Der seit 1991 existierende Solidaritätszuschlag wird 30 Jahre nach seiner Einführung für die meisten Bürger Geschichte sein: Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch den Gesetzentwurf, der ab 2021 gut 90 Prozent der Steuerzahler von der Ergänzungsabgabe befreit.
Olaf Scholz
Olaf Scholz - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Debatte über vollständiges Aus der Abgabe geht weiter.
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Für weitere 6,5 wird der Zuschlag abgeschmolzen. Die Debatte über die völlige Soli-Abschaffung geht jedoch weiter.

Die vom Kabinett beschlossene Neuregelung hat zur Folge, dass eine Familie mit zwei Kindern bis zu einem Bruttojahreslohn von 151.990 Euro ab 2021 keinen Solidaritätszuschlag mehr entrichtet. Bei Alleinstehenden gelten 73.874 Euro als Grenze. Wer bis zu 109.451 Euro brutto verdient, muss den reduzierten Soli zahlen - wobei sich mit steigendem Einkommen die Entlastung verringert.

«Die Kosten der Wiedervereinigung sind in weiten Teilen gestemmt», erklärte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). «Daher können wir heute das Verfahren beginnen, ab 2021 den Soli für den überwiegenden Teil der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abzuschaffen.»

Die Union strebt eigentlich eine hundertprozentige Abschaffung des Soli an, hat diese Forderung aber nicht im Koalitionsvertrag mit der SPD durchsetzen können. Den Gesetzentwurf von Scholz trug sie als ersten Schritt nun mit.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte bei «Focus Online», der Soli müsse in einem zweiten Schritt vollständig abgebaut werden. Das sei eine Frage der Fairness und der Glaubwürdigkeit. «Wenn eine Aufgabe wegfällt, wie der Aufbau Ost, dann muss auch die Abgabe wegfallen.» Im Übrigen blieben verfassungsrechtliche Zweifel, ob ein nur teilweiser Abbau mit dem Grundgesetz vereinbar sei.

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte das Verhalten der Union. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) habe vor einer «verfassungswidrigen Fortsetzung der Erhebung des Solidaritätszuschlags» gewarnt. «Im Kabinett stimmen CDU und CSU dem jetzt genau zu.» Lindner verwies darauf, dass die FDP im kommenden Jahr gegen die Teilabschaffung des Soli klagen wolle. «Denn es kann nicht sein, dass eine Sondersteuer verfassungswidrig weiter erhoben wird.»

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) plädierte dafür, es nicht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts ankommen zu lassen. «Ich bin überzeugt, dass der Soli mittelfristig nicht haltbar ist», sagte er der «Wirtschaftswoche». «Es wäre deutlich besser, wenn die Politik selbst eine Lösung vorlegt. Daran werden wir weiter arbeiten.»

Scholz verteidigte den von ihm eingeschlagenen Weg einer teilweisen Abschaffung. «Die wenigen auch nach Auslaufen des Solidarpaktes zum Jahresende verbleibenden Kosten werden zukünftig von denen geschultert, die mehr haben als andere», erklärte er. Das sei fair und werde auch einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten.

Über weitere Schritte solle erst in der nächsten Legislaturperiode entschieden werden, sagte Scholz im ARD-«Morgenmagazin». Allerdings deutete er an, dass auch bei einer vollständigen Abschaffung des Soli «diejenigen, die sehr viel verdienen, das dann über die Einkommensteuer weiterzahlen» könnten.

Als unzureichend kritisierte der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) den Kabinettsbeschluss. «Die nur teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlages ist ein leistungsfeindliches Signal an alle erfolgreich wirtschaftenden Handwerksbetriebe», erklärte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer.

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