Mit offenem Brief hat die FDP Wattwil vom Gemeinderat gefordert, den Kauf der Spitalliegenschaft zu prüfen.
Spital Wattwil
Das Spital Wattwil. - Keystone
Ad

Ausgangspunkt dafür ist die vorbestehende, vertraglich verbriefte Rückübertragungsverpflichtung des Kantons, die in dessen Umnutzungsplänen ignoriert wird. Die Spitalanlagegesellschaft der Spitalregion Fürstenland-Toggenburg (SRFT) bestreitet das Vorkaufsrecht und versteckt sich hinter einem Verwirrspiel um «Kompetenzen».

Am 2. Dezember 2020 hat der Kantonsrat den «Nachtrag zum Kantonsratsbeschluss über die Erneuerung und Erweiterung des Spitals Wattwil» verabschiedet – und damit die Schliessung des Spitals Wattwil. Dieses wurde erst gerade um einen Neubau für 63 Mio. Fr. erweitert, wie von der St.Galler Stimmbevölkerung 2014 beschlossen.

Wenn nicht die Stimmberechtigten am 13. Juni an der Urne Nein zu Nachtrag und Schliessung sagen, soll die Spitalimmobilie trotz einem deutlich höheren Substanzwert und ohne Bieterverfahren für 10 Mio. Fr. an den Immobilieninvestor und Pflegeheimbetreiber Solviva verkauft werden.

Im Abtretungsvertrag vom Dezember 2002, mit dem die Gemeinde Wattwil die Spitalliegenschaft kostenlos dem Kanton übergab, ist dieser eine obligatorische Verpflichtung zur Rückübertragung der Liegenschaft eingegangen für den Fall, dass darin kein somatisches Akutspital mehr betrieben wird. Dieses Vorkaufsrecht wird in den Umnutzungsplänen des Kantons ignoriert.

Vertraglich verbrieftes Vorkaufsrecht

Die FDP Wattwil forderte deshalb Ende Januar in einem offenen Brief vom Gemeinderat, den Kauf der Spitalliegenschaft zu prüfen. In seiner Antwort an die FDP bestätigt der Gemeinderat: «Der Rechtsanspruch der Gemeinde ist vertraglich verbrieft. Im Wissen darum hat der Rat die Prüfung der Rückübertragungsverpflichtung durch einen Rechtsexperten veranlasst.

Auf der Basis dieser Prüfung hat er die Option Ende Januar 2021 schriftlich aktiviert. Damit hat der Gemeinderat die vertraglich definierte Frist für die Anmeldung der obligatorischen Rückübertragungsverpflichtung des Kantons nach dem Schliessungsentscheid eingehalten, und es ist sichergestellt, dass der Anspruch nicht verfällt.»

Zahlreiche offene Fragen

Wie für die FDP Wattwil ist es für den Gemeinderat ein zentrales Anliegen, die Liegenschaft des Spitals Wattwil der Spekulation zu entziehen. «Das Grundstück mit rund 1.9 ha bildet die letzte grosse zentrumsnahe Fläche für öffentliche Nutzungen in Wattwil und hat damit strategische Bedeutung.

Zudem war die Spitalliegenschaft bis zur Übertragung an den Kanton vor 20 Jahren rund 110 Jahre im Besitz der Gemeinde», betont Gemeindepräsident Alois Gunzenreiner. «Bis sie allenfalls tatsächlich an die Gemeinde Wattwil zurückfällt, müssten allerdings die involvierten Parteien zuerst überhaupt bereit sein, in Verhandlungen zu treten. Zudem sind zahlreiche offene Fragen zu klären, und es braucht für einen Erwerb eine kommunale Volksabstimmung.» Eine seriöse Prüfung, Klärung und Verhandlung der offenen Fragen und ihrer Auswirkungen war bislang nicht möglich.

Irritierende Verzögerungstaktik

Auf das Schreiben des Gemeinderates von Ende Januar antwortete der Verwaltungsrat der als zuständig definierten Spitalanlagegesellschaft der SRFT mit der Auffassung, die Gemeinde könne die Rückübertragung nicht geltend machen. Auf die darauffolgende Aufforderung hin, Recht und Demokratie zu achten, beschied er dem Gemeinderat nun, die Regierung werde ihm antworten.

«Dass die Zuständigkeiten zwischen den Spitalverbunden und der Regierung nicht geklärt sein sollen, ist irritierend», stellt Alois Gunzenreiner fest. «Für den Gemeinderat steht nach Treu und Glauben fest: Regierung und Spitalanlagegesellschaft haben auf die Rückübertragungsverpflichtung einzugehen.»

Rechtsweg nicht auszuschliessen

Angesichts der geschilderten Entwicklung hat der Gemeinderat beschlossen, sich alle Mittel vorzubehalten, um den Anspruch der Gemeinde zu verteidigen. Zugleich hat er Regierungspräsident Bruno Damann zum Gespräch eingeladen. «Dann werden wir ihn auch an die Versprechen erinnern, die bei der Behandlung der Spitalstrategie im Kantonsrat abgegeben wurden und deren Einlösung bis heute nicht ersichtlich ist», ergänzt Alois Gunzenreiner.

Offene Versprechungen

Der neue Betrieb, der in Wattwil entstehe, werde die ambulante medizinische Versorgung verbessern, keine Konkurrenz zu den bestehenden Pflege-Angeboten bringen und mindestens gleich viele Arbeitsplätze schaffen, wie sie das Spital hatte. So lauteten die Versprechen bei der Beratung der Spitalstrategie im Kantonsrat für den Standort Wattwil.

Der Gemeinderat Wattwil kann bis heute keine entsprechenden Ergebnisse erkennen und befürchtet, dass die drei Versprechen nicht eingehalten werden:

– Die zukünftige, ambulant-medizinische Versorgung beruht auf den bereits heute vorhandenen Leistungserbringern und Praxen, hier ist kein Ausbau in Sicht. Das kantonsweit angedachte Modell der Gesundheits- und Notfallzentren (GNZ) für die von einer Schliessung betroffenen Standorte ist bereits überholt.

In Flawil wird es kein solches GNZ geben, in Rorschach und Altstätten in anderer Konstellation – und allgemein soll die Finanzierung nicht langfristig sichergestellt werden.

– Die Abgrenzung zu den bereits ausreichend bestehenden Pflegeangeboten ist nach wie vor ungeklärt. Vielmehr wird nun eine ausserordentliche Finanzierungsregelung für die Solviva angestrebt.

– Auch die Ankündigung der mindestens gleichen Anzahl Arbeitsplätze ist Makulatur, denn die Umnutzungspläne gehen von nicht einmal der Hälfte des Spitalbetriebes aus.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

VerwaltungsratRegierungFDPSRF