Israelis und Palästinenser vereint vor dem Fernsehen - als Fans einer Seifenoper. Da muss der Drehbuchautor schwitzen. Feinsinnige Komödie mit glaubwürdigen Darstellern und einem Schuss Wahnsinn.
Kais Nashif (l) als Salam und Yaniv Bitonin als Assi - die beiden denken sich Plots für eine Soap-Opera aus. Foto: MFA
Kais Nashif (l) als Salam und Yaniv Bitonin als Assi - die beiden denken sich Plots für eine Soap-Opera aus. Foto: MFA - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Absurdität und dem Wahnsinn des Nahostkonfliktes wird man am besten mit Mitteln der Satire und Komödie gerecht.
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Unter dieser Prämisse entstanden so grossartige Filme wie das bewegende Hochzeitsdrama «Die syrische Braut» (2005) oder die schrille Farce «Das Schwein von Gaza» (2012).

Mit weniger Knalleffekten, aber eindringlich und nah am Leben erzählt nun Regisseur Sameh Zoabi in seiner fein austarierten Komödie «Tel Aviv on Fire» vom alltäglichen Wahnsinn in Israel und den besetzten Gebieten.

Endlich sind Israelis und Palästinenser vereint - aber leider nur vor dem Fernseher. Denn dort läuft die kitschig-nostalgische Seifenoper «Tel Aviv on Fire», ein Rührstück über eine palästinensische Agentin, die sich am Vorabend des Sechstagekrieges 1967 in einen israelischen General verliebt.

Der junge Palästinenser Salam (Kais Nashif) arbeitet als Assistent und Drehbuchautor für die Serie. Bei Salams täglichen, schikanösen Stopps am Checkpoint fällt dem israelischen Kommandeur Assi (Yaniv Biton) das Manuskript der Produktion in die Hände. Assis Frau ist ein grosser Fan der Soap-Opera, und jetzt sieht der von seinem Job frustrierte Assi seine grosse Chance kommen, um ihr zu imponieren. Zusammen mit Salam denkt er sich immer neue, absurde Plotwendungen aus. Könnte es sein, dass die Palästinenserin und der Jude am Ende sogar vor den Traualtar treten? Oder endet alles in einem furchtbaren Bombenattentat?

Vielsagend und ohne Peinlichkeiten werden die freudlose Realität und die bonbonbunte Fiktion gegenübergestellt. Für den schüchternen Protagonisten Salam ist das Leben alles andere als ein Zuckerschlecken. Den Job bei der Serie hat er nur, weil sein Onkel Bassam der Produzent ist. Und seine Angebetete Mariam, eine erfolgreiche Ärztin, würdigt ihn keines Blickes. Dafür möchte Tala, die strahlende Serien-Hauptdarstellerin, mit ihm am liebsten nach Paris durchbrennen.

Schauspieler Kais Nashif liefert als Salam die sensible Charakterstudie eines Palästinensers, der unter der Besatzung leidet, aber nicht verbittert ist und mit störrischem Mut sein Leben zu meistern versucht. Und so verwandelt sich der linkische Pechvogel mit Hilfe seines Erzfeindes Assi schliesslich in einen erfolgreichen Drehbuchautor, dem am Ende auch die richtigen Herzen zufliegen. An der Fähigkeit der Politik, Probleme zu lösen, glaubt in diesem hellsichtigen Film allerdings niemand mehr. Aber die Menschen haben sich ihren Sinn für privates Glück und die Liebe bewahrt.

Tel Aviv on Fire, Israel 2018, 97 Min., FSK ab 6, von Sameh Zoabi, mit Kais Nashif, Yaniv Biton, Lubna Azabel

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