Martin Wey, Stadtpräsident von Olten, stellt sich den Fragen von Nau. Und schwärmt, trotz baldigem Amtsende, noch immer für seine Heimat, die Dreitannenstadt.
Martin Wey Stadtpräsident
Martin Wey, Stadtpräsident von Olten, in seinem Büro im Stadthaus. - Nau
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Seine Amtszeit als Stadtpräsident neigt sich für Martin Wey nach 30 Jahren im Stadthaus dem Ende zu. Eine weitere wird es nicht geben. Im Interview verrät Wey, was die grössten Herausforderungen der Stadt sind, welche Sonnen- und Schattenseiten sein Amt bringen und in welchen Ecken und Strassen er am liebsten verweilt.

Olten Martin Wey
Wunderbare Aussicht vom Sälischlössli auf die Dreitannenstadt. - Region Olten Tourismus

Das Amt als Stadtpräsident hat Wey seit 2013 inne. 1991 ist er Rechtskonsulent der Stadt Olten geworden, nach fünf Jahren Stadtschreiber. Als gelernter Anwalt und Notar betrieb er zuerst eine eigene Kanzlei, bevor Wey nach drei Amtsperioden das Zepter als Stadtoberhaupt von Ernst Zingg übernahm.

Martin Wey Stadtpräsident Olten
Wey hat das Amt des Stadtpräsidenten 2013 von Ernst Zingg übernommen. - z.V.g.

Drei Jahrzehnte, in welchen die Politik für den 59-Jährigen allgegenwärtig waren: «Meine politische Laufbahn war ein langes Prozedere mit vielen Erfahrungen und Begegnungen.»

Nau.ch: Martin Wey, weshalb legen Sie ihre Tätigkeit nach 20 Jahren im Stadtrat nieder?

Martin Wey: Politik ist spannend, aber auch fordernd. Die letzten acht Jahre haben viele schwierige Thematiken und Problematiken mit sich gebracht, bei welchen ich jeweils an vorderster Front agiert habe.

Martin Wey Olten
Vom achten Stock des Stadthauses beobachtet Martin Wey das Geschehen in und um Olten. - Region Olten Tourismus

Herausforderungen wie einen Shutdown der Stadt zu verhindern, Menschen zu entlassen, deren Stellen nicht mehr finanzierbar sind, die Stadtpolizei aufzulösen oder kulturelle Angebote zu streichen, dafür muss man robust sein. Nun macht sich eine gewisse Abnutzung bemerkbar.

Nau.ch: Was hat Ihnen geholfen, schwierige Entscheidungen zu treffen und hinter diesen zu stehen?

Martin Wey: Das Wichtigste nebenbei ist der Ausgleich. Eine unterstützende Familie und eine starke Frau waren für mich entscheidend. Ebenso aber auch der sportliche Ausgleich, ich habe Langstreckenläufe und Halbmarathons absolviert. Zu guter Letzt die Musik, das Klavierspielen zum Beispiel.

Martin Wey Olten Stadtpräsident
Martin Wey sitzt nicht nur zu Hause am Klavier, vor einigen Jahren spielte er für das Gewerbe Olten an sieben öffentlichen Standorten. - Troy Fotografie Olten

Nau.ch: Das Amt des Stadtpräsidenten bringt viele Herausforderungen, aber auch schöne Seiten. Was schätzen Sie noch heute an ihrem Amt?

Martin Wey: Als Stadtpräsident kann ich für die Menschen von Olten da sein und mich für ihre Interessen einsetzen. Ich kann etwas bewirken, auch wenn nicht alle Vorstellungen und Projekte gelingen. Man ist Gastgeber für all die Menschen, welche den Weg nach Olten finden. Das Schönste sind allerdings die zahlreichen, spannenden Begegnungen.

Nau.ch: Was macht die Stadt Olten für Sie nach all den Jahren immer noch aus?

Martin Wey: Für mich ist Olten eine Kleinstadt mit Weltformat. Wir sind überschaubar, man kennt sich, aber dennoch ist der Geist nicht kleinstädtisch. Mit unserem Stadttheater, der reichen Kulturszene, der intakten Landschaft, der Gastroszene etc. können wir fast alles bieten.

Olten Martin Wey Schützi
Olten geniesst eine ausgeprägte Kulturszene – auch im Kulturzentrum Schützi. - Region Olten Tourismus

Natürlich profitieren wir auch von unserer zentralen Lage. Zusammenhängend damit haben wir eine gute Willkommenskultur, der Olter und die Oltnerin sind weltoffen. Das bedeutet für mich Olten.

Nau.ch: Eine Kleinstadt mit Weltformat. Wie behalten Sie da den Überblick?

Martin Wey: Bei 19'000 Einwohnern kann man nicht jeden und jede mit Namen kennen, das ist klar. Man kennt die Mitarbeiter, den Kreis der Politiker. Aber auch viele Menschen, welche sich in Vereinen engagieren oder welche ich an Veranstaltungen wie am Wochenmarkt oder am EHCO-Match treffe. Ich würde behaupten, die meisten Menschen in der Stadt Olten einordnen zu können.

Schwimmbad Olten Badi
Im Sommer lockt die Oltner Badi hunderte Wasserratten in die Schützi. - Nau

Nau.ch: Wie haben Sie die Coronakrise erlebt?

Martin Wey: Wir haben eine schwierige Zeit hinter uns. Wir mussten uns im Arbeitsbetrieb neu organisieren, auch innerhalb des Stadtrates.

Was mich als Stadtpräsident tief getroffen hat, waren die Absagen jeglicher Veranstaltungen. Es ist meine Aufgabe, durch Begegnungen zu merken, wo in der Bevölkerung der Schuh drückt. Diese Kommunikation hat absolut gefehlt. Für mich persönlich eine grosse Umstellung.

Eine weitere Herausforderung sind die Reaktionen aus der Wirtschaft, von Gewerbebetreibenden wie Bars und Restaurants, aber auch Kulturschaffende. Dort leide ich mit, auch wenn wir versuchen, Hilfestellungen zu ermöglichen.

Olten Stadttheater Martin Wey
Die Türen des Stadttheaters sind momentan geschlossen. - Region Olten Tourismus

Mich beschäftigt die Frage, wie das weitergeht. Kann sich die Wirtschaft erholen, wird es Entlassungen oder gar Auflösungen von Betrieben geben? Wie stark und wann wir uns mit dieser Thematik auseinandersetzen müssen, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar.

Viel eher tangieren uns die Steuereinnahmen im kommenden Jahr. Bereits jetzt gibt es Betriebe, welche die Steuerrate nicht bezahlen können, da sie, verständlicherweise, andere Löcher stopfen müssen. Damit stellt sich die Frage, was wir 2021 realisieren können und wollen, derweil stehen wir ja kurz vor der Budgetphase.

Nau.ch: Sie befinden im Schlussspurt ihrer Amtszeit, dennoch in einer anspruchsvollen Phase. Können Sie diese Amt ohne Zögern ablegen?

Martin Wey: Das Sprichwort «servir et disparaître» bedeutet «dienen und abtreten», in diesem Sinne ist mein Dienst mit meinem Amtsende erledigt. Aber es ist klar, ich gebe bis am Schluss noch alles. Die Projekte, für welche man sich meist über längere Zeit engagiert hat, laufen immerhin weiter. Danach bleibt nur zu hoffen, dass es gut kommt.

Olten Chilbi Martin Wey
Auch die Oltner Chilbi blieb diesen August aus. - Region Olten Tourismus

Nau.ch: Für welche Projekte setzen Sie sich besonders ein?

Martin Wey: Entscheidend wichtig für mich ist das Bahnhofsprojekt, obschon das keine wahnsinnige Architektur geben wird. Dieser Bahnhofplatz ist ein Jahrhundertprojekt, welches einfach realisiert werden muss. Das komplizierte Konstrukt habe ich gemeinsam mit dem Kanton und der SBB vorangetrieben.

Das Projekt soll um 2027 realisiert werden, muss aber jetzt gepusht werden. Weiter wichtig ist mir ein gutes Ende beim Kunstmuseum an der Kirchgasse, ebenso wie das Projekt des neuen Schulhauses.

Martin Wey Olten Fasnacht
Der Ildefonsplatz wurde an der Fasnacht 2009 durch den Lichtkünstler Gerry Hofstetter erleuchtet. - Region Olten Tourismus

Es handelt sich um viele grosse Brocken, welche die Stadt Olten auch in den kommenden Jahren fordern werden. So auch der Ländiweg, Olten Südwest oder das allgemeine Thema Klimaschutz. Diese Planungen werde ich auch nach meiner Amtszeit weiterhin mit Interesse verfolgen.

Nau.ch: Ihr Lieblingsplatz in Olten?

Martin Wey: In der Stadt selbst schlendere ich am liebsten durch die Kirchgasse, trinke dort einen Kaffee oder besuche die Altstadt beim Ildefonsplatz. Ich bin aber auch gerne auf der anderen Stadtseite, wenn auch nicht so oft. Gerade der Vögeligarten und die naheliegenden Wälder bieten wunderschöne Plätze.

Nau.ch: Sie haben das Schlusswort.

Martin Wey: Wir stehen ein halbes Jahr vor den Wahlen. Dabei appelliere ich an die Menschen aus Olten, das Wohl und den Fortschritt der Stadt in den Vordergrund zu stellen. Es benötigt ein Zusammengehen aller Parteien, damit eine gute Politkultur erhalten oder gar verbessert werden kann.

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