Die Sondiergrabungen im ehemaligen Munitionslager bei Mitholz BE bestätigen den Trend hin zu tieferen Risiken. Dennoch bleiben laut VBS die Unsicherheiten.
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Munitionsrückstände im ehemaligen Munitionslager Mitholz. (Archivbild) - zvg

Das Wichtigste in Kürze

  • Sondiergrabungen beim Munitionslager in Mitholz bestätigten den Trend zu tieferem Risiko.
  • Es wird vermutet, dass eine geringere Menge intakter Munition verblieben ist.
  • Dennoch bleiben der Sicherheitsperimeter und Umsiedlungen unumgänglich.
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Sondiergrabungen und Untersuchungen im ehemaligen Munitionslager der Armee bei Mitholz im Kanton Bern bestätigen den Trend hin zu tieferen Risiken. Trotzdem: Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Räumung bleiben, wie das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) betont.

Aus diesem Grund beurteilt das VBS die gesamthaften Risiken auch nicht grundlegend anders als noch 2022. Es gebe nicht genügend belastbare Ergebnisse, um einen Störfall wirklich ausschliessen zu können, sagte Projektleiter Adrian Götschi am Mittwoch vor den Medien in Mitholz.

Munitionslager Mitholz Räumung verzögert
Das alte Munitionslager in Mitholz BE soll geräumt werden. - Keystone

Sprengversuche zeigten laut Götschi, dass eine Explosionsübertragung auf weitere Granaten und Bomben möglich ist. Der Sicherheitsperimeter für die Bevölkerung, der auch Umsiedlungen zur Folge hat, sowie Schutzbauten für Dorf, Strasse und Bahn seien nach wie vor unumgänglich.

Grossereignis «extrem unwahrscheinlich»

Nach den jüngsten Untersuchungen kommt eine Expertengruppe des VBS, dem auch Fachleute zur Kampfmittelräumung angehören, zum Schluss, dass Explosionsereignisse mit über einer Tonne Sprengstoff unwahrscheinlich seien. Die Munition sei nach der grossen Explosion des Depots im Jahr 1947 im Schutt im Felsinnern begraben. Das verringere das Risiko einer Kettenreaktion bei einer Detonation.

Nur eine dichte Ansammlung von 50 Kilogramm Fliegerbomben könnte ein Grossereignis auslösen. Bei den Sondiergrabungen habe aber keine solche Ansammlung festgestellt werden können. Die Ergebnisse der Sondierungen liessen vermuten, dass in der Anlage wesentlich geringere Mengen an intakter Munition verblieben sind als angenommen.

Ein Grossereignis mit zehn Tonnen Sprengstoff sei «extrem unwahrscheinlich», könne aber nicht vollständig ausgeschlossen werden. Für die Bemessung der Schutzbauten empfahl das Gremium daher von einem Ereignis im Bereich von einer Tonne Sprengstoff auszugehen.

Nicht ohne weiteres übertragbar

Zum Glück habe sich der Trend hin zu tieferen Risiken bestätigt, doch für die Sondierungsarbeiten sei nur rund ein Viertel des Stollens im Fels zugänglich gewesen, betonte Götschi am Mittwoch. Die Befunde der Sondierungen könnten daher nicht ohne weiteres auf den übrigen Teil der verschütteten Anlage übertragen werden.

Hingegen seien die Erkenntnisse aus den Sondiergrabungen des Kommandos Kampfmittelräumung für die Bemessung der Schutzbauten Strasse und Bahn eingeflossen.

Schutzbauten brauche es auf jeden Fall, denn sonst müsste für Räumungsarbeiten jeweils zwischen dem Mitholztunnel und dem Blausee das ganze Tal gesperrt werden. Doch die Schutzbauten könnten nun für kleinere Trümmer ausgelegt werden, erklärte Götschi. «Wir rechnen nicht mehr mit kühlschrankgrossen Trümmern», so der Projektleiter.

Umweltfaktor mitberücksichtigen

Braucht es wirklich ein 2,5 Milliarden Franken schweres Räumungsprojekt mit Umsiedlungen? Ist das Risiko, das von der Anlage im Berg ausgeht, wirklich so gross, und ginge alles nicht einfacher, rascher und unkomplizierter? Diese Fragen treiben vor allem die betroffene Bevölkerung, aber auch Fachleute und die Politik immer wieder um.

Die Öffentlichkeit habe den Fokus stark auf die Risiken einer Explosion gerichtet, doch es gebe auch andere Faktoren, die eine wichtige Rolle spielten, etwa die Umweltbelastung durch die Munition und deren Rückstände. Auch in diesem Bereich sei ein Störfall möglich, so Götschi. Man müsse also «so oder so» räumen.

Die im Stollen sowie im Schuttkegel vor der Anlage vorhandene Munition enthält laut VBS Schadstoffe im Umfang von mehreren hundert Tonnen, darunter sind Sprengstoffe und Schwermetalle wie Quecksilber, Blei, Zink und Antimon. Rund 15 Hektaren Wiesen wurden sondiert. Mit der Räumung des ehemaligen Munitionslagers werde auch dieses Schadstoffpotenzial massgeblich reduziert oder beseitigt.

Die Arbeiten im Zusammenhang mit den Umsiedlungen sind unterdessen weit fortgeschritten. 90 bis 95 Prozent der Landkäufe durch das VBS sind «auf dem Schlitten». Viele Betroffene scheinen sich mit dem mutmasslich Unabwendbaren arrangiert zu haben. Doch gibt es nach wie vor auch kritische Stimmen.

Im Dezember 1947 war es im ehemaligen Munitionslager der Armee in einer Fluh bei Mitholz zu grossen Explosionen gekommen. Neun Menschen kamen ums Leben. Hunderte Tonnen Sprengstoff blieben in den Trümmern der Anlage zurück. Der Bundesrat will das ehemalige Munitionslager deshalb räumen.

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