Der beschleunigte Ausbau von Wasserkraftwerken bleibt umstritten. Der Ständerat will das Beschwerderecht für 16 Projekte streichen.
Wasserkraft Schweiz
Die Umsetzung von Ausgleichsmassnahmen soll die 16 Wasserkraftprojekte nicht verzögern oder gar blockieren. (Archivbild) - Keystone

Der Ständerat ist am Donnerstag in einem zentralen Punkt nicht von seiner Linie abgewichen: Er will das Verbandsbeschwerderecht für 16 definierte Projekte streichen.

Der sogenannte Beschleunigungserlass sieht Gesetzesänderungen vor, um Bewilligungs- und Rechtsmittelverfahren für grosse Anlagen der erneuerbaren Energien zu straffen und den Planungsprozess für den Ausbau des Stromnetzes zu vereinfachen. Damit soll die Energiewende vorangetrieben werden.

Die Vorlage ist umstritten. Links-grüne Kreise drohen bereits seit Längerem mit dem Referendum. Sie kritisieren insbesondere die geplanten Einschnitte beim Verbandsbeschwerderecht. Auch die SVP ist skeptisch. Sie befürwortet zwar den rascheren Ausbau der Wasserkraft, opponiert aber gegen Windparks, deren beschleunigter Ausbau ebenfalls Teil der Vorlage ist.

Die Räte tun sich schwer damit, die Differenzen mit einem Kompromiss auszuräumen. Bei seiner zweiten Beratung hielt der Ständerat in einem zentralen Punkt an seiner bisherigen Haltung fest.

Er will das Verbandsbeschwerderecht für die im Stromgesetz verankerten Wasserkraftprojekte abschaffen. Der Entscheid fiel mit 25 zu 18 Stimmen. Der Nationalrat will weniger weit gehen: Er möchte Beschwerden zulassen, wenn sie von drei berechtigten Organisationen gemeinsam eingereicht werden.

Verfahren dauern mehrere Jahre

Ständerat Beat Rieder (Mitte/VS), Präsident der zuständigen Energiekommission (Urek-S), warb für die bisherige Lösung der kleinen Kammer. Er gab zu bedenken, dass die Ziele der vom Volk abgesegneten Energiestrategie 2050 ohne Vereinfachungen bei der Planung und Bewilligung nicht zu erreichen seien. Denn die komplexen Verfahren dauerten wegen Einsprachen aus der Bevölkerung und von Umweltverbänden oft mehrere Jahre.

Für die Gegnerinnen und Gegner ist die Einschränkung der Beschwerderechte dagegen «ein Frontalangriff auf den Umweltschutz», wie im Ständerat erneut zu hören war. Die Mehrheit verstosse gegen das Versprechen, das der Bundesrat erst vor einem Jahr, vor der Abstimmung zum Stromgesetz, gegeben habe: «Die Beschwerdemöglichkeiten von Privaten und Verbänden bleiben bestehen», stand im Abstimmungsbüchlein.

Näher kommen sich die Räte dafür in einem anderen Punkt, den Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen. Das Gesetz verlangt bei Wasserkraftprojekten solche Massnahmen, um die unvermeidbaren ökologischen Auswirkungen zu kompensieren.

An den Ersatzmassnahmen will das Parlament grundsätzlich festhalten, möchte das Modell der Ausgleichsmassnahmen aber etwas flexibilisieren. Solche Massnahmen gehen über den gesetzlichen und bekannten Ausgleich hinaus und schaffen einen ökologischen oder landschaftlichen Mehrwert.

Gemäss neustem Beschluss des Ständerats sollen die Ersatzmassnahmen auch künftig direkt und nicht mit finanziellen Abgeltungen erbracht werden müssen. Sie müssen also zwingend umgesetzt werden.

Rösti: «Brauchen diesen Zubau dringend»

Bei den zusätzlichen Ausgleichsmassnahmen hingegen soll unter klar definierten Voraussetzungen erstmals auch eine monetäre Abgeltung zulässig sein, mit strengen Vorgaben für deren Verwendung. Das Ziel: Die Umsetzung von Ausgleichsmassnahmen soll die 16 Wasserkraftprojekte nicht verzögern oder gar blockieren.

Mit 23 zu 20 Stimmen bei einer Enthaltung kam der entsprechende Einzelantrag von Ständerätin Heidi Z'graggen (Mitte/UR) durch. Die bürgerlichen Kräfte im Rat waren gespalten: Eine Kommissionsmehrheit um Rieder wollte auch die Ersatzmassnahmen für die Umweltschäden der Wasserkraftwerke einschränken, unverbindlicher gestalten und zeitlich verschieben.

Energieminister Albert Rösti appellierte aber an den Rat, die Vorlage nicht zu gefährden. «Wir brauchen diesen Zubau dringend.» Ein Absturz der Vorlage bei den Schlussabstimmungen oder bei einer allfälligen Referendumsabstimmung müsse unbedingt verhindert werden.

Die Vorlage geht zunächst zurück an den Nationalrat. Gesucht ist weiterhin eine mehrheitsfähige Lösung, bei der die Energiewende und der Naturschutz Hand in Hand gehen. Das Ziel bleibt es, die Vorlage in der laufenden Sommersession zu bereinigen.

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