Guy Parmelin reist wegen des Rahmenabkommens nach Brüssel

Das Wichtigste in Kürze
- Heute Freitag trifft sich Guy Parmelin in Brüssel mit Ursula von der Leyen.
- Das Gespräch wird sich um das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU drehen.
Vor dem Treffen, das sich um das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU drehen wird, hat sich auch der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu Wort gemeldet.
Die Gespräche müssten weitergehen, sagt der Vorgänger von Ursula von der Leyen in einem Interview mit den «Tamedia»-Zeitungen. Die Debatte über einen Abbruch der Verhandlungen gebe es in der EU nicht. «Die Europäische Kommission verlässt nie den Verhandlungstisch.» Würde die Schweiz die Gespräche abbrechen, wäre er sehr enttäuscht, wird Juncker zitiert.

Beim Rahmenabkommen sollte es seiner Auffassung nach schnellstens zu einer Einigung kommen, sagte Juncker. Ansonsten komme es wieder zu Reaktionen wie die Mitte 2019 nicht mehr verlängerte Anerkennung der Börsenäquivalenz. «Das ist nicht wünschenswert.»
Angesprochen auf Nadelstiche seitens der EU, sagte Juncker. «Man kann die EU nicht auf eine endlose Geduldsprobe stellen.» Er verwahrt sich gegen die Idee, mit höheren finanziellen Beiträgen Konzessionen zu erreichen: «Zu denken, dass man mit Geld diese Probleme lösen kann, ist ein Irrglaube.»
Gelinge es der EU und der Schweiz nicht, ihr Verhältnis neu zu ordnen, werde sich dies zum Nachteil beider Seiten entwickeln, sagte Juncker. Eine Einigung sei deshalb unabdingbar. In der Summe seien die Probleme lösbar.
Schlechte Stimmung in Brüssel
«Der Bundesrat ist bereit für das Treffen», sagte am Mittwoch Bundesratssprecher André Simonazzi. Zuvor hatte der Bundesrat erneut das Vorgehen in Brüssel beraten. Zum Inhalt der Gespräche liess Simonazzi nichts verlauten. Bislang hiess es lediglich, Ziel des Treffen sei es, die Gespräche auf politischer Ebene wieder aufzunehmen.
Was Bundespräsident Parmelin konkret von der Leyen vorschlagen wird, ist also nicht bekannt. Wie die Stimmung in Brüssel derzeit ist, zeigte Anfang Woche ein EU-internes Sitzungsprotokoll, das den Medien zugespielt wurde.

So hat Stéphanie Riso, die stellvertretende Kabinettschefin von Kommissionspräsidentin von der Leyen, die Botschafter in Brüssel am 16. April vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Die Schweiz habe sich grundsätzlich vom Text distanziert und wolle materielle Änderungen. Ansätze zu wirklichen Lösungen fehlten jedoch. Der Prozess sei schwerfällig.
Beim Treffen solle primär geklärt werden, ob die Schweiz überhaupt noch auf einen Abschluss hinarbeite, sagte sie. Der Vertragsentwurf von 2018 werde in Bern unterdessen nur noch als Vorschlag angesehen. Riso hatte mit Livia Leu, der Schweizer Chefunterhändlerin für die Verhandlungen mit der EU, seit Januar sechs Gesprächsrunden geführt.
Parmelin hat es nicht auf einen Paukenschlag abgesehen
Parmelin selbst sagte am Sonntag in einem Zeitungsinterview, er habe es nicht auf einen Paukenschlag abgesehen. Die Schweiz wolle «nicht aus einem Abkommen aussteigen, sondern eine Lösung finden, um es weiterzuentwickeln». Der Bundesrat prüfe aber «seit langem» Alternativen für den Fall, dass keine Einigung mit der EU erzielt wird.
Unklar ist, wie der Bundesrat nach dem Treffen am Freitag informieren will. Bundesratssprecher Simonazzi machte diesbezüglich am Donnerstag auf Anfrage von Keystone-SDA keine Angaben. In Brüssel stellte man eine mündliche Stellungnahme kurz vor 10 Uhr in Aussicht.

Im Dezember 2018 veröffentlichte der Bundesrat den Entwurfstext für ein Institutionelles Abkommen Schweiz-EU. Im Juni 2019 teilte er nach einer Konsultation des Textes der Europäischen Kommission mit, dass das Verhandlungsergebnis in weiten Teilen im Interesse der Schweiz sei, drei Punkte aber noch geklärt werden müssten; Lohnschutz, Unionsbürgerrichtlinie und staatliche Beihilfen.
Die EU ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz. Rund die Hälfte der Schweizer Exporte gehen in den europäischen Binnenmarkt.