Bewährte Verhaltenstipps und Hilfestellungen aus der psychologischen Praxis und Forschung können helfen, diese Situation bestmöglich zu meistern.
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Die Einschränkung der Bewegungsfreiheit und der sozialen Kontakte kann Ängste, Stress und Druck für eine Person, ein Paar oder eine Familie auslösen und zu Überforderungen sowie Konfliktsituationen führen. Dies kann letztlich in Aggression und Gewalt münden.

Bewährte Verhaltenstipps und Hilfestellungen aus der psychologischen Praxis und Forschung können helfen, diese Situation bestmöglich zu meistern. Eine Auswahl dieser hilfreichen Tipps finden Sie in diesem Artikel. Es ist aber auch richtig, sich Unterstützung zu suchen, wenn man selbst nicht mehr weiterkommt. Es ist ein Zeichen von Stärke und Verantwortungsübernahme, das Problem anzugehen.

So meistern Sie die Herausforderung besser

Halten Sie eine Tagesstruktur ein!

Struktur hilft gegen Chaos, gibt Sicherheit und stärkt in Stresssituationen. Eine Tagesstruktur ist mit einem Ritual vergleichbar: also nicht im Pyjama bleiben, sondern wie immer aufstehen, sich anziehen, die üblichen Essens-, Schlafens-, Arbeitsoder Lernzeiten einhalten. Passen Sie Ihre Tagesstruktur an die aktuelle Situation an.

Planen Sie Ihren Tag möglichst genau!

Wenn Sie eine Situation aktiv mitgestalten, reduziert sich das Gefühl einer Situation hilflos ausgeliefert zu sein.

Konsumieren Sie Medien bewusst und gezielt!

Seriöse und klare Informationen geben Orientierung und Sicherheit. Vermeiden Sie aber ununterbrochenen Medienkonsum.

Besinnen Sie sich auf Ihre inneren Ressourcen!

Ressourcen sind hierbei alles, was Sie an positiven Erfahrungen in Ihrem Leben gemacht haben, alle Probleme, die Sie schon gelöst haben, Ihre Stärken und Talente. Aktivieren und nutzen Sie diese.

Bewegen Sie sich!

Bewegung bewirkt Wunder im Kopf und wirkt sich positiv auf die Psyche aus. Sport ist auch auf engem Raum möglich: Videos im Internet liefern Anregungen und Trainingsprogramme. Jeder Muskelkater ist jetzt ein Erfolg!

Pflegen Sie Ihre sozialen Kontakte über alle Kanäle!

Verbundenheit mit der Familie oder dem Freundeskreis gibt Halt. Nutzen Sie dazu das Telefon und Videochats. Besprechen Sie, was Sie heute gefreut hat.

Starten Sie aufgeschobene oder neue «Projekte»!

Erledigen Sie kleine und grössere Arbeiten. Nutzen Sie die Zeit, um sich persönlichen Vorhaben zu widmen.

Planen Sie mindestens einen Höhepunkt pro Tag, auf den Sie sich freuen können!

Gerade in herausfordernden Zeiten ist es wichtig, sich auf eine Aktivität zu freuen, wie zum Beispiel auf ein Videotelefonat mit der besten Freundin oder dem besten Freund.

So klappt es, stressfreier mit Eltern und Kindern zu Hause zu sein

Das oberste Ziel in aussergewöhnlichen Situationen ist es, diese Zeit möglichst stressfrei zu bewältigen. Die Erziehung der Kinder sollte in dieser Zeit nicht im Vordergrund stehen.

• Erklären Sie Ihrem Kind in altersgerechten Worten die aktuelle Situation.

• Halten Sie die gewohnte Tagesstruktur ein und planen Sie Lern- und Freizeiten.

• Definieren Sie abgegrenzte Stunden, in denen sich alle alleine beschäftigen.

• Machen Sie gemeinsame Aktivitäten.

• Ermöglichen Sie Rückzugsmöglichkeiten, um Konflikte zu verhindern oder zu reduzieren.

• Ermöglichen Sie Ihrem Kind körperliche Betätigung im Rahmen der Möglichkeiten.

• Planen Sie gemeinsam, wie die gewonnene Zeit bestmöglich genutzt werden kann.

• Limitieren Sie gemeinsam die Bildschirmzeiten für Fernsehen, Handy oder Computer.

• Akzeptieren Sie, wenn Ihr Kind anhänglicher ist als sonst, und kommen Sie diesem Bedürfnis Ihres Kindes nach. Es braucht gerade jetzt Sicherheit und Geborgenheit.

• Sehen Sie möglichst von Strafen ab. Versuchen Sie, Ihr Kind durch Lob zu bestärken und zu erwünschtem Verhalten zu motivieren.

So gehen Sie gut mit Ängsten und Sorgen um

Aussergewöhnliche Situationen können teilweise starke Ängste und Sorgen auslösen. Mit diesen Tipps können Sie besser damit umgehen.

Grenzen Sie sich von Negativität und Panikmachern ab!

Reduzieren Sie Ihren Medienkonsum in Bezug auf das Coronavirus. Immer wieder mit bestimmten Bildern und Schilderungen konfrontiert zu werden, ist belastend. Verzichten Sie auch darauf, ständig SMS, E-Mails, WhatsApp-Nachrichten darüber zu lesen oder Videos dazu zu sehen.

Nehmen Sie Ihre Gefühle wahr und ernst!

Wenn Sie «zu viele» Gefühle in sich haben oder gar bestimmte Gefühle, wie zum Beispiel Angst verdrängen, kann es sein, dass Sie plötzlich von ihnen «überschwemmt» werden. Nehmen Sie sich darum regelmässig Zeit, um wahrzunehmen und auszudrücken, was Sie fühlen. Manche Menschen schreiben ihre Gefühle gerne nieder oder werden kreativ, indem sie malen, musizieren oder meditieren.

Sprechen Sie über Ihre Gefühle und Gedanken!

Es ist wichtig, über unangenehme oder gar angstmachende Gefühle und Gedanken zu sprechen. Menschen, die sich jemandem anvertraut haben, berichten, dass es ihnen danach besser gegangen ist.

Sprechen Sie also mit einer hilfreichen Bezugsperson. Sollte diese im näheren Umfeld nicht vorhanden sein, oder sollten Sie starke Ängste oder lebensmüde Gedanken haben, kontaktieren Sie eine Ansprechstelle.

Gehen Sie achtsam mit Alkohol um!

Alkohol tarnt sich als vermeintlich guter Freund, um Frust, Sorgen und Ängste in den Griff zu bekommen. In Wahrheit hat der Alkohol aber Sie im Griff.

Zu viel Alkohol und Aggression kommen oft zusammen vor. Überlegen Sie zum Beispiel mit einer hilfreichen Bezugsperson oder einer Fachperson, was Ihnen im Umgang mit Sorgen wirklich hilft.

Begrenzen Sie das Grübeln!

Grübeln ist eine unserer Strategien im Umgang mit Stresssituationen. Ein Zuviel ist jedoch kontraproduktiv, da es Stress verursacht («Endlosschleife im Kopf»). Überlegen Sie sich vorab, wie Sie sich bei der nächsten Grübelattacke ablenken können, zum Beispiel indem Sie Musik hören oder lesen.

Fokussieren Sie sich auf Positives und nutzen Sie Ihren Humor!

Der Fokus auf positive Inhalte beruhigt und stabilisiert. Gerade in belastenden Zeiten ist es besonders wichtig, Humor als Ressource zu nutzen. Lachen reduziert Stress, stärkt das Immunsystem, setzt Glückshormone frei und verbindet mit den Mitmenschen.

Es macht entspannter und kreativer. Schmunzeln und lachen Sie über Kleines und Grosses.

Führen Sie einfache Entspannungsübungen durch!

Angst und Entspannung kann nicht gleichzeitig passieren. Wenn Sie Entspannungsübungen machen, reduzieren Sie also Ihre Angst. Im Internet finden Sie hierfür viele Anleitungen.

Denken Sie daran, die Situation wird vorübergehen!

Gedanken wie «Ich will nicht zu Hause sein» lösen negative Gefühle aus. Akzeptieren Sie die aktuelle Situation im Wissen darum, dass diese Zeit vorübergehen wird. Machen Sie das Beste daraus. Planen Sie Aktivitäten, die Sie nach dem Überstehen der Situation ausführen möchten.

So reduzieren Sie Konflikte und Streitereien

In engen räumlichen Verhältnissen entsteht sogenannter Dichtestress. Auch durch die ungewohnt viele gemeinsame Zeit können Konflikte oder Streit in der Partnerschaft und im Familienleben entstehen.

• Vermeiden Sie zu (ver-)urteilen. Seien Sie nachsichtiger als sonst, sich selbst und den andern gegenüber. Es ist für alle eine Herausforderung.

• Geben Sie sich gegenseitig Zeit zum Alleinsein. In dieser Zeitspanne darf der andere nicht gestört werden.

• Ermöglichen Sie allen Familienmitgliedern auch spontane Rückzugsmöglichkeiten.

• Machen Sie eine tägliche Familienkonferenz: Wie geht es Jedem und Jeder, wer braucht was, welche Ideen und Wünsche haben die Einzelnen?

• Sprechen Sie Ärger an, noch bevor die Situation eskaliert.

• Bleiben Sie beim Ansprechen bei sich und Ihren Gefühlen. Kritisieren Sie konkretes Verhalten, nicht die ganze Person. Sagen Sie zum Beispiel statt «Du bist unordentlich» besser «Ich fühle mich zu Hause nicht so wohl, wenn überall Sachen rumliegen».

• Formulieren Sie Lösungsvorschläge. Achten Sie dabei auch auf die Bedürfnisse des Gegenübers.

• Akzeptieren Sie, dass es vielleicht für den Moment keine perfekte Lösung gibt.

• Nutzen Sie Bewegung und frische Luft, um den Kopf freizubekommen.

• Holen Sie sich Unterstützung von Dritten, wenn Sie sich im Kreis drehen.

So verhindern oder beenden Sie Gewalt

Steuern Sie einer Eskalation der Situation aktiv und bewusst entgegen. Holen Sie im Notfall für sich selbst oder andere rechtzeitig Unterstützung.

Erkennen und benennen Sie Gewalt. Auch bei sich selbst!

Gewalt hat viele Formen: Schlagen, Anschreien, Abwerten, längeres Ignorieren. Seien Sie sich selbst gegenüber ehrlich, wenn Sie merken, dass Sie überfordert sind und aggressiv werden.

Die Verantwortung für gewaltfreies Handeln tragen Sie!

Negative Emotionen, Anspannung und Aggressionen kennen alle Menschen. Diese starken Gefühle sind kein Grund und keine Entschuldigung, Gewalt auszuüben. Es liegt in Ihrer Verantwortung, gewaltfrei zu handeln.

Kommunizieren Sie!

Teilen Sie mit, dass Sie jetzt Abstand benötigen und das Gespräch später fortsetzen wollen.

Verlassen Sie die Situation!

Gehen Sie in ein anderes Zimmer. Atmen Sie tief durch.

Telefonieren Sie zur eigenen Entlastung!

Telefonieren Sie mit einem Freund oder einer Freundin. Wenden Sie sich an eine Beratungsstelle.

Wenn Gewalt passiert: Reden Sie!

Wenn Sie bemerken, dass andere Erwachsene zu Hause gewalttätig werden – gerade gegen Kinder oder Jugendliche – reden Sie mit ihnen. Vielleicht sind Sie in dieser Situation die einzige Person, die den Schutz des Kindes jetzt herstellen kann. Bringen Sie sich jedoch selber nicht in Gefahr, sondern rufen Sie im Notfall die Polizei (Telefon 117).

Holen Sie sich Hilfe, wenn Sie selbst von Gewalt betroffen sind!

Dasselbe gilt natürlich, wenn Sie selbst von Gewalt betroffen sind: Hier ist wichtig, dass Sie nicht allein bleiben. Sie sind auch nicht allein, selbst wenn es gerade in einer Isolationssituation so erscheint.

Holen Sie Hilfe: bei Freunden, Nachbarn oder Beratungsstellen. Tragen Sie Ihr aufgeladenes Handy immer bei sich. Rufen Sie unbedingt die Polizei (Telefon 117), wenn Sie bedroht oder geschlagen werden!

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