Nationalrat geht gegen «Knebelverträge» von Buchungsplattformen vor

Das Wichtigste in Kürze
- Anbietern wie Booking.com sollen künftig engere Grenzen gesetzt werden.
- Der Nationalrat heisst Änderungen im Gesetz über den unlauteren Wettbewerb gut.
Hotels sollen Zimmer auf der eigenen Website günstiger anbieten dürfen als auf Buchungsplattformen. Der Nationalrat will Preisbindungsklauseln künftig verbieten – und Anbietern wie beispielsweise Booking.com noch engere Grenzen setzen. Die grosse Kammer hat am Dienstag als Erstrat verschiedene Änderungen im Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG) gutgeheissen.
Der Entscheid fiel mit 109 zu 70 Stimmen bei 13 Enthaltungen. Die Vorlage geht auf einen Vorstoss von Mitte-Ständerat Pirmin Bischof (SO) aus dem Jahr 2016 zurück. Diesen hatte das Parlament ein Jahr später an den Bundesrat überwiesen. Obwohl die Regierung dagegen war, in die Praktiken von Buchungsplattformen einzugreifen, musste sie die Forderung umsetzen.
Enge Preisparitätsklauseln sollen untersagt werden
Kern der nun vorliegenden Vorlage ist es, dass Booking.com und andere Portale Hotels nicht mehr verbieten dürfen, auf der hoteleigenen Internetseite tiefere Preise anzubieten. Es geht um die sogenannten engen Preisparitätsklauseln.
Bereits untersagt sind die weiten Preisparitätsklauseln. Solche verpflichten Hoteliers, auf allen ihren Vertriebskanälen mindestens einen gleich hohen Preis wie auf Buchungsplattformen anzubieten.

Das Thema ist seit längerem aktuell. Bereits vor zehn Jahren hatte der Nationalrat Massnahmen gegen die Marktmacht von Online-Buchungsplattformen diskutiert. Eine Motion, die von Schweiz Tourismus forderte, kostenlose Buchungsplattformen für alle direkt vermarktbaren Hotelzimmer anzubieten, scheiterte damals aber deutlich.
Druck auf Booking.com wächst
Inzwischen hat Booking.com seine marktbeherrschende Stellung weiter ausgebaut. Gleichzeitig nimmt auch der politische Druck zu, dieser und anderen Buchungsplattformen engere Fesseln anzulegen.
Geht es nach dem Nationalrat, sollen künftig alle Paritätsklauseln verboten werden, also auch Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsklauseln. Mit 98 zu 88 Stimmen bei 4 Enthaltungen stimmte die grosse Kammer einem Antrag ihrer Rechtskommission (RK-N) zu. Sie ging damit weiter als der Bundesrat.
Schweizer Beherbergungsbetriebe schützen
Grosse Plattformen seien durch ihre Marktmacht in der Lage, gerade kleinen und mittelgrossen Beherbergungsbetrieben ihre Regeln zu diktieren. Die Schweizer Hotels und auch die Konsumentinnen und Konsumenten müssten deshalb geschützt werden, so der Tenor.

Auch in den meisten Nachbarländern seien Paritätsklauseln untersagt, sagte Kommissionssprecherin Florence Brenzikofer (Grüne/BL). Ziehe die Schweiz nicht mit, seien die hiesigen Beherbergungsbetriebe im Nachteil.
SVP, FDP und GLP wollten mehrheitlich vom Preisbindungsverbot nichts wissen. Es werde eine Ausnahmeregelung für eine einzelne Branche geschaffen, machte die Minderheit geltend. Konsequenterweise müsste eine branchenübergreifende Lösung diskutiert werden.
Kartellgesetz schützt den Wettbewerb
Judith Bellaiche (GLP/ZH) hob zudem den Nutzen von Buchungsplattformen hervor. Erst dank solcher Plattformen erschienen Schweizer Hotels auf dem Schirm von Kundinnen und Kunden aus dem In- und Ausland. «Alle wollen von den Plattformen profitieren, aber niemand will für die Dienste bezahlen», kritisierte sie.
Mit Verboten werde der Wettbewerb behindert, befand Pirmin Schwander (SVP/SZ). Das Kartellgesetz schütze den Wettbewerb ausreichend. So könnten die Hoteliers weiterhin auf verschiedenen Onlineplattformen unterschiedliche Preise anbieten. Auch könnten sie Kunden per Mail, am Telefon oder an der Rezeption günstigere Offerten machen.
Neuen Regeln betreffen Zivilrecht
Booking.com wies in der Vergangenheit den Vorwurf zurück, dass die Hoteliers «Knebelverträge» unterschreiben müssten. Die Plattform verlange etwa keine Grundgebühr, keine Eintrittsgebühr und keine minimale Vertragsdauer. Die Kommission würde nur fällig, wenn ein Kunde buche und im Hotel auch übernachte.
Trotzdem hat der Nationalrat nun gehandelt. Die neuen Regeln betreffen jedoch nur das Zivilrecht und enthalten keine strafrechtliche Sanktion.
Eine linke Minderheit forderte, dass Verstösse gegen das Verbot von Paritätsklauseln auf Antrag mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft werden sollten. Sie scheiterte mit dem Ansinnen. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.