

Hochwassergefahr im Flawiler Dorfzentrum wird deutlich entschärft

Flawil ist ein Dorf mit vielen Bächen. Die Häufung von Starkniederschlägen und wiederkehrenden Überschwemmungen veranlassten den Gemeinderat bereits 1994, ein Bachkonzept ausarbeiten zu lassen. Nachdem die Bürgerschaft vor wenigen Jahren Wasserbauprojekte im westlichen Gemeindegebiet genehmigt hat, sind nun die Bäche im Zentrum an der Reihe. Die Sanierung erfolgt im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten, aufgeteilt nach Losen.
Lose 1 bis 5
Bei Los 1 handelt es sich um den von der Bürgerschaft im Jahr 2017 genehmigten Doppelstockkanal Töbeli. Die Arbeiten werden derzeit ausgeführt und im Jahr 2021 abgeschlossen.
Das geplante Los 2 umfasst die Verlängerung des Entwässerungssystems Töbeli bis zur Gupfengasse mit Durchlassbauwerk in der Kantonsstrasse. Die Nettoinvestitionskosten von 445'000 Franken wurden durch die Bürgerschaft an der Bürgerversammlung vom 27. November 2018 genehmigt. Die Umsetzung ist 2021 vorgesehen.
Das Los 3 sieht eine Sohlenabsenkung im Bereich zwischen dem alten Feuerwehrdepot und der Gupfengasse vor. Los 4 umfasst den Abschnitt des Dorfbachs vom Durchlass im Bereich der Magdenauerstrasse bis zum alten Feuerwehrdepot. Der Dorfbach soll im Bereich des Marktplatzes offengelegt und an der Stelle des alten Feuerwehrdepots mit dem Tüfibach zusammengeführt werden.
Los 5 schliesslich betrifft den Tüfibach, welcher vom Büelwisweg bis zur Schweissbrunnstrasse im heutigen Bachverlauf geführt wird. Von dort soll der Bach neu über die Bad- und Magdenauerstrasse zum Marktplatz verlaufen. Im Bereich des Marktplatzes ist die Offenlegung des Tüfibachs vorgesehen. Die Lose 3, 4 und 5 sind Bestandteil des vorliegenden Hochwasserschutzprojekts.
Mehrere Entwicklungsschritte
Über die vergangenen Jahre sind bei den Projekten rund um den Dorfbach und den Tüfibach verschiedene Lösungen geprüft worden. Mit dem Vorliegen der Naturgefahrenanalyse im Jahr 2013 zeigten sich zudem Defizite und Gefährdungen, welche auf den «unscheinbaren» Tüfibach zurückzuführen sind.
Mit der Neuführung des Dorfbachs im Rahmen des Projekts «Sanierung Entwässerungssystem Töbeli» wurden die verschiedenen Abklärungen und Überlegungen zum Tüfibach über ein umfassendes Variantenstudium im Jahr 2013 aufgearbeitet und dokumentiert. Das kantonale Tiefbauamt hat Ende 2013 mitgeteilt, dass eine Offenlegung der Gewässer im Bereich des Marktplatzes anzustreben sei.
Abgestimmt auf die Neugestaltung des Marktplatzes ist das Hochwasserschutzprojekt für den gesamten Tüfibach und den Teil des Dorfbachs zwischen Magdenauerstrasse und Gupfengasse erarbeitet worden. Im Jahr 2019 erfolgte eine erste Vorprüfung des Projekts durch den Kanton. Eine weitere im Frühjahr 2020. Die kantonale Beurteilung zeigt, dass die zuständigen kantonalen Stellen und der Bund das Hochwasserschutzprojekt begrüssen.
Höhere Kosten bei alter Linienführung
Bei Los 5 – mit der Offenlegung des Tüfibachs beim Marktplatz – prüfte der Gemeinderat optional die technische Machbarkeit der Linienführung gemäss heutigem Verlauf zwischen der Schweissbrunnstrasse und dem Dorfbach. Aus technischer Sicht wird diese Variante als realisierbar und genehmigungsfähig beurteilt.
Die Kosten liegen im Vergleich zu einer Linienführung über den Marktplatz jedoch um 527'000 Franken höher. Die tieferen Subventionsbeiträge des Kantons vermögen die erwarteten höheren Perimeterbeiträge der Anstösser nicht auszugleichen, weshalb die Kosten zulasten der Gemeinde bei einer Sanierung der alten Linienführung netto über 700'000 Franken höher ausfallen. Unter Berücksichtigung der Mehrkosten und des gestalterischen Mehrwerts unterbreitet der Gemeinderat der Bevölkerung die neue Linienführung über den Marktplatz.
Mehrwert der Offenlegung
Der Gemeinderat sieht in der Offenlegung des Tüfibachs im Bereich des Marktplatzes aus verschiedenen Gründen einen Mehrwert. Die offene Bachsohle ermöglicht einerseits eine gewisse Dynamik des Wasserlaufs sowie den naturnahen und standortgerechten Bewuchs von Sohle und Mauerritzen und schafft dadurch einen Beitrag zur Biodiversität. Mit der offenen Bachführung über den Marktplatz gelingt es aber auch, dem Ort eine Stimmung zu geben und die Neugestaltung des Marktplatzes in gestalterischer Sicht zu unterstützen.
Auch wenn das Hochwasserschutzprojekt im Kontext zur Neugestaltung des Marktplatzes steht, wurde darauf geachtet, dass sich die beiden Projekte unabhängig voneinander realisieren lassen. Im Weiteren bietet die Offenlegung der Gewässer einen besseren Hochwasserschutz als die Eindolung der Bäche. Die gesamte Projekt eröffnet die Möglichkeit, das Gewässer als Teil des natürlichen Lebensraums aufzuwerten.
Entschärfte Gefährdungssituation im Siedlungsgebiet
Spätestens mit der öffentlichen Auflage muss die Naturgefahrenkarte nach Ausführung der Massnahmen vorliegen, damit sich die Bevölkerung ein Bild über die Auswirkungen des Projekts machen kann. Der Rat hat diese im August 2020 erstellen lassen. Sie zeigt auf, dass die Massnahmen den notwendigen Hochwasserschutz sicherstellen.
So führt das Auflageprojekt Tüfibach zu einer deutlich entschärften Gefährdungssituation im Siedlungsgebiet. Bis auf den Oberlauf, wo hauptsächlich unbebautes Landwirtschaftsgebiet tangiert ist, vermag das Gerinne den anfallenden Abfluss bei einem Hochwasserereignis zu bewältigen.
Finanzielles
Die Gesamtkosten des Hochwasserschutzprojekts Dorf- und Tüfibach belaufen sich auf 9,861 Millionen Franken. Da das vorliegende Projekt alle Voraussetzungen erfüllt, werden von Bund und Kanton hohe Beiträge in Aussicht gestellt. Es wird davon ausgegangen, dass von den beitragsberechtigten Kosten der Bund 39 Prozent und der Kanton St.Gallen 30 Prozent übernimmt.
Die Eigentümerinnen und Eigentümer der betroffenen Grundstücke, Bauten und Anlagen leisten an die Kosten von Bau und Unterhalt der Gemeindegewässer Perimeterbeiträge. Die provisorische Kostenberechnung geht davon aus, dass von den beitragsberechtigten Kosten rund 683'000 Franken an Perimeterbeiträgen erhoben werden können.
Nach Abzug von Bundes-, Kantons- und Perimeterbeiträgen verbleiben der Gemeinde Flawil voraussichtliche Nettokosten von 3,68 Millionen Franken. Weil zum Zeitpunkt der Urnenabstimmung noch keine definitiven Zusicherungen von Bund und Kanton vorliegen, bedarf es der Genehmigung des Bruttokredits von 9,861 Millionen Franken durch die Bürgerschaft.
Was passiert bei einer Ablehnung?
Sollte die Abstimmungsvorlage von der Bevölkerung abgelehnt werden, würde ein Handlungsbedarf beim Tüfibach bestehen bleiben. Aufgrund des vorherrschenden Hochwasserschutzdefizits für das Siedlungsgebiet von Flawil und im Hinblick auf die gesetzlich geforderte Festlegung des Gewässerraums müsste die Ausbauvariante auf der heutigen Linienführung (Schweissbrunnstrasse/Dorfbach) weiterverfolgt werden.
Ergänzende Unterlagen
Wer sich zusätzlich informieren will, findet ergänzende Unterlagen wie Abstimmungsgutachten (Vorabzug), Technischer Bericht, Kostenvoranschlag, Detailpläne oder die Naturgefahrenkarte nach Massnahmen auf www.flawil.ch unter der Rubrik «Aktuelles → Projekte» oder kann diese bei der Ratskanzlei, Telefon 071 394 17 60, beziehen.
Gemeinderat empfiehlt ein Ja
Hochwasser kann einen Grossteil der Bevölkerung betreffen. Gewitter mit grosser punktueller Regenmenge haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Gemeinden sind bemüht, das Gefahren- und Schadenpotenzial zu vermindern.
Bereits im Jahr 2012 hat der Kanton St.Gallen die Gemeinde Flawil verpflichtet, ein Hochwasserschutzprojekt für den Tüfibach zu erstellen. In enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Wasser und Energie des Kantons St.Gallen wurde ein Hochwasserschutzprojekt erarbeitet, das durch die kantonalen Stellen vorgeprüft und begrüsst wurde. Das Projekt erfüllt alle gesetzlichen und wasserbautechnischen Voraussetzungen, sodass Bund und Kanton hohe Beiträge in Aussicht stellen.
Mit dem vorliegenden Hochwasserschutzprojekt kann für einen grossen Teil des Flawiler Dorfzentrums die Hochwassergefahr gebannt werden. Der Gemeinderat beantragt deshalb den Stimmberechtigten, für das Hochwasserschutzprojekt Dorf- und Tüfibach einem Bruttokredit von 9,861 Millionen Franken zuzustimmen.