Pixar hat sich etwas völlig Neues ausgedacht. Nach dem vierten «Toy Story»-Film geht es nun in «Onward: Keine halben Sachen» um Magie. Zwei Elfen-Brüder wollen ihren toten Vater zurückbringen. Geht das gut?
Ian mit seinem nur halb materialisierten Vater. Foto: -/Disney/Pixar/dpa
Ian mit seinem nur halb materialisierten Vater. Foto: -/Disney/Pixar/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der neue Pixar-Film «Onward: Keine halben Sachen» entführt in eine bunte, magische Welt.
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Bevölkert wird sie von blauhäutigen Elfen mit grossen Ohren, Kentaur-Wesen mit Pferdebeinen, Zyklopen, Trollen, Satyrn und Feen. Sie leben in runden Häusern mit riesigen Pilzdächern in der Vorstadt New Mushroomton.

Doch von altmodischer Fantasy-Idylle keine Spur. Verwahrloste Einhörner fressen aus Mülltonnen und streiten sich um Abfälle. Kleine Kobolde mit Flügeln haben längst das Fliegen verlernt. Die einst furchterregende Manticore, Fabelwesen aus Löwe, Fledermaus und Skorpion, haben ihre Höhle in ein familienfreundliches Restaurant verwandelt. Es gibt Einkaufs-Malls, Fastfood-Imbisse, Handys und verstopfte Autobahnen. Moderne Technologie hat den alten Zauber verdrängt.

In der Animationsschmiede Pixar stellt man seit jeher clevere Fragen. Was geht wohl im Herzen der «Toy Story»-Spielzeugfiguren vor? Wie sieht es in «Alles steht Kopf» im Gehirn eines kleinen Mädchens aus? Sind «Die Unglaublichen»-Superhelden am Ende ganz normale Menschen? In «Onward» geht es nun um die Suche nach dem Magischen im Leben.

«Vor langer Zeit war die Welt voller Wunder», so beginnt der Trickfilm mit einer Kamerafahrt über eine Landschaft mit feuerspeienden Drachen und Zauberern lange vor dem Einzug technischer Errungenschaften. Doch der Zauber ist schnell dahin, Licht per Knopfdruck, Essen aus dem Kühlschrank, Bequemlichkeit statt Abenteuer.

In dieser modernen Welt schlagen sich die ungleichen Elfen-Brüder Ian und Barley Lightfoot mit typischen Teenager-Problemen herum. Der schlaksige Ian mit blauer Haut und Riesenohren ist scheu, traut sich wenig zu und träumt davon, seinem früh gestorbenen Vater ähnlich zu sein. Der ältere Bruder ist das genaue Gegenteil: laut, ungestüm und stolzer Besitzer eines klapprigen Lieferwagens, der mit quietschenden Reifen aufdreht.

An Ians 16. Geburtstag kramt Mutter Laurel (deutsche Stimme von Annette Frier) ein Geschenk des Vaters hervor. Es ist ein Zauberstab samt Phoenix-Stein und einem magischem Spruch, um den Verstorbenen für 24 Stunden ins Leben zurückzuholen. Doch das klappt buchstäblich nur zur Hälfte. Schuhe, Socken und Hose zaubern sie zurück, für den Oberkörper reicht es aber nicht. Mit ihrem kopflosen Vater im Schlepptau machen sich die Brüder auf eine abenteuerliche Suche.

Regisseur Dan Scanlon, der zuvor schon den Pixar-Hit «Die Monster Uni» (2013) inszenierte, war diesmal von seiner eigenen Kindheit inspiriert. «Mein Vater starb, als ich ein Jahr alt war, mein Bruder war drei. Ich fragte mich ständig, wie er wohl war, ob ich ihm ähnelte und was wir lernen würden, wenn wir einen Tag mit Dad verbringen könnten», erzählt Scanlon beim Besuch der Deutschen Presse-Agentur im Pixar-Studio.

Eine Hose als Hauptfigur mit Gefühlen? Mit dieser skurrilen Idee wagten sich die Animatoren auf Neuland. Die Beine stolpern den beiden Brüdern bei ihrer Mission hinterher. Mit Weste und Mütze wird der halbe Vater notdürftig ausgestopft, an einer Leine wankt er mit. «Technisch gesehen war dies eine der grössten Schwierigkeiten, die Leine so zu bewegen, dass sie echt wirkte», erklärt Scanlon.

Und so taumelt der Vater mit den Jungs von einem Abenteuer zum Nächsten. Mit Tempo geht es über die «Strasse des Todes» zu einer «bodenlosen Schlucht». Mit Zauberspruch und Selbstvertrauen schafft es Ian über eine magische Brücke auf die andere Seite. Das ist nur eine von vielen Mutproben.

«Onward: Keine halben Sachen» ist eine bunte Mischung aus Action und Fantasy-Abenteuer, aber vor allem eine Geschichte über Familie, Liebe und Selbstfindung. «Vielleicht wählen wir zu oft den bequemen Weg», meint der Regisseur. «Wer sich der Herausforderung stellt, der entdeckt in sich ganz besondere Seiten». Das gibt Scanlon als Botschaft mit auf den Weg.

Für das Pixar-Team von Animatoren, Ingenieuren und Schreibern war es allemal eine Herausforderung. 13 verschiedene Arten von Fabelwesen mussten am Computer generiert werden, dabei entstanden mehr als 240 Charaktere. Auch der Würzburger Michael Honsel bastelte als «Character Technical Director» mit. Der 35-jährige Wahlkalifornier und sein Team bauen im Computer dreidimensionale Modelle von Figuren und programmieren ihnen Kontrollpunkte ein, damit sie später bewegt werden können.

Honsel, der schon an Fortsetzungen wie «Toy Story 3» und «Die Monster Uni» arbeitete, freut sich diesmal über frisches Material. «Das macht extra Spass, weil man eine komplett neue Welt entwirft. Eine Original-Idee ist natürlich ein Risiko, verglichen mit altbewährten Charakteren, die die Leute schon kennen». Vor allem, wenn eine der Hauptfiguren eine laufende Hose ist. Das sollte lustig und nicht verstörend wirken, meint Honsel mit einem Augenzwinkern. «Aber komisch ist es schon, wenn man die Beine das erste Mal sieht».

Onward: Keine halben Sachen, USA 2020, 114 Min., FSK ab 0, von Dan Scanlon, in der deutschen Fassung mit den Stimmen von Annette Frier, Christian Zeiger, Leonhard Mahlich

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