehöhlt werden», erklärte Maas am Donnerstag. Die Bürger Hongkongs hätten Freiheiten und Rechte, die ihnen durch das Gesetz der Sonderverwaltungszone und den Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» gewährt würden, betonte Maas. «Wir erwarten, dass diese rechtsstaatlichen Prinzipien eingehalten werden.»

Die USA beantragten zudem eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zu dem Sicherheitsgesetz. China habe eine solche Sitzung aber verweigert, hiess es aus Diplomatenkreisen am UN-Hauptquartier in New York.

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