Sigmar Gabriel verlässt Bundestag auf Anfang November

Das Wichtigste in Kürze
- Sigmar Gabriel wird sein Bundestagsmandat Anfang November niederlegen.
- «Wenn man nicht mehr recht gebraucht wird, sollte man gehen», so der Ex-SPD-Chef.
Sigmar Gabriel wird sein Bundestagsmandat Anfang November abgeben. In einem Schreiben an «Weggefährten» begründete Gabriel dies unter anderem mit der zunehmenden Beanspruchung durch seine Lehraufträge an den Universitäten Bonn und Harvard sowie sein Amt als Vorsitzender der Atlantik-Brücke.
Doch ist er auch enttäuscht von seiner Partei: Er habe «zunehmend den Eindruck gewonnen, dass die SPD auf Bundesebene meiner Möglichkeiten und Fähigkeiten nicht mehr bedarf».

Gabriel nannte in dem Schreiben «sehr persönliche Gründe» für sein frühzeitiges Ausscheiden aus dem Bundestag. Der wichtigste sei sein Gefühl, «dass ich mit 60 Jahren jetzt noch einmal die Chance habe, etwas Neues anzufangen», schrieb er.
Er habe bereits «seit längerem» über seine weitere politische und berufliche Tätigkeit nachgedacht. Seine Lehraufträge sowie das Engagement für die Atlantik-Brücke beschäftigten ihn zunehmend. «Beides (...) parallel wahrzunehmen, halte ich nicht für vertretbar». Mit einem Video verabschiedete er sich.
Er gebe aber auch «freimütig» zu, dass die SPD ihn nach seinem Eindruck nicht mehr brauche, fügte der Niedersachse hinzu. «Und wenn man nicht mehr recht gebraucht wird, dann soll man besser gehen.»
Kritik aus den eigenen Reihen
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post bedauerte die Entscheidung Gabriels. «Mit Sigmar Gabriel verlässt ein guter Freund die Fraktion», sagte Post der «Rheinischen Post» (Samstagsausgabe). Oft werde beklagt, dass es keine Politiker mehr mit Ecken und Kanten gebe. «Sigmar Gabriel hat Ecken und Kanten und genau das macht ihn zum talentiertesten, besten Politiker, den wir in unseren Reihen haben», fügte Post hinzu.
Zugleich kritisierte der bayerische Politiker den Umgang mit Gabriel. Dieser sei nach der Bundestagswahl «unterirdisch» gewesen. Auch in der Fraktion sei der Ex-Parteichef bei vielen nicht mehr wohl gelitten gewesen, «die ihn dann auch geschnitten haben und ihn nicht mehr kennen wollten», fügte Post hinzu. Insofern könne er nachvollziehen, dass Gabriel jetzt gehe.

Gabriel sitzt seit 2005 im Bundestag. Von 2009 bis 2017 war er Vorsitzender der SPD. In seiner politischen Karriere war er zudem Umwelt-, Wirtschafts- und Aussenminister. Zuletzt hatte es wiederholt Kritik daran gegeben, dass der frühere SPD-Chef wegen seiner zahlreichen Nebentätigkeiten sein Abgeordnetenmandat nicht mehr in ausreichendem Umfang wahrnehme.
Nach der Bundestagswahl 2017 und der Bildung einer erneuten grossen Koalition im folgenden Jahr wurde er von der SPD-Spitze nicht mehr für das Aussenministerium nominiert. Vor allem sein Verhältnis zu Andrea Nahles, die im April 2018 den SPD-Vorsitz übernahm, galt als zerrüttet. Im Mai wurde dann bekannt, dass Gabriel bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr kandidieren will.