Frühere SP-Präsidentin Christiane Brunner ist tot

Das Wichtigste in Kürze
- Die einstige SP-Bundesratskandidatin Christiane Brunner ist gestorben.
- Sie starb im Alter von 78 Jahren.
- Die Genferin prägte die Frauenbewegung in der Schweiz.
Die ehemalige SP-Präsidentin Christiane Brunner ist gestorben. Das berichtet «RTS» unter Berufung auf die Familie der Genferin.
Brunner war von 1991 bis 1995 Nationalrätin und sass von 1995 bis 2007 im Ständerat. Das Amt der Parteipräsidentin hatte sie von 2000 bis 2004 inne.
Im Jahr 1993 war sie die offizielle SP-Kandidatin für den Bundesrat. Die Bundesversammlung wählte jedoch den Neuenburger SP-Politiker Francis Matthey zum neuen Bundesrat.

Daraufhin gab es grossen Widerstand in der Partei. Matthey nahm schliesslich die Wahl nicht an – und überliess somit den Frauen den Vortritt.
Bei der zweiten Wahl stellte die SP zwei Kandidatinnen auf: Christiane Brunner und Ruth Dreifuss. Letztere wurde zur Bundesrätin gewählt.
«Brunner-Effekt»
Das Ereignis hatte nachhaltige Folgen. Nach den Protesten von Hunderten von wütenden Frauen auf den Bundesplatz und der Wahl von Ruth Dreifuss eine Woche nach dem denkwürdigen 3. März 19993 führte der «Brunner-Effekt» zu einem starken Anstieg der Frauenvertretung in verschiedenen Kantonen.

Diese Nichtwahl habe mehr bewegt, als sie als Bundesrätin hätte bewirken können, bekräftigte Brunner später mehrmals. Während ihrer gesamten Karriere und insbesondere zur Zeit ihrer Kandidatur war die Genferin heftigen sexistischen Angriffen ausgesetzt.
Erster Frauenstreik 1991
National bekannt wurde Brunner als eine der Mitinitiantinnen des ersten Frauenstreiks. Dieser vermochte am 14. Juni 1991 eine halbe Million Frauen zu mobilisieren.
Brunners Engagement für die Sache der Frauen ging Hand in Hand mit ihrer Karriere als Gewerkschafterin. In dieser damals vorwiegend von Männern dominierten Welt war sie 1992 die erste Frau, die nach dem Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) (1982-89) den Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverband (SMUV) präsidierte.
Von 1994 bis 1998 war sie zudem zusammen mit Vasco Pedrina Co-Präsidentin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes.
Rückzug aus der Politik
Ab 2007 zog sich Brunner, längst eine Galionsfigur des Schweizer Feminismus, aus dem politischen Leben zurück. 30 Jahre nach dem ersten Frauenstreik schlug die Politikerin in einem Interview vor, am 14. Juni 2021 eine Volksinitiative zu lancieren, um endlich Lohngleichheit zu erreichen, und forderte ihre Mitstreiterinnen auf, «nicht locker zu lassen».
Die SP würdigte Brunner am Freitag in einem Communiqué als prägende Figur, die auch künftige Generationen inspirieren werde. Den Angehörigen der Verstorbenen sprach die Partei ihr tiefstes Mitgefühl aus.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hob die Pionierrolle Brunners als erste Frau an der Spitze des Dachverbands hervor. Ihre Vision seien kämpferische, aber stets ergebnisorientierte Gewerkschaften gewesen.
Bundesrat Beat Jans bezeichnete Brunner in einem Post auf der Plattform X als grosse Kämpferin für Gleichstellung und soziale Gerechtigkeit. «Die Begegnungen mit ihr haben mich beeindruckt und geprägt. Ihre Überzeugungen trage ich in meiner Arbeit weiter», schrieb der Justizminister.