Wow: Schweizer Spione spionieren jetzt auch anonym im Internet

Das Wichtigste in Kürze
- Der Schweizer Nachrichtendienst NDB will seine Spione auch in soziale Netzwerke schicken.
- Dies scheint ein reichlich später Schritt in die digitale Gegenwart zu sein.
- Oder täuscht man sich vielleicht? Ein Kommentar.
Unter falschem Namen im Internet: Was Verbrecher, Terroristen und Extremisten eigentlich grundsätzlich tun, wollen jetzt auch die Agenten des NDB. Der Nachrichtendienst des Bundes beabsichtige, sich mit «virtuellen Agenten» in sozialen Netzwerken einzuschleichen. Momoll, eine originelle Idee – für 2023.
Der Staat darf nicht alles – sagt der Staat
Es ist klar: Unsereins hat das schon vor Jahren getan. Als multiple Persönlichkeit Email-Konten eröffnet oder mit Pseudonym im Chat Schabernack getrieben. Im Prinzip haben wir das schon im analogen sozialen Netzwerk mit Kupfer-Doppelader praktiziert: mit Scherzanrufen aus der anonymen Telefonkabine.

Nun will also auf den letzten Drücker auch der NDB noch einen auf Kurt Felix machen, ausser dass der NDB keinen Spass versteht. Dass das nicht einfach so mal eben schnell passiert, ist logisch: Schliesslich sollen die virtuellen Agenten nicht auffliegen und brauchen darum eine glaubhafte falsche Identität. Damit der Staat genau das tun kann, was er gleichzeitig allen anderen verbietet, braucht er eine Bewilligung von höchster Stelle. VBS-Chefin Viola Amherd muss die «virtuellen Agenten» jeweils persönlich absegnen.
Haben Sie sich auch schon einmal im Internet als jemand anderes ausgegeben?
Was immerhin zur Auflockerung ihres Alltags beitragen dürfte. Der arme NDB-Agent, der als «Rhamdal Video» islamistische Zellen auskundschaften soll und bei der Chefin abblitzt. «Dü dumme Trifüoss» wäre da noch die einzige zitierbare Antwort der Oberwalliserin. Man kann doch nicht einfach die Buchstaben ihres Namens vertauschen und meinen, das merkt dann schon niemand.
Wer hat es erfunden? Sagen wir nicht!
Dass Fake-Profile im Internet keine Hexerei sind, sollte aber auch dem NDB schon vor Viola Amherds Amtszeit zu Ohren gekommen sein. Dass sich Instagram, Twitter und sowieso Telegram mit Links täuschen lassen, haben Hacker reihenweise bewiesen: Sei es mittels gekaufter Identitäten, sei es als russische Troll-Fabrik, die selbstverständlich nichts mit dem Staat zu tun hat.

Selbst die einheimische Polizei nutzt verdeckte Ermittlung im Cyberspace und ist sich nicht zu schade, auch mal als 13-Jährige zu chatten. Weshalb also die lange Bedenkzeit im «Schweizer Pentagon»? Man fühlt sich an den famosen «ersten» Tweet der CIA von 2014 erinnert, der erahnen lässt, dass dies wohl nicht die erste «Aktion» des US-Geheimdienstes auf Twitter war.

Ein Jahrzehnt später will sich nun also auch der NDB aus der Deckung wagen. Das kann nun zwei Dinge bedeuten: Entweder ist die Schweiz hoffnungslos hinterdrein. Oder der NDB ist der beste Geheimdienst der Welt und tut jetzt nur so, als sei man bisher ein digitales Lamm gewesen. So wird es sein. Typisch schweizerisch halt: Was die Yankees können, können die Bünzlis schon längst – wir sind einfach weniger lustig.