Wie die Gemeinde Baar bekannt gibt, soll die «Verfassung» der Gemeinde überarbeitet werden. Bis Ende April 2022 läuft die Vernehmlassung zur Teilrevision.
Dorfzentrum Baar.
Dorfzentrum Baar. - Nau.ch / Stephanie van de Wiel
Ad

Welche Geschäfte werden dem Souverän zum Entscheid unterbreitet? Welche Finanzkompetenzen hat der Gemeinderat? Wie sind die Kommissionen organisiert? Diese und andere Fragen werden in der Gemeindeordnung geregelt.

Sie stellt die Aufgaben, die Rechte und Pflichten der verschiedenen Organe kommunaler Tätigkeit dar. Damit kommt der Gemeindeordnung eine ähnliche Aufgabe wie der Bundesverfassung zu, wobei sie selbstverständlich an die übergeordneten Rechtsgrundlagen wie beispielsweise das kantonale Gesetz über die Organisation und die Verwaltung der Gemeinden (Gemeindegesetz) gebunden ist.

Die Gemeindeordnung wurde in den Jahren 1998 bis 2001 erarbeitet. Am 3. Oktober 2001 hat die Baarer Stimmbevölkerung der «Baarer Verfassung» an der Urne zugestimmt. Seither sind einige wenige Artikel aufgrund von Vorstössen an Gemeindeversammlungen angepasst oder ergänzt worden.

Einige Bestimmungen der Gemeindeordnung entsprechen nicht dem Gemeindegesetz aus 2013

Nach über 20 Jahren ist es nun an der Zeit für eine Teilrevision. Diese drängt sich aus mehreren Gründen auf. So entsprechen gewisse Bestimmungen der Gemeindeordnung nicht mehr dem übergeordneten Recht, seit das Gemeindegesetz im Jahr 2013 teilrevidiert worden ist.

Zudem hat die SP am 18. März 2021 in der Motion «Finanzkompetenzen des Gemeinderats für den Erwerb von Immobilien» eine Erhöhung der Beträge gefordert, die der Gemeinderat ohne Einbezug der Bevölkerung (an der Gemeindeversammlung oder der Urne) sprechen kann.

Der Gemeinderat soll so flexibler sein beim Erwerb von Liegenschaften und Bauland sowie von Baurechten beispielsweise für Schul- und Altersinfrastrukturbauten oder für preisgünstigen Wohnungsbau. Die Motion wurde an der Gemeindeversammlung vom 15. September 2021 teilerheblich erklärt. Der Gemeinderat hatte damals in Aussicht gestellt, die Finanzkompetenzen im Rahmen einer Teilrevision der Gemeindeordnung zu prüfen und allenfalls anzupassen.

Vernehmlassung bis am 29. April

Mittlerweile liegt ein Entwurf der teilrevidierten Gemeindeordnung vor. Der Gemeinderat hat diesen an seiner Sitzung vom 7. Dezember 2021 für die Vernehmlassung verabschiedet. Bis am 29. April erhalten die politischen Parteien, die Baarer Korporationen, die Kirchgemeinden, die Bürgergemeinde, die Mitglieder der Kommissionen sowie weitere Interessierte die Möglichkeit, sich zur überarbeiteten Gemeindeordnung zu äussern.

In der Folge werden die Vernehmlassungsresultate ausgewertet und bei der Teilrevision der Gemeindeordnung nach Möglichkeit berücksichtigt. Am 27. November wird die Stimmbevölkerung an der Urne über die neue Baarer Verfassung abstimmen.

Grundlage für die Revision war die Mustergemeindeordnung (MuGo) des Kantons Zug aus dem Jahr 2016. «Wir haben aber bewusst darauf verzichtet, die Mustergemeindeordnung eins zu eins zu übernehmen», erklärt Gemeindepräsident Walter Lipp. «Uns ist es wichtig, das Baar-Spezifische zu erhalten.» So ist die Gemeindeordnung in einigen Punkten konkreter auf Baar zugeschnitten als die allgemein verfasste MuGo.

Hinzu kommt, dass die durch Motionen eingebrachten Anpassungen der letzten Jahre auch in der teilrevidierten Gemeindeordnung erhalten bleiben sollen. «Dem Gemeinderat ist es ein grosses Anliegen, seine Politik breiter abzustützen, die politische Transparenz zu erhöhen und die politische Kontrolle zu stärken», sagt Walter Lipp. «Wir möchten das bestehende und auf uns zugeschnittene 'Baarer Modell' stärken und optimieren.»

Die Teilrevision wird zudem dazu genutzt, einige Artikel sprachlich zu präzisieren und überflüssige Bestimmungen, die in übergeordneten Gesetzen geregelt sind, zu streichen.

Der Gemeinderat schlägt eine Erhöhung der Finanzkompetenzen vor

Wie in der Antwort auf die Motion der SP versprochen, hat der Gemeinderat die Finanzkompetenzen unter die Lupe genommen. In Artikel 21 der Gemeindeordnung wird festgelegt, welche Beträge der Gemeinderat sprechen kann und ab welchem Betrag die Vorlage der Gemeindeversammlung unterbreitet werden muss.

Obwohl im Artikel ausgeführt wird, dass der Gemeinderat die Beträge zu Beginn jeder Legislaturperiode nach Massgabe des Landesindex der Konsumentenpreise der Teuerung anpasst, sind die Finanzkompetenzen seit 2001 unverändert geblieben. Nun schlägt der Gemeinderat eine moderate Anpassung vor.

So sollen Handänderungen (Erwerb oder Veräusserung von Liegenschaften oder Baurechten) neu bis zu einem Betrag von drei Millionen Franken vom Gemeinderat beschlossen werden können. Heute liegt diese Grenze bei zwei Millionen Franken. «Der Gemeinderat hat bewusst auf eine höhere Limite verzichtet», betont Gemeindepräsident Walter Lipp. «Mit der moderaten Anpassung erhält der Gemeinderat mehr Spielraum, ohne die Kompetenzen des Souveräns übermässig zu beschneiden.

Die Meinung der Stimmbevölkerung hat für die Gemeinde nach wie vor höchste Priorität.» Auch andere Beträge sollen leicht angepasst werden. Gänzlich gestrichen werden die Finanzlimits für eine obligatorische Urnenabstimmung. Diese sind gemäss der Teilrevision des Gemeindegesetzes von 2013 nicht mehr zulässig.

Das Gemeindegesetz schreibt lediglich vor, dass der Gemeinderat von Fall zu Fall und abhängig von der Tragweite eines Geschäfts entscheidet, ob an der Urne oder an der Gemeindeversammlung entschieden wird. Dieser Grundsatz muss nun auch in die Gemeindeordnung übernommen werden.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

FrankenGesetzSP