Das Museum Tinguely in Basel widmet die jüngste Ausstellung seiner Reihe zu den menschlichen Sinnen in den Künsten dem Geschmack.
Museum Tinguely
Kunst zum Reinbeissen: «Goosebump» von Elisabeth Willing. - sda - Courtesy of the artist and Tolarno Galleries Melbourne ©Elizabeth Willing and Tolarno Galleries Melbourne

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Museum Tinguely in Basel kann Kunst nun gekostet werden.
  • Die jüngste Ausstellung widmet sich voll und ganz den menschlichen Geschmackssinnen.
  • Die rund 120 Werke stammen von 45 verschiedenen Künstlerinnen und Künstler.
Ad

Jahrhundert gemalten Früchte wirken so realistisch, dass einem als Betrachter das Wasser im Mund zusammenfliesst. Das passiert ein paar Säle weiter bei der 2001 entstandene Arbeit von Sam Taylor-Johnson ganz bestimmt nicht: Im Video «Still Life» ist in Zeitraffer zu sehen, wie Früchte in einem Korb von Schimmelwolken überdeckt werden und schliesslich zur grau-braunen Masse zerfallen.

Wie schmeckt Kunst?

Die Ausstellung «Amuse-bouche. Der Geschmack der Kunst» geht der Frage nach, wie sich die bildende Kunst mit dem Geschmackssinn auseinandersetzt und in ein paar Beispielen auch ganz direkt damit, wie Kunst schmeckt. Sie tut dies mit rund 120 Werken von gut 45 Künstlerinnen und Künstlern von der Barockzeit bis zur Gegenwart - darunter so berühmte Namen wie Andy Warhol und Joseph Beuys, aber auch weniger bekannte zeitgenössische Positionen.

So vielfältig wie die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler sind auch die benutzten Medien: Die Palette reicht von Ölbildern und Zeichnungen über Fotografie, Konzeptkunst und Video bis zu Installationen und Performances. Zu sehen und auch zu kosten sind witzige, sperrige, politische, experimentelle und auch etwas gruselige Werke, von denen viele überraschende und vor allem durchs Band sinnliche Erlebnisse vermitteln.

Hervorspringende Zungen und Muttermilch-Butter

Für einen Schreckmoment sorgt zum Beispiel die Arbeit «Noisette» von Urs Fischer: Nähert man sich einem kleinen Loch in der Wand, schnellt plötzlich eine Zunge heraus. Im gleichen Raum hat die Schweizer Künstlerin Alexandra Meyer als Element ihrer dreiteiligen multimedialen Arbeit «Butter» aus einem Gemisch von Kuh- und Muttermilch einen unförmigen Butterklumpen gefertigt.

Tinguely
Im Museum Tinguely wird für einmal keine herkömmliche Butter präsentiert. - Keystone

In einem anderem Saal lädt eine riesige Wand mit zahlreichen kleinen, in Reih und Glied angeordneten Halbkügelchen zum Reinbeissen ein: Die Ausstülpungen in der Arbeit «Goosebump» von Elisabeth Willing entpuppen sich nämlich als kleine Lebküchlein. Durch den Mundeinsatz der Ausstellungsbesucher verändert sich das Werk, das Bezug nimmt zum Lebkuchenhaus im Märchen «Hänsel und Gretel», stetig.

Verschimmelte Materialien und vollendete Mahlzeiten

Überraschungsmomente wie diese gibt es zuhauf zu erleben. Daneben sind aber auch Positionen zu sehen, die sich für eine Ausstellung zum Geschmackssinn geradezu aufdrängen: Andy Warhols Campbell's-Suppendosen-Serie zum Beispiel oder Daniel Spoerris Fallenbilder, das sind als dreidimensionale Bilder festgehaltene beziehungsweise befestigte Überreste einer vollendeten Mahlzeit.

schimmel
Auch ein grosses Schimmelbild wird präsentiert. - Keystone

Natürlich darf auch Dieter Roths subversives Spiel mit verderbenden Lebensmitteln nicht fehlen, etwa in seinem «Grossen Schimmelbild», ein bildhaftes Auffangbecken für verschiedene verschimmelte Materialien. Und auch Joseph Beuys ist mit mehreren Werken vertreten, etwa mit der Arbeit «Ich kenne kein Weekend», in der er eine ordinäre Maggi-Gewürzflasche Immanuel Kants Hauptwerk «Kritik der reinen Vernunft» gegenüberstellt.

Das Museum Tinguely verbindet die Ausstellung, die vom 19. Februar bis 17. Mai dauert, mit einer reichhaltigen Reihe an Veranstaltungen. Darunter interaktive Führungen, viele Kunstperformances, Talks und einen «Wurst-Event» mit dem eigenwilligen Schweizer Sternekoch Stefan Wiesner.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

WasserFotografieUrs FischerKunst