Wegen der israelischen Pläne zur Annexion von Gebieten im besetzten Westjordanland hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas alle Abkommen mit Israel und den USA aufgekündigt.
Der 85-jährige Abbas
Der 85-jährige Abbas - POOL/AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • UN-Sondergesandter: Israel muss Drohungen gegen Palästinenser unterlassen.
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Seine Regierung sei «ab heute» von allen Verpflichtungen aus diesen Abkommen entbunden, sagte Abbas am Dienstagabend nach einem Treffen der Palästinenserführung in Ramallah. Dies gelte auch für die Sicherheitsabkommen. Der UN-Sondergesandte Nickolay Mladenov forderte Israel am Mittwoch auf, seine Annexionsdrohungen einzustellen.

Die Palästinenserführung sei «ab heute von allen Vereinbarungen und Absprachen mit der amerikanischen und der israelischen Regierung und von allen damit verbundenen Verpflichtungen entbunden, darunter auch die bezüglich der Sicherheit», sagte der 85-jährige Palästinenserpräsident. Eine israelische Annexion würde die Chancen für einen Frieden mit den Palästinensern zunichte machen, sagte Abbas.

Abbas reagierte mit seiner Ankündigung auf Pläne des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zur Annexion der jüdischen Siedlungen und des Jordantals im Westjordanland.

In Israel war am Sonntag die neue Einheitsregierung unter Führung Netanjahus und seines früheren Rivalen Benny Gantz vereidigt worden. Kurz vor der Vereidigung der neuen Regierung erklärte Netanjahu, diese solle den Annexionsplan vorantreiben. Der Vereinbarung von Netanjahu und Gantz zufolge will die Regierung ab dem 1. Juli ihre weitere Strategie zu den Annexionen vorstellen. Das wäre der erste Schritt zur Umsetzung des umstrittenen Nahost-Plans von US-Präsident Donald Trump.

Der UN-Sondergesandte Mladenov forderte Israel vor dem UN-Sicherheitsrat auf, seine Annexionspläne aufzugeben. Die palästinensische Führung müsse ihrerseits den Dialog mit den Mitgliedern des Nahost-Quartetts wieder aufnehmen, dem neben der UNO auch die USA, Russland und die Europäische Union angehören.

Der französische Aussenminister Jean-Yves Le Drian kündigte im Parlament eine gemeinsame Initiative mehrerer europäischer Staaten, darunter Deutschland, Italien und Spanien an, die alle Beteiligten wieder an den Verhandlungstisch bringen solle. Zugleich kündigte er eine gemeinsame Antwort an, sollte Israel seine Annexionspläne umsetzen.

Der «Aussenminister» des Vatikan, Erzbischof Paul Richard Gallagher, zeigte sich nach einem Gespräch mit Nahost-Unterhändler der Palästinenser, Sajeb Erakat, besorgt über die israelischen Drohungen. Die Achtung des Völkerrechts und der UN-Resolutionen sei ein «unverzichtbares Element für das Zusammenleben der beiden Völker», erklärte der Vatikan nach dem Gespräch.

Im Westjordanland leben knapp drei Millionen Palästinenser sowie in den nach internationalem Recht illegalen jüdischen Siedlungen rund 400.000 Israelis. Weite Teile der Weltgemeinschaft sehen in einer möglichen Annexion einen Todesstoss für den Friedensprozess im Nahen Osten.

Nach Netanjahus angekündigtem Zeitplan für die Annexion warnte bereits der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtajjeh vor einem «heissen Sommer», sollte Israel die Annexionspläne wirklich umsetzen.

Abbas hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach mit dem Ende der Sicherheitskooperation mit Israel gedroht. Schon nach der Präsentation des Nahost-Plans der USA hatte Abbas Anfang Februar den «Abbruch aller Beziehungen» zu Israel und den USA verkündet. Bislang setzte er seine Drohungen aber nicht in die Tat um. Was seine jetzigen Erklärungen in der Praxis bedeuten, erläuterte Abbas nicht. Mladenov will nach eigenen Angaben am Donnerstag darüber mit der Palästinenserführung sprechen.

Gerade den Bereich der Sicherheitszusammenarbeit halten Beobachter aber für essenziell für Israel, das verhindern will, dass die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas auch im Westjordanland Fuss fasst. Die Sicherheitszusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinensern kommt aber auch der palästinensischen Regierung zugute, die von Abbas' Fatah-Partei dominiert wird - einem langjährigen Rivalen der Hamas.

Die Palästinenser sollen dem US-Plan zufolge zwar die Möglichkeit erhalten, einen eigenen Staat zu bekommen - allerdings ohne das strategisch und wirtschaftlich wichtige Jordantal im Westjordanland und ohne Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

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