Die Nominierung der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen für das Amt der EU-Kommissionspräsidentin sorgt für Krisenstimmung in der grossen Koalition.
Ursula von der Leyen
Ursula von der Leyen - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Gabriel legt SPD Koalitionsbruch nahe - CDU-Chefin kritisiert SPD.
Ad

Die Europa-Spitzenkandidatin der SPD, Katarina Barley, will der Christdemokratin bei der Wahl im Europaparlament aus Protest gegen die Umstände der Nominierung die Stimme verweigern. Ex-Parteichef Sigmar Gabriel forderte die SPD am Mittwoch auf, die Personalie im Kabinett zu blockieren. Er legte ihr sogar einen Koalitionsbruch nahe.

Die Nominierung von der Leyens sei «nicht das Versprechen, das den Bürgerinnen und Bürgern vor der Wahl gegeben wurde», sagte Barley im ZDF-«Morgenmagazin». Sie werde der Personalie bei der Abstimmung im Europaparlament nicht zustimmen. Es gehe nicht um Vorbehalte gegen von der Leyen persönlich, sondern um die Umstände ihrer Nominierung im EU-Rat, bei der die Spitzenkandidaten der Europawahl nicht zum Zuge kamen.

Der frühere SPD-Chef Gabriel ging noch weiter: Er forderte die Führung seiner Partei auf, im Bundeskabinett die Nominierung von der Leyens zu blockieren. Von der Leyens Benennung gegen den Willen der SPD sei ein «beispielloser Akt der politischen Trickserei», sagte Gabriel dem «Tagesspiegel» vom Donnerstag. Die SPD könne und müsse dies im Kabinett aufhalten. Ein einseitiges Vorgehen der Union wäre «ein Grund, die Regierung zu verlassen».

Für eine Blockade im Parlament hat die SPD allerdings offenbar keine rechtliche Handhabe. Der Präsident oder die Präsidentin der Kommission werde - anders als die sonstigen EU-Kommissare - nicht von den nationalen Regierungen benannt, sondern vom Europäischen Rat, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

«Dieser Pflicht ist er gestern nach intensivsten Beratungen nachgekommen», sagte Seibert. Die Entscheidung über von der Leyens Kandidatur für den Spitzenposten liege nun beim Europäischen Parlament. «Es ist nicht die Aufgabe einer nationalen Regierung, dem Europäischen Parlament einen Vorschlag zu machen», sagte Seibert.

Die Regierungen der EU-Staaten hatten von der Leyen am Dienstag nach tagelangen Verhandlungen im Europäischen Rat mit 27 Ja-Stimmen und einer Enthaltung für die Kommissionsspitze nominiert. Die Enthaltung kam von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), weil der Koalitionspartner SPD die Entscheidung nicht mittragen wollte. Das letzte Wort liegt nun beim Europaparlament.

Für die beiden Spitzenkandidaten - den Konservativen Manfred Weber (CSU) und den Sozialdemokraten Frans Timmermans - hatte sich unter den EU-Regierungen und im Parlament keine ausreichende Unterstützung abgezeichnet.

Webers Parteifreund, der CSU-Vorsitzende Markus Söder, sprach von einem «klassischen Sieg des Hinterzimmers über die Demokratie». Das ganze Verfahren sei «bitter und vom Ergebnis her natürlich enttäuschend», sagte er auf n-tv.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer kritisierte, dass sich die Sozialdemokraten zu früh auf eine Ablehnung Webers festgelegt hätten. Weber sei bereit gewesen, seine persönlichen Interessen «im Dienste Europas» zurückzustellen und dem Spitzenkandidaten Timmermans den Kommissionsvorsitz zu überlassen, erklärte Kramp-Karrenbauer.

«Von Seiten der Sozialisten in Europa, aber insbesondere von Seiten der SPD in Deutschland, hat ein solches Signal zu jeder Zeit gefehlt», kritisierte sie. «Die SPD macht damit deutlich, dass es ihr am Ende um das eigene parteipolitische Interesse geht.»

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte das Verfahren zu von der Leyens Nominierung als nicht akzeptabel. «So, wie das jetzt gelaufen ist, wird das in Zukunft nicht weitergehen können», sagte Lindner in Berlin.

Linken-Chef Bernd Riexinger bezeichnete die Nominierung als «Farce». «Eine Ministerin, die bislang vor allem durch Skandale und Fehlschläge aufgefallen ist, nach Brüssel wegzuloben, zeugt nicht gerade von Wertschätzung der EU», sagte Riexinger.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Ursula von der LeyenSPDEuropaparlamentProtestSigmar GabrielAbstimmungRegierungParlamentAngela MerkelChristian LindnerEU