Um ihre beeinträchtigte Tochter nicht fremdbetreuen zu lassen entschied sich eine Rorschacher Familie im Jahr 1951 zur Gründung einer Sonderschule.
Annelies Stössel war der Anstoss für die Gründung des HPV Rorschach
Dr. Andreas Hartmann, Präsident HPV Rorschach, gratuliert Annelies Stössel zu ihrem 80. Geburtstag - HPV Rorschach
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Wie der HPV Rorschach berichtet, war der 30. Juni 2023 ein grosser Tag für Annelies Stössel.

Sie feierte an diesem besonderen Tag ihren 80. Geburtstag und freute sich bereits seit Wochen auf ihr Geburtstagsfest.

Annelies ist die älteste Bewohnerin des Wohnheimes Dörfli des HPV Rorschach und durch ihr hohes Alter zunehmend eingeschränkter.

Ohne Annelies gäbe es den HPV Rorschach nicht

Noch vor ein paar Jahren bewegte sich Annelies selbstständig in Rorschach.

Sie liebte die OLMA und besass sogar eine Dauerkarte, verriet ihre Schwester Vreni Läuchli-Stössel.

Dr. Andreas Hartmann, Präsident des Vereins HPV Rorschach, und Marco Dörig, Geschäftsführer, überbrachten Annelies einen sommerlichen Blumenstrauss und ihre Glückwünsche.

Der Geburtstag von Annelies Stössel ist von grösserer Bedeutung für den HPV Rorschach, denn ihre Beeinträchtigung war der Anstoss zur Gründung des HPV Rorschach vor 71 Jahren.

Es gab keine speziellen Schulen für beeinträchtigte Kinder

Annelies Stössel erblickte 1943 als drittes Kind der Familie Stössel das Licht der Welt.

Ihre Beeinträchtigung führte zu Aufenthalten in der Beobachtungsstation Oberzil, St.Gallen, und in der Taubstummenanstalt, St.Gallen.

Damals gab es in der Region Rorschach, ausser einem Heim, keine auf Kinder mit besonderem Betreuungsbedarf ausgerichteten Schulen.

In den Jahren 1950 bis 1952 lebte Annelies im Sonnenhof, Arlesheim, eine anthroposophisch geführte Schule und Ausbildungsstätte.

Wunsch nach der Gründung einer Sonderschule

Die Eltern von Annelies beobachteten, wie sich ihre Tochter im Sonnenhof entwickelte, sich wohl fühlte und sichtlich Fortschritte machte.

Bei den Eltern kam verstärkt der Wunsch auf, Annelies zurück in ihre Familie zu nehmen.

Allerdings wollten sie Annelies weiterhin in guter Betreuung wissen.

Sie taten sich mit Eltern beeinträchtigter Kinder in ihrer Umgebung zusammen und trugen sich mit dem Gedanken, eine Sonderschule für Kinder mit Beeinträchtigungen in ihrer Region zu gründen.

Geburtsstunde des HPV Rorschach

Die Leitung des Arlesheimer Sonnenhof ermutigte die Mutter Thildi Stössel, eine ausgebildete Lehrerin, zur Gründung einer Sonderschule.

Sie unterrichtete die Kinder selber in ihrem Wohnzimmer in Rorschach.

Als Trägerin des Projektes gründete Thildi Stössel im Jahr 1952 zusammen mit fünfzehn Personen unter der Leitung von Schulpsychologe Ernst Bauer die Heilpädagogische Vereinigung, den Grundstein des HPV Rorschach.

HPV Rorschach entwickelte sich weiter

Die Entwicklung des HPV Rorschach geschah mit dem Heranwachsen der damals betreuten Menschen mit Beeinträchtigung.

Als junge Erwachsene erhielten sie nach ihrer Schulzeit eine für sie ausgerichtete Beschäftigung.

So wurden zehn Jahre nach der Gründung der Sonderschule die ersten Webstühle gekauft und ein kleines Werkatelier eingerichtet.

Zwanzig Jahre nach der Gründung kam eine Haushaltschule hinzu und bald eine erste geschützte Werkstatt sowie ein Wohnheim.

Hinzu kamen die Sonderschule Wiggenhof und das Ausbildungszentrum

Im Jahr 1976 wurde die Sonderschule Wiggenhof, Rorschacherberg, eingeweiht und 1987 das Atelier am Gärtnerweg in Goldach.

Knapp weitere zehn Jahre später entstanden die Wohngemeinschaften Dörfli in Rorschach und von 2005 bis 2009 das Ausbildungs- und Verwaltungszentrum sowie das Produktionszentrum im Rorschacher Gewerbegebiet an der Splügenstrasse.

Heute ist der HPV Rorschach eine Institution

Und heute, 71 Jahre nach der Gründung, ist der HPV Rorschach zu einer Institution gewachsen, welche das Leben von Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf ins Zentrum stellt.

Neben der Sonderschule, den Arbeitsplätzen sowie dem Wohnheim bietet der HPV Rorschach Ausbildungen für Jugendliche und Integrationsmassnahmen für die Wiedereingliederung an.

Rund 750 Menschen gehen heute beim HPV Rorschach ein und aus.

Ohne die Geburt von Annelies Stössel und den Mut und ihrer Eltern gäbe es keinen HPV Rorschach, der für viele Menschen – so wie für Annelies – zum Lebenszentrum geworden ist.

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