Baschnagel Group in Olten: «Dieser Chäfer kann die Kultur nicht bremsen»

Knapp über einem Dutzend Gäste kamen am Samstag Abend im Rathskeller in Olten in den Genuss eines hochstehenden Jazzkonzerts. Auf seiner Tournee durch die Deutschschweiz spielte Drummer Pius Baschnagel mit seinem eigenen Projekt Baschnagel Group in Olten. Mit dem Projekt «50 Years Celebration» erfüllt sich Pius Baschnagel einen Geburtstagswunsch, wurde der renommierte Musiker doch unlängst 50 Jahre jung. Organisiert hatte das Konzert der Verein «Jazz in Olten». Der Anlass hätte ursprünglich in der Vario Bar stattfinden sollen, wie Präsident Benno Elmiger erklärt. Nach internen Diskussionen um die aktuelle Pandemie verlegte der Verein das Konzert in den Rathskeller (ein leicht irreführender Name, fand der Anlass doch im ersten Obergeschoss statt) und erstellte ein strenges Schutzkonzept. Konkret: Masken, Desinfektionsmittel und Angabe von Kontaktdaten waren obligatorisch. Selbst die Musiker trugen Masken, wenn sie Pause machten oder mit dem Publikum in Kontakt kamen. Für diese Tournee hat sich Pius Baschnagel vier starke Mitmusiker ins Boot geholt. Gemeinsam lassen sie Tradition und Moderne, Elektronik und Akustik ineinander übergehen. Die persönliche Handschrift jedes Einzelnen fliesst bereichernd in die variantenreichen Kompositionen des Bandleaders ein, Atmosphärenklänge wechseln sich nahtlos mit klassischem Groove und improvisatorischen Höhenflügen ab. Die zwei Sets bestehen aus jeweils drei Kompositionen, die nahtlos ineinander übergehen. Dieser Raum zwischen den einzelnen Stücken sei ihm wichtig, erklärt Baschnagel. Es wird auch bald ersichtlich warum. Es sind nämlich genau diese Zwischenräume, diese Übergänge, die den Musikern Raum für Improvisation und Überraschung bieten. Pius Baschnagel hat sich vor kurzem zwei Monate lang in Barcelona aufgehalten und dort komponiert. Dabei habe er sogar Partituren von Bach studiert, meinte er und fügte schelmisch lächelnd hinzu, dies bereits wieder vergessen zu haben. Das erste Stück des Abends hiess «2020», was wohl gerade sehr gut passt. Er freue sich, in Olten spielen zu können, meinte Baschnagel und fügte an: «Dieser Chäfer kann die Kultur nicht bremsen». Und tatsächlich: die Rhythm Section – Pius Baschnagel am Schlagzeug und Patrick Sommer am Bass – legt das Fundament auf dem Pianist Gregor Müller, René Mosele an der Basstrompete und Reto Suhner am Altosax ihre Melodien aufbauen. Die Musiker lassen sich gegenseitig stets genug Raum und kommen am Ende gemeinsam auf den Punkt. Dabei hat die Band so manche Überraschung bereit, als zum Beispiel Bassist Patrick Sommer bei seiner Komposition «Happy Kid» zur dreisaitigen marokkanischen Gimbri greift. Dieses Instrument stammt vermutlich aus Guinea, wird im 14. Jahrhundert erstmal erwähnt und ist aus der marokkanischen Volksmusik nicht mehr wegzudenken. Da die Gimbri mit Haut überzogen ist, wird sie nicht nur als Saiteninstrument, sondern auch oft als Trommel verwendet. Ein weiteres Instrument verblüfft, wohl nicht zuletzt, weil man es im Jazz nicht erwarten würde. Das Theremin fristet in der Musik wohl eher ein Nischendasein. Trotzdem dürfte der Klang vielen Zuhörern bekannt vorkommen. Es wurde nämlich oft in Sci-Fi Filmen verwendet - meistens dann, wenn Ausserirdische im Anmarsch – äxgüsi im Anflug waren. Das Theremin wurde um 1920 erfunden und ist das einzige Instrument, bei dem der Klang ohne Berührung erzeugt wird. Beim Theremin beeinflusst die elektrische Kapazität des menschlichen Körpers ein elektrisches Feld. Dabei steuert die Position der Hände gegenüber zwei Elektroden (in Form von Antennen) den Klang. Die sich ändernde Schwingung des Feldes wird verstärkt und als Ton über einen Lautsprecher ausgegeben. Das Publikum schätzt diese Spiel- und Experimentierfreude des Quintetts und spendet nach jedem Solo grosszügig Applaus. Die Band andererseits erfüllt genau das Ziel des Vereins Jazz in Olten, modernen Jazz und junge Musiker zu fördern. Der Verein tut dies seit über 30 Jahren aktiv mit Konzerten und der Mitwirkung am Festival «Swiss Diagonales Jazz», das gezielt jungen und aktuellen Schweizer Jazz fördert. Die Musiker der Baschnagel Group laufen zur Hochform auf und dürfen natürlich nicht ohne Zugabe nach Hause. Im November weilt die Band im Studio für die Aufnahmen der neuen CD, die im nächsten Jahr auf den Markt kommt. Die Baschnagel Group gastiert noch in Baden, Zürich, Schaffhausen und Aarau – es sei denn, der «Chäfer» bremst die Kultur doch noch aus.

Reto Suhner am Altosax.
Lokalmatador: René Mosele stammt aus Olten.
Pius Baschnagel hat mit Grössen wie Benny Golson, Joshua Redman, oder  Chico Freeman gespielt.
Patrick Sommer greift bei «Happy Kid zur Gimbri.
Gregor Müller spielt Piano/Rhodes und einen Synthesizer.
Reto Suhner zaubert auf der Flöte atmosphärische Klänge.
Nur wenige Besucher fanden den Weg in den Rathskeller.
Jazz in Olten zügelte kurzfristig von der Vario Bar in den Rathskeller.
René Mosele setzt Akzente mit seiner Basstrompete.
Temperament und Spielfreude, man spürt förmlich die Lust an der Musik.
Das Theremin fristet in der Musik eher ein Schattendasein.
Auch ein Xylophon kommt zum Einsatz.
Die Position der Hände gegenüber zwei Elektroden steuert den Klang.
Selbst Musiker tragen Maske; Pius Baschnagel mit Tambourine.
Gregor Müller: der Mann im Hintergrund begeistert mit seinen Pianosoli.
Nicht ohne Zugabe von der Bühne: die Baschnagel Group begeistert Jazzfans.
Das Encore mit Kontrabass und Saxophon.
Fast wie Satchmo immer mit Schweisstuch: René Mosele.
Verdienter Applaus, das Quintett spielt sich in die Herzen der Jazzfans.