Die SPD sieht Überlegungen kritisch, die Bundestagswahl im kommenden Jahr bei anhaltender Corona-Pandemie als reine Briefwahl abzuhalten.
Sitzung des Bundestags
Sitzung des Bundestags - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Neue Verfahren für Urnengang und Kandidatenaufstellung im Gespräch.
Ad

«Die Möglichkeit von Briefwahl war als Ausnahme gedacht, wird allerdings ohnehin schon sehr viel genutzt», sagte die SPD-Innenexpertin Ute Vogt am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Dies sei nicht unbedenklich. Zuvor hatte die «Rheinische Post» berichtet, in der Koalition werde über eine mögliche reine Briefwahl nachgedacht.

«Wahlen sind ein wichtiger demokratischer Akt», sagte Vogt. Vielfache Briefwahl sei aber «mit Blick auf das Wahlgeheimnis und auf die de-facto Vorverlegung eines Wahltermins verfassungsrechtlich nicht unbedenklich». Die SPD sei der Meinung, «dass Wahlen auch und gerade in Krisensituationen in Wahllokalen möglich bleiben sollten». Dabei sollten Abstandsregelungen und eine Begrenzung der Personenzahl eingehalten werden. «Aber natürlich beraten wir derzeit alle Möglichkeiten, die die Durchführung von Nominierungen und Wahlen auch in Ausnahmesituationen möglich macht», fügte Vogt hinzu.

Zuvor hatte der CDU-Rechtsexperte Ansgar Heveling der «Rheinischen Post» gesagt: «Es ist sinnvoll, für Notfälle die Möglichkeit zu schaffen, dass Kandidatenaufstellungen und die eigentliche Bundestagswahl auch anders durchgeführt werden können als durch Präsenz-Veranstaltungen.»

Eine Novelle des Wahlrechts solle es ermöglichen, über die Zusammensetzung des nächsten Bundestags allein per Briefwahl zu entscheiden, schrieb die Zeitung. Auf diese Weise solle die Wahl trotz möglicher neuer Ausbreitungswellen des Virus im Herbst nächsten Jahres stattfinden können, heisst es in dem Bericht. Auch für die Aufstellung der Kandidaten sollen demnach Möglichkeiten gefunden werden, für einen Schutz vor dem Virus zu sorgen.

Das Bundesinnenministerium hat nach eigenen Angaben angeregt, im Wahlrecht etwa die Möglichkeit zu schaffen, die Kandidatenaufstellung per Briefwahl abzuwickeln. Die Überlegungen dazu seien aber noch nicht abgeschlossen, sagte ein Sprecher in Berlin. Die Bundesregierung übt hier nur eine beratende Funktion aus, zuständig für das Wahlrecht ist der Bundestag.

Bei FDP und AfD sorgten die Überlegungen für Empörung. «Die Pläne von Union und SPD zu einer Veränderung des Wahlrechts wegen Corona sind ein schlechter Scherz», sagte der FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle zu AFP. «Seit Jahren ist klar, dass das Wahlrecht reformiert werden muss, um bei der nächsten Bundestagswahl eine weitere Aufblähung des Parlaments zu verhindern.»

Die GroKo «kehrt das Thema entweder unter den Teppich oder schlägt in der Öffentlichkeit Lösungen vor, die nicht mehrheitsfähig sind», kritisierte Kuhle. Bei der Anpassung an Corona - etwa durch eine Ausweitung der Briefwahl-Möglichkeiten - solle es nun aber ganz schnell gehen. «Dieses Manöver geht zulasten des Vertrauens in die demokratischen Institutionen.»

Die AfD kritisierte die Pläne als undemokratisch und verfassungswidrig. «Briefwahlen ermöglichen ein hohes Mass an Manipulation», erklärte Vize-Bundessprecher Stephan Brandner. «Bereits bei vergangenen Wahlen wichen die Ergebnisse der Briefwahl signifikant von denen der Präsenzwahl ab.»

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

SPDCDUHerbstBundestagAfDFDP