Im Nationalrat dürfte die Vertretung der Frauen bei den Wahlen deutlich zunehmen. Im Ständerat ist die Herausforderung hingegen ungleich grösser.
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Der Ständeratssaal während einer Session. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Nationalrat wird ein «Frauenrutsch» erwartet: Der Frauenanteil wird deutlich steigen.
  • Doch im Ständerat liegt die Frauenquote schon heute deutlich tiefer.
  • Und: Nur eine Bisherige tritt wieder an. Eine schwierige Ausgangslage.
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Frauen sind in der Politik untervertreten. Für die Wahlen im Herbst nehmen sie einen neuen Anlauf, dies zu ändern. Wird die Stimme der Frauen im Parlament künftig stärker?

«Frauenrutsch» im Nationalrat zu erwarten

Einen «Frauenrutsch» prognostiziert jedenfalls die «NZZ» heute Mittwoch. Sie hat die Kandidierenden-Listen für die nationalen Wahlen unter die Lupe genommen. Resultat: Es stellen sich deutlich mehr Frauen zur Wahl als vor vier Jahren. Und die Frauen erhalten darüber hinaus bessere Listenplätze. Der Nationalrat dürfte künftig daher deutlich weiblicher sein.

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In den letzten dreissig Jahren drängten immer mehr Frauen ins Bundeshaus. Der Anteil stieg dabei kontinuierlich an.
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Im Nationalrat stieg der Frauenanteil von 10 im Jahr 1971 auf 64 in der aktuellen Legislatur. Frauen sind damit mit 32 Prozent in der Grossen Kammer vertreten.
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Steigend ist auch der Anteil von weiblichen Kandidierenden, obschon er sich in den letzten 20 Jahren bei 35 Prozent eingependelt hatte. Gemäss NZZ steigt der Wert 2019 auf rund 42 Prozent.

Anders im Ständerat. Dort ist der Frauenanteil mit 13 Prozent nicht mal halb so hoch. Sechs Frauen sitzen neben 40 Männern.

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Im Gegensatz zum Nationalrat sinkt der Frauenanteil im Ständerat seit der Jahrtausendwende wieder.
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Die Kleine Kammer ist eine Männerbastion: Nur sechs Frauen sind unter den 46 Ständeräten.
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Die 13 Prozent Frauen im Ständerat sind tiefer als im Nationalrat (32 Prozent), im Bundesrat (43 Prozent), in den Kantonalregierungen (25 Prozent) oder den Kantonalparlamenten (30 Prozent).

Nur eine Ständerätin tritt 2019 wieder an

Von den sechs bisherigen Ständerätinnen treten deren fünf nicht mehr an. Nur Brigitte Häberli-Koller (CVP) kandidiert erneut. Damit ist diese Quote noch tiefer als bei den Männern: Insgesamt tritt fast die Hälfte der bisherigen Ständeräte 2019 nicht mehr an.

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Die bisherigen Ständerätinnen sind Pascale Bruderer (SP/AG), Anita Fetz (SP/BS), Liliane Maury Pasquier (SP/GE), Anne Seydoux-Christe (CVP/JU), Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG), Géraldine Savary (SP/VD). Häberli-Koller ist die einzige, die zur Wiederwahl antritt. Fünf von sechs – Fetz, Bruderer, Maury Pasquier, Seydoux-Christe und Savary – treten nicht mehr an. - Nau/Parlament

Frauen versuchen ihren Anteil zu verteidigen

Im Kanton Aargau, wo Pascal Bruderer ihren Sitz zur Verfügung stellt, droht der Frauensitz in Männerhand zu fallen. Zwar tritt auch Philipp Müller nicht mehr an. Doch unter den sechs ernst zu nehmenden Kandidaten sind lediglich zwei Kandidatinnen: Marianne Binder (CVP) und Maya Bally Frehner (BDP). Müllers Sitz wird wahrscheinlich Thierry Burkhart erben können. Den zweiten machen wohl Cédric Wermuth (SP) und Hansjörg Knecht (SVP) untereinander aus.

Die Frauenquote von 50 Prozent halten dürften die Kantone Genf, Waadt, Jura und Thurgau. Im letzteren wird die bisherige Häberli-Koller ihren Sitz verteidigen. Im Jura, wo im Proporzverfahren gewählt wird, bleiben die Ständeratssitze wohl im Besitz von CVP und SP. Damit dürfte die für die SP kandidierende Elisabeth Baume-Schneider den Frauensitz von Anne Seydoux-Christe (CVP) verteidigen.

In der Waadt tritt Géraldine Savary (SP) nicht mehr an. Während der bisherige Olivier Français (FDP) wohl wiedergewählt wird, könnte SP-Partei-Vize Ada Marra den SP-Sitz verteidigen.

In Genf stehen beide Ständeratssitze zur Wahl. Die besten Wahlchancen haben die Nationalräte Hugues Hiltpold (FDP) und Carlo Sommaruga (SP) – je nach Dynamik im wahrscheinlichen zweiten Wahlgang könnte sich aber auch eine der drei Kandidatinnen (Lisa Mazzone Grüne, Béatrice Hirsch CVP, Céline Amaudruz SVP) durchsetzen.

Wo die Frauen zulegen können

Der Sitz des Kantons Basel-Stadt bleibt in Frauenhand: Eva Herzog (SP) wird Anita Fetz (SP) ablösen. Im Basel-Land hingegen streiten sich Eric Nussbaumer (SP), Daniela Schneeberger (FDP) und Maya Graf (Grüne) um den Sitz – Claude Janiak (SP) tritt nicht mehr an. Der Ausgang ist offen, die Wahrscheinlichkeit für einen Frauensieg aber grösser.

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13 Prozent Frauen im Ständerat: Das entspricht gut acht der insgesamt 64 Metern Gesamthöhe des Bundeshauses. Die Frauen kommen damit gerade mal durch die Eingangstüre. - Wikimedia/CC Floffy

Zulegen dürften die Frauen in Bern, Neuenburg und Uri. Bern: Hans Stöckli (SP) bleibt wohl weitere vier Jahre Standesvertreter. Werner Luginbühl (BDP) tritt ab, sein Sitz dürfte Regierungsrätin Beatrice Simon (BDP) aber verteidigen können.

Neuenburg: Beide Bisherigen (Didier Berberat SP, Raphaël Comte FDP) treten nicht mehr an. Die Hälfte der Kandidaten ist weiblich; reüssieren könnten am ehesten Silvia Locatelli (SP) oder Martine Docourt Ducommun (SP).

In Uri dürfte neben dem Bisherigen Josef Dittli (FDP) die Justizchefin und ehemalige Bundesratsanwärterin Heidi Z’graggen (CVP) zum Handkuss kommen.

Kein «Frauenrutsch» im Ständerat

In den 16 restlichen Kantonen sitzen entweder die Männer fest im Sattel oder die Kandidatinnen haben keine Chance auf eine Wahl. Nur in Zürich, Zug, Wallis, Luzern und Freiburg stellen sich überhaupt Frauen zur Wahl.

Die Frauen dürften ihre sechs Ständeratsmandate also verteidigen. Wahrscheinlich gewinnen sie gar drei Sitze hinzu und halten künftig neun Sitze. Mit 19,5 Prozent läge der Anteil damit aber weiterhin hinter allen anderen Polit-Organen. Und deutlich unter ihrem tatsächlichen Anteil in der Bevölkerung: 53 Prozent aller Wahlberechtigten sind Frauen.

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Der Anteil Frauen sinkt im Ständerat seit 2003 deutlich. Das hat nicht nur damit zu tun, dass weniger Frauen als Männer kandidieren. Denn die Chance auch gewählt zu werden ist für einen männlichen Kandidaten grösser als für eine Frau. Gleichzeitig lässt sich feststellen, dass Frauen häufiger Kandidatinnen wählen. Ergo würden mehr Kandidatinnen gewählt, würden Frauen häufiger wählen gehen. - Nau
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