Wie die ETH Zürich berichtet, hat ein Pilotprojekt zur Erforschung der genetischen Vielfalt von fünf Arten gestartet.
Genetische Vielfalt einheimischer Lebewesen - ETH Zürich

Die Welt leidet nicht nur an der Klimakrise, sondern auch an einer Biodiversitätskrise. Viele Forschende sprechen bereits von einem Massenaussterben von Arten.

Die Gründe dafür sind vielfältig, einer davon ist die Klimaerwärmung, welche die Umweltbedingungen rasant verändert.

Um die biologische Vielfalt zu überwachen und zu bewahren, haben viele Länder entsprechende Programme gestartet.

So schuf die Schweiz 2001 das Biodiversitätsmonitoring Schweiz, mit dem auf Hunderten von einem Quadratkilometer grossen Untersuchungsflächen standardisiert die Vielfalt von Arten und von Lebensräumen erfasst und überwacht wird.

Blackbox genetische Vielfalt

Über die Arten- oder Lebensraumvielfalt, die von blossem Auge erfasst werden kann, weiss man in der Schweiz daher recht gut Bescheid.

Anders sieht es beim Wissen um die genetische Vielfalt innerhalb von Arten aus. Von blossem Auge kann diese nicht erfasst werden.

Es ist somit aufwändiger und technisch herausfordernder, diese zu erheben.

Das langfristige Überleben sichern

Genetische Vielfalt ist das Rohmaterial für die Evolution und somit die Voraussetzung, dass sich eine Art an eine sich verändernde Umwelt anpassen kann.

Wenn man versteht, wie sich die genetische Vielfalt innerhalb einer Art verändert und welches die Ursachen dafür sind, trägt das dazu bei, das langfristige Überleben zu sichern.

Tier- oder Pflanzenbestände mit einer nur geringen genetischen Variabilität haben ein erhöhtes Aussterberisiko, da sie oft nicht die nötige Widerstandskraft besitzen, um Krankheiten, Krankheitserregern oder Wetterextremen zu trotzen, beziehungsweise auf Umweltveränderungen zu reagieren.

Eine Pilotstudie wird durchgeführt

Nun wollen Forschende der ETH Zürich und der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) diese Wissenslücke schliessen.

Wissenschaftler aus der ETH-Professur für ökologische Pflanzengenetik führen derzeit im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) eine Pilotstudie durch, welche die Möglichkeiten ausloten soll, wie die genetische Vielfalt von ausgewählten einheimischen Lebewesen langfristig überwacht werden kann.

Die Studie wurde 2020 gestartet und dauert noch bis Ende 2023. Das Projekt hat weltweit Pioniercharakter.

Fünf Arten auf den Zahn gefühlt

In ihrer Pilotstudie beschränkten sich die Forschenden vorerst auf fünf einheimische Tier- und Pflanzenarten: die Kreuzkröte (Epidalea calamita), die Goldammer (Emberiza citrinella), den Baldrian-Scheckenfalter (Melitaea diamina) sowie die Karthäusernelke (Dianthus carthusianorum) und das Scheiden-Wollgras (Eriophorum vaginatum).

Diese Arten sind repräsentativ für bestimmte Lebensräume, die für den Naturschutz bedeutend sind wie Trockenwiesen, Hochmoore, Amphibienlebensräume, Kulturland oder Übergangszonen zwischen Wald und Wiese.

Nach dem Zufallsprinzip wählten die Forscher 30 Standorte pro Art in der ganzen Schweiz aus und nahmen Proben von mehr als 1200 einzelnen Exemplaren, von denen sie im Labor die DNA extrahierten.

Beim Fangen und Sammeln der Goldammer respektive der Kreuzkröte wurden die ETH-Forschenden unterstützt von Fachleuten der Vogelwarte Sempach, der Koordinationsstelle für Reptilien- und Amphibienschutz Schweiz (Karch) und Artenspezialisten aus drei verschiedene Öko-Büros.

Die Forschenden beschränkten sich auf zwei Arten

Die DNA der Organismen wurde dann mit spezialisierten Analysengeräten und Hochleistungscomputern der ETH Zürich vollständig Baustein für Baustein entschlüsselt, also sequenziert, was enorme Datenmengen generierte.

«Die genetische Information einer einzigen Zelle der Kreuzkröte würde ausgedruckt über 630’000 A4-Seiten füllen.

Das würde einen 70 Meter hohen Papierstapel ergeben», sagt Projektleiter Martin C. Fischer aus der Professur für ökologische Pflanzengenetik der ETH.

Um die heutige genetische Variabilität mit derjenigen von um 1900 zu vergleichen, untersuchten die Forschenden auch die DNA von bis zu 200 Jahre alten Belegen aus Herbarien und zoologischen Sammlungen, beschränkten sich dabei aber auf zwei Arten, den Schmetterling und das Wollgras.

Resultate des DNA-Vergleichs stehen noch aus

Diese Proben mussten sie im Reinraumlabor untersuchen, um Verunreinigungen der sehr geringen Mengen alter DNA zu vermeiden.

«DNA in solchen Museumsbelegen ist nur noch in Bruchstücken vorhanden und ähnelt der Qualität eines 10'000 Jahre alten Mammuts im Permafrost», sagt der Biodiversitätsforscher.

«Sie zu analysieren, war enorm zeit- und arbeitsaufwändig.» Die Resultate des DNA-Vergleichs stehen zurzeit noch aus.

Weitere Details können auf der Webseite der ETH Zürich eingesehen werden.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

PermafrostReptilienUmweltStudieAugeETH Zürich