EU-Institutionen einigen sich auf umstrittene Reform des Urheberrechts

Das Wichtigste in Kürze
- Internet-Plattformen sollen geschützte Inhalte herausfiltern.
Dabei wurde im Wesentlichen ein Kompromiss übernommen, den Deutschland und Frankreich in der vergangenen Woche ausgehandelt hatten.
Google und Co. sollen verpflichtet werden, Inhalte zu entfernen, für die von den Urhebern keine Lizenz erteilt wurde. Ausgenommen werden sollen Firmen, die seit weniger als drei Jahren bestehen, deren Jahresumsatz weniger als zehn Millionen Euro beträgt und deren Nutzerzahl unter fünf Millionen pro Monat liegt.
Unternehmen, die über diesen Schwellen liegen, müssen hochgeladene Inhalte nach von den Lizenzinhabern bereitgestellten Listen filtern und verhindern, dass nicht genehmigte Werke wieder auf ihrer Plattform erscheinen.
Der Text sieht auch ein Leistungsschutzrecht vor, wie es bereits in Deutschland gilt. Damit soll sichergestellt werden, dass Verlage oder Nachrichtenagenturen vergütet werden, wenn ihre Artikel auf Plattformen angeboten werden. Private Nutzer, die etwa über Facebook oder Twitter Nachrichten austauschen, sind davon nicht betroffen.
Die deutschen Verleger begrüssten die Einigung. «Dies ist ein guter Tag für die Meinungs- und Pressevielfalt in Europa und der Welt», erklärten der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Das europaweite Leistungsschutzrecht biete den Verlagen «erstmals die Chance, mit den grossen Tech-Plattformen über die Nutzung ihrer Inhalte zu einem fairen Preis zu verhandeln». Auch die Verwertungsgesellschaften Gema und VG Wort sowie der Deutsche Kulturrat begrüssten die Einigung.
Für Kultur- und Medienschaffende sei die Einigung «ein grosser Schritt nach vorne», erklärte Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Durch die Richtlinie würden «wichtige Weichen in Richtung» einer besseren Vergütung von Urhebern in Europa gestellt, lobte auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Den grossen Plattformen werde «endlich eine klare Verantwortung für die von ihnen genutzten Inhalte zugeteilt».
Harsche Kritik an dem Vorhaben übte hingegen der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Es handele sich um einen «faulen Kompromiss», erklärte vzbv-Chef Klaus Müller. Mögliche Verbesserungen für Urheber und Startups seien «weitgehend auf der Strecke geblieben», um die Interessen der Nutzer sei es bei Reform nur noch am Rande gegangen. Die EU-Abgeordneten rief er auf, ihre Zustimmung zu verweigern.
Auf Kritik stiessen insbesondere die sogenannten Uploadfilter, die Anbieter verpflichten sollen, urheberrechtlich geschützte Inhalte herauszufiltern. Die Reform sei eine «Gefahr für kleine Verlage, Autoren und Internetnutzer», beklagte Julia Reda von der Piratenpartei, die im Europaparlament der Grünen-Fraktion angehört. Uploadfilter könnten keine legalen von illegalen Inhalte unterscheiden, warnte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer. Hier drohe das Blockieren rechtmässiger Inhalte und Meinungen.
Der Kompromiss wird nun dem Plenum des Europaparlaments zur Abstimmung vorgelegt. Nach Angaben aus dem Parlament könnte dies noch Ende März oder im April geschehen - vor der Europawahl Ende Mai. Auch der Europäische Rat muss dem Kompromiss noch zustimmen.
Für die Reform, die das Urheberrecht dem digitalen Zeitalter anpassen soll, hatten zahlreiche Medien in ganz Europa - darunter die Nachrichtenagentur AFP -, aber auch Kulturschaffende geworben, unter ihnen Künstler wie Paul McCartney. Die Internet-Riesen und Lobby-Verbände der Digitalwirtschaft hatten dagegen mobil gemacht. Unterstützt wurden sie von Internet-Aktivisten. Die Gegner der Reform sehen darin eine Gefahr für das «freie Internet» und warnen vor einer Zensur von Inhalten durch Plattformen.