Reformiertes Aktienrecht mit Geschlechterrichtwerten bereinigt

Das Wichtigste in Kürze
- Das modernisierte Aktienrecht ist bereinigt.
- Der Ständerat hat am Donnerstag den Antrag der Einigungskonferenz gutgeheissen.
Das modernisierte Aktienrecht, das Geschlechterrichtwerte für Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte von börsenkotierten Unternehmen bringt, ist bereinigt. Der Ständerat hat am Donnerstag den Antrag der Einigungskonferenz gutgeheissen.
Die kleine Kammer tat dies mit 41 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Im Nationalrat fiel der Entscheid mit 140 zu 53 Stimmen. Nur die SVP-Fraktion stimmte in der grossen Kammer dagegen. Die Vorlage ist bereit für die Schlussabstimmungen.
Einer der letzten strittigen Punkte waren Vorzugsrechte für bestimmte Aktionäre. Das modernisierte Aktienrecht lässt sie nun nicht zu. Die Räte waren sich bis zuletzt in dieser Frage nicht einig geworden.
Der Nationalrat wollte Loyalitätsaktien einführen, der Ständerat nicht. Die Einigungskonferenz folgte der Linie der kleinen Kammer.
Gesetz zu Generalversammlungen im Ausland umstritten
Bis zuletzt umstritten war auch, ob Generalversammlungen im Ausland per Gesetz zulässig sein sollten. Der Ständerat war dagegen, der Nationalrat dafür. Vorgeschlagen hatte den Passus der Bundesrat.
Der Nationalrat hatte allerdings ergänzt, dass ein Tagungsort im Ausland für Aktionäre keine Nachteile beim Ausüben ihrer Rechte bringen darf. Dies übernahm die Einigungskonferenz und ergänzte, dass die Statuten eine Generalversammlung im Ausland vorsehen müssen. Auch Aktienkapital in Fremdwährungen ist zulässig.

Die groben Züge der Vorlage waren schon früher bereinigt, namentlich die viel und kontrovers diskutierten Geschlechterrichtwerte in den Chefetagen. Der Nationalrat hatte sie bereits vor zwei Jahren mit knappem Mehr gutgeheissen. Dies gegen den Willen der SVP und fast aller Mitglieder der FDP-Fraktion.
Ein Jahr später und fünf Tage nach dem landesweiten Frauenstreik sagte auch der Ständerat Ja. Weniger sei fast nicht möglich, sagte damals Anita Fetz (SP/BS). Sie sprach von einem «Quötchen mit Samtpfötchen». Die Gegenseite argumentierte mit der Organisationsfreiheit der Unternehmen.
200 Unternehmen von neuem Gesetz betroffen
Im Gesetz steht nun, was der Bundesrat beantragt hatte: In Verwaltungsräten sollen beide Geschlechter zu mindestens 30 Prozent vertreten sein, in Geschäftsleitungen zu mindestens 20 Prozent. Betroffen sind etwa 200 Unternehmen.
Wird der Richtwert nicht erreicht, müssen die Unternehmen im Vergütungsbericht die Gründe sowie Massnahmen zur Verbesserung darlegen. Sanktionen sind nicht vorgesehen.

Der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen der 118 grössten Schweizer Unternehmen ist von 9 auf 10 Prozent gestiegen. Dies geht aus dem Schilling-Report 2019 hervor. In den Verwaltungsräten ging der Anteil um 2 Prozentpunkte nach oben, auf 23 Prozent. Knapp jeder dritte freie Verwaltungsratssitz wurde neu mit einer Frau besetzt.
Mit der Modernisierung des Aktienrechts wird die Abzocker-Initiative auf Gesetzesebene umgesetzt – vorläufig war dies auf Verordnungsstufe geschehen. Die Räte folgten weitgehend den heute geltenden Regeln.
Neue Bestimmungen sollen beispielsweise verhindern, dass das Verbot von goldenen Fallschirmen mit anderen Vergütungen umgangen werden kann. Etwa mit solchen für ein geschäftsmässig nicht begründetes Konkurrenzverbot. Generell sollen Entschädigungen aufgrund von Konkurrenzverboten in der Höhe begrenzt werden.
Regeln zu Boni und Löhnen in Gesellschaftsstatuten abgelehnt
Im Nationalrat abgelehnt wurden Anträge der Linken für Regeln zu Boni und Löhnen in den Gesellschaftsstatuten. Gefordert worden war etwa, dass das maximal zulässige Verhältnis zwischen fixer Vergütung und der gesamten Vergütung von Geschäftsleitungs- und Verwaltungsratsmitgliedern festgelegt werden müsse.
Bei der Gründung von Unternehmen soll weiterhin eine Pflicht zur öffentlichen Beurkundung bestehen. Eine erleichterte Unternehmensgründung, wie der Bundesrat sie vorgeschlagen hatte, lehnten die Räte ab.
Organstimmrechtsvertreter dürfen in börsenkotierten Gesellschaften nicht mehr eingesetzt werden, in nicht kotierten hingegen schon. Das hat der Nationalrat so gewollt und sich durchgesetzt. Der Bundesrat und auch der Ständerat hätten Organstimmrechtsvertreter generell nicht mehr zulassen wollen.
Auch über die Rolle der unabhängigen Stimmrechtsvertreter hatte die Einigungskonferenz zu entscheiden – es ging um das Stimmgeheimnis. Nun ist festgeschrieben, dass die Stimmrechtsvertreter Weisungen von Aktionären bis zur Generalversammlung vertraulich behandeln müssen.