Nach monatelangem Ringen hat die Bundesregierung den Kohleausstieg auf den Weg gebracht.
Braunkohlekraftwerk Jänschwalde
Braunkohlekraftwerk Jänschwalde - dpa/dpa/picture-alliance/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Umweltverbände kritisieren Zeitplan und drohen mit neuen Protesten.
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Der am Mittwoch vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht zugunsten des Klimaschutzes die Beendigung der Kohleverstromung bis spätestens Ende 2038 vor. Ab 2026 soll geprüft werden, ob der Ausstieg bereits bis Ende 2035 möglich ist. Umweltschützer kritisierten die Regierungspläne als unzureichend und drohten mit neuen Protestaktionen.

Mit dem Kabinettsbeschluss wurden auch erstmals konkrete Beträge für Ausgleichszahlungen an Betreiber von Steinkohlekraftwerken genannt. Der Höchstpreis für das geplante Ausschreibungsverfahren soll demnach für 2020 165.000 Euro pro Megawatt Nettonennleistung betragen, die vom Netz geht. Bis 2026 soll der Höchstpreis auf 49.000 Euro sinken. Auch Braunkohlebetreiber erhalten für die vorzeitigen Abschaltungen milliardenschwere Ausgleichszahlungen.

Für die Steinkohle können zunächst im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens Betreiber Preisgebote für vorzeitige Stilllegungen abgeben. Ab 2027 erfolgen weitere Abschaltungen auf Anweisung der Bundesnetzagentur, ebenso ab 2024, sofern Ausschreibungen unterzeichnet werden.

Für die Braunkohle enthält das Gesetz einen festen Abschaltplan, der Schwerpunkte der Abschaltungen in den Jahren 2028/29 und 2038 vorsieht. Nach 2030 soll es generell keine Entschädigungen für die Abschaltung von Kraftwerken mehr geben.

«Mit dem vorliegenden Gesetzespaket werden wir die Kohleverstromung in Deutschland rechtssicher, wirtschaftlich vernünftig und sozial ausgewogen beenden», erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zu dem Kabinettsbeschluss. Damit werde auch der Weg frei für eine Stromversorgung auf Basis «von hocheffizienten Gaskraftwerken, die den Übergang in eine treibhausgasneutrale Energieversorgung ermöglichen».

Von einem «bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz» sprach Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Schritt für Schritt würden nun «rund ein Viertel der gesamten deutschen CO2-Emissionen eingespart». «Jetzt muss der nächste Schritt folgen, nämlich der beherzte weitere Ausbau von Wind- und Sonnenenergie», forderte Schulze aber weiter.

Umweltschützer reagierten mit Protest. Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace, des Netzwerks Campact und weiterer Organisationen demonstrierten während der Kabinettssitzung vor dem Kanzleramt, Greenpeace unter anderem mit der Nachbildung eines Schaufelbaggers. Kritik an den Regierungsplänen äusserte auch die Bewegung Fridays for Future. Die Organisation Ende Gelände kündigte neue Massenproteste gegen die Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerks Datteln IV sowie im rheinischen Braunkohlerevier gegen das Abbaggern weiterer Dörfer an.

Scharfe Kritik kam auch von Grünen und Linkspartei. «Die Abschaltung vieler Braunkohlemeiler kommt zu spät», sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Nachrichtenagentur AFP. Generell biete die Regierung «wenig Klimaschutz für viel Geld». Mit ihrem Abweichen von den Empfehlungen der Kohlekommission habe sie zudem «die Chance verpasst, die gesellschaftlich breit getragene Empfehlung der Kohlekommission umzusetzen». Obendrein bestehe die Gefahr, dass Union und SPD mit den von ihnen geplanten pauschalen Abstandsregelungen für Windenergieanlagen «deren Ausbau weiter abwürgen».

«Das Kohleausstiegsgesetz ist nicht der dringend nötige Klima-Turbo, sondern ein teures Schneckenrennen», sagte auch der Linken-Klima- und Energieexperte Lorenz Gösta Beutin zu AFP. Er forderte Nachbesserungen im Bundestag. «Für die Konzerne hat es sich gelohnt», kommentierte DIW-Expertin Claudia Kemfert im SWR.

Wirtschaftsverbände mahnten dagegen zusätzliche Vorkehrungen gegen steigende Strompreise sowie für die Versorgungssicherheit an.

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