

Neue Pflanzengesundheitsrecht

Ab dem 1. Januar 2020 gilt in der Schweiz ein neues Pflanzengesundheitsrecht. Mit strengeren Vorschriften und einer Stärkung der Präventionsmassnahmen wird der Schutz von Pflanzen vor besonders gefährlichen Schadorganismen gestärkt.
Das pflanzengesundheitliche Recht wurde zudem modernisiert, gleichzeitig ist es aber auch komplexer geworden.
Warum ist die Pflanzengesundheit derart wichtig?
Pflanzen bilden die Grundlage unserer Nahrungskette, denn ohne den Anbau von Pflanzen gäbe es weder Nahrung für uns Menschen noch Futter für Tiere. Pflanzen sind zudem ein zentraler Bestandteil der Umwelt, in der wir leben, und umgeben uns in unserem Alltag. Deshalb können Ausbrüche von Pflanzenkrankheiten und -schädlingen katastrophale Auswirkungen auf unsere Lebensqualität und die Wirtschaft haben.
Besonders gefährliche Schadorganismen können die Lebensgrundlage von in der Landwirtschaft und gartenbaulichen Produktion tätigen Betrieben bedrohen und wirken sich negativ auf die Qualität und Preise unserer Nahrungsmittel sowie auf den Zustand und die Funktion unserer Wälder und Parks aus. Zerstörerische Schadorganismen von Pflanzen können in verschiedensten Formen wie beispielsweise Bakterien, Pilze, Viren oder als Insekten auftreten.
Zum Beispiel hat der Feuerbrand (Erwinia amylovora) dem Obstbau in der Schweiz in den letzten 30 Jahren grossen Schaden zugefügt. Für den Wald stellten in den vergangenen Jahren insbesondere Ausbrüche des Asiatischen Laubholzbockkäfers (Anoplophora glabripennis) eine grosse Gefahr dar.
In den kommenden Jahren könnte die Einschleppung und Verbreitung von neuen, besonders gefährlichen Schadorganismen – wie beispielsweise des Bakteriums Xylella fastidiosa, des Japankäfers (Popillia japonica) oder des Kiefernholznematoden (Bursaphelenchus xylophilus) – zu schwerwiegenden wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen führen. Deshalb ist es wichtig, möglichst schnell wirkungsvolle Massnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass solche Schadorganismen in die Schweiz gelangen, oder sie sofort zu vernichten, sobald sie hierzulande entdeckt werden.
Wozu dienen die neuen Vorschriften?
In der Schweiz wie generell in Europa treten Organismen, welche die Pflanzengesundheit bedrohen, vermehrt auf. Gründe dafür sind insbesondere der zunehmende internationale Handel und der Klimawandel.
Mit dem neuen Pflanzengesundheitsrecht wird die nötige Rechtsgrundlage geschaffen, um mit gezielteren Massnahmen und zusätzlichen Instrumenten die Einschleppung, Ansiedelung und Verbreitung von besonders gefährlichen Schadorganismen besser zu vermeiden. Mit den neuen Vorschriften wird vermehrt das Vorsorgeprinzip angewendet: Es sollen mehr Ressourcen in einem frühen Stadium eingesetzt werden, um späteren Schäden in der Landwirtschaft und im produzierenden Gartenbau oder Beeinträchtigungen der Waldfunktionen durch besonders gefährliche Schadorganismen vorzubeugen.
In der Europäischen Union (EU) ist bereits Ende 2016 eine neue Pflanzengesundheitsverordnung in Kraft getreten, welche ab dem 14. Dezember 2019 zur Anwendung kommt. Die Verordnung ist das Resultat einer umfassenden und mehrjährigen Überarbeitung und Modernisierung des europäischen Rechts im Bereich Pflanzengesundheit und trägt den oben erwähnten Veränderungen Rechnung.
Aufgrund des bilateralen Agrarabkommens zwischen der Schweiz und der EU muss die Gleichwertigkeit der phytosanitären Bestimmungen erhalten werden. Nur dann ist der freie Warenverkehr mit der EU gewährleistet.
Um die Schweiz besser vor besonders gefährlichen Schadorganismen zu schützen und die Gleichwertigkeit des phytosanitären Rechts zu sichern, wird das bestehende Pflanzengesundheitsrecht gegenwärtig total revidiert.
Was sind die wichtigsten Änderungen?
- Ausweitung der Pflanzenpasspflicht und Anpassung des Systems und Formates des Pflanzenpasses: Die Pflanzenpasspflicht wird ab 2020 für sämtliche zum Anpflanzen bestimmten Pflanzen gelten. Das System und das Format des amtlichen Handelsdokumentes werden vereinfacht und harmonisiert.
Der Pflanzenpass wird neu in jedem Fall eine Etikette mit einheitlichem Inhalt sein, die von den dafür zugelassenen Betrieben an jeder Handelseinheit angebracht werden muss. Diese Neuerungen führen insbesondere zu einer besseren Sichtbarkeit und Wiedererkennung des Pflanzenpasses und verbesserten Rückverfolgbarkeit des Pflanzenmaterials. Sie sind zudem eine Voraussetzung für den freien Warenverkehr mit der EU.
- Stärkung der Eigenverantwortung: Die im Rahmen des Pflanzenpasses zugelassenen Betriebe müssen künftig ihre Eigenverantwortung vermehrt wahrnehmen. Sie müssen unter anderem regelmässig den Gesundheitszustand ihrer Waren prüfen und dazu über die notwendigen Kenntnisse verfügen, um Anzeichen und Symptome von geregelten Schadorganismen zu erkennen.
Die Frequenz der amtlichen Kontrollen eines zugelassenen Betriebes hängt zukünftig davon ab, wie gross das von ihm ausgehende phytosanitäre Risiko (u. a. aufgrund der Waren, mit denen er umgeht) ist und wie er Präventionsmassnahmen umsetzt. Im Bereich Verpackungsmaterial aus Holz (nach ISPM Nr. 15) wird die Eigenverantwortung der Betriebe ebenfalls gefördert.
- Erhöhte Anforderungen an die Einfuhr aus Drittländern: Die Einfuhr von lebendem Pflanzenmaterial (Pflanzen, Früchte, Gemüse, Schnittblumen, Samen etc.) aus Drittländern wird grundsätzlich nur noch mit einem Pflanzengesundheitszeugnis erlaubt sein. Dies gilt auch im Reiseverkehr.
Für Waren, von denen ein erhöhtes phytosanitäres Risiko ausgeht oder deren Risiko für die Einschleppung von besonders gefährlichen Schadorganismen noch unbekannt ist, gelten für die Einfuhr aus Drittländern ab 2020 erhöhte Voraussetzungen bzw. ein temporäres Importverbot.