FDP «stellt Wecker»? Burkarts Nachfolge schläft!

Das Wichtigste in Kürze
- «Für alle, die den Wecker stellen», lautet der Slogan der FDP.
- Mit einer Kandidatur für Thierry Burkarts Nachfolge lassen sich die Favoriten aber Zeit.
- Politologe Michael Hermann erklärt, warum kein FDP-Mitglied in den Startlöchern ist.
Bei der FDP tickt der Wecker. Am 20. August läuft die Frist ab. Auch rund einen Monat nach Thierry Burkarts Rücktrittsankündigung buhlt niemand um seinen Job.
Andrea Caroni, Maja Riniker, Jacqueline de Quattro, Martin Schmid, Beat Walti – sie alle wollen nicht an der FDP-Spitze stehen.
Etwa gleich lang ist die Liste der FDP-Mitglieder, die an einer Zu- oder Absage herumkauen. Diese sind Andri Silberschmidt, Susanne Vincenz-Stauffacher, Damian Müller, Marcel Dobler, Philippe Nantermod und Damien Cottier.
Absage wegen Familie
Dabei ist die FDP eine Partei der Frühaufsteher. Die FDP mache eine Politik für alle, «die jeden Tag den Wecker stellen, um zu arbeiten, Einsatz zu leisten».
Dies sagte FDP-Chef Thierry Burkart zur NZZ. Die FDP Thurgau doppelt nach: «Für alle, die den Wecker stellen, und die anpacken, anstatt zu jammern.»

Der Ausserrhoder Ständerat Andrea Caroni begründet seine Absage unter anderem mit seiner Familie. Seiner Meinung nach könne man nicht zugleich Parteipräsident und kleinen Kindern ein guter Vater sein. Das Amt beanspruche einen fast rund um die Uhr.
Hast du genug Zeit für dein Privatleben?
Andri Silberschmidt wurde kürzlich Vater. «Eine Entscheidung, die das eigene Leben massgeblich beeinflusst, soll gut überlegt sein», sagt er auf Anfrage. Es freue ihn sehr, dass einige Personen innerhalb der FDP sich diese Gedanken machten.
«Man kann einiges verlieren»
«Von der FDP dürfte man schon erwarten, dass die hohe Arbeitsbelastung kein Grund gegen das Amt ist.» Dies sagt Michael Hermann, Politologe und Leiter des Forschungsinstituts Sotomo zu Nau.ch.
Der Trend der Work-Life-Balance habe aber auch die FDP erreicht. «Die Vereinbarkeit von Familie und Amt wird vermehrt als legitime Begründung angesehen.»
Laut Hermann müssen Präsidentinnen und Präsidenten von Parteien oft abends und am Wochenende Veranstaltungen besuchen. «Das Amt ist auf Väter ausgerichtet, die früher zu Hause eher abwesend waren.»
Der Politologe sieht die Work-Life-Balance aber nicht als Hauptgrund für die Zurückhaltung bei den Favoritinnen und Favoriten. «Als Parteichefin oder -chef der FDP kann man einiges verlieren.» Der zweite Bundesratssitz der FDP stehe auf der Kippe. «Dazu kommen die Konflikte mit den bilateralen Verträgen.»
Im Oktober tritt Thierry Burkart ab. «Seine Nachfolge hat wenig Vorlaufzeit, um noch etwas zu ändern», sagt der Politologe. «Diejenigen, die eine Kandidatur trotzdem wagen, muss man bewundern.»
Top-Favoriten der FDP seien noch dabei
Hermann stellt fest, dass der Druck auf das Amt gestiegen ist. Das Parteipräsidium habe eine grössere Bedeutung bekommen. «Heute hat es eine grössere Strahlkraft.» Trotzdem habe es kein grosses Prestige und sei nicht gut bezahlt.

«Auch ist das Amt kein Karrieresprungbrett», sagt Hermann. Zurückgetretene Parteichefinnen und -chefs hätten Schwierigkeiten, in anderen Bereichen ein Mandat zu finden. «Denn sie werden oft als Parteisoldaten angesehen.»
Als positives Zeichen für das Amt wertet der Politologe, dass Andri Silberschmidt und Damian Müller noch nicht abgesagt haben. «Die beiden Top-Favoriten sind noch dabei.»
Solange dies der Fall sei, habe die Partei noch keine Personalprobleme. «Nur wenn es am Schluss jemand aus der zweiten Reihe wird, könnte man von Personalproblemen sprechen.»
Burkart schätzt Kontakt mit Menschen
Thierry Burkart will sich auf Anfrage nicht weiter zu seinem Amt äussern oder seiner Nachfolge Ratschläge abgeben.
Stattdessen verweist er auf ein Interview, das er der NZZ gegeben hat. Seine Nachfolge brauche Leidenschaft für das Land, antwortete er. Auch müsse sie Verantwortung übernehmen können und die Fähigkeit haben, verschiedenste Sichtweisen zusammenzubringen und dann zu kanalisieren.
«Der Kontakt mit der Parteibasis, mit den Menschen, die sich unermüdlich engagieren, ist das Wichtigste», sagte er zur Zeitung. Zugleich sei dies auch das Schönste am Parteipräsidium. «Wer den Dialog sucht, findet auch die nötige Energie für dieses anspruchsvolle Amt.»