Sind nur Männer schwulenfeindlich eingestellt? Weit gefehlt. Unsere Kolumnistin Verena Brunschweiger schreibt, wie es wirklich ist.
LGBTQ
Auch Frauen sind schwulenfeindlich. - Dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Dr. Verena Brunschweiger schreibt regelmässig Kolumnen auf Nau.ch.
  • Heute schreibt sie, dass auch Frauen schwulenfeindlich agieren.
  • Beispielsweise Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zelebriere den Schwulenhass.
Ad

Der 36-jährige Dyllón Burnside ist schwarz und schwul. Er ist als Schauspieler und Produzent berühmt geworden.

In einem Kommentar schreibt er, dass seine Grosseltern in Pensacola (Florida) noch nach «Rassen» getrennte Schulen besuchen mussten. Und genau dieselbe Mentalität, die damals die «Menschlichkeit seiner Grosseltern auslöschen» wollte, versucht das jetzt mit seiner.

Machst du dir Sorgen wegen dem zunehmenden Schwulen- und Lesbenhass?

Der Diskriminierungen sind bekanntlich mehrere. Wie John, Teilnehmer der ersten deutschen schwulen Dating Show «Prince Charming», sagte: Als Schwarzer, Schwuler und Ostdeutscher gehöre er ja gleich drei marginalisierten Gruppen an.

«Eltern-Bashing»?

Auch Country-Musikerin Chappell Roan (27) feiert die LGBT-Community. Sie spricht offen darüber, wie hart es war, im Midwest der USA als queere Frau aufzuwachsen.

Roan wird von Hatern behelligt. Sie ist kinderfrei und erlaubte es sich darauf hinzuweisen, dass die Eltern in ihrem Freundeskreis nicht alle besonders glücklich wären. Ein Shitstorm schwappte wie zu erwarten auch in die deutschsprachigen Medien, wo ihr Statement (ebenfalls wie zu erwarten) als «Eltern-Bashing» klassifiziert wurde.

Sind nur die Männer homophob? Nein!

Pronatalistisch aggressiv sind Männer und Frauen, schwulenfeindlich jedoch angeblich nur Männer. Wirklich?

Spätestens seit die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die Schwulenhass bekanntlich offen zelebriert, die sofortige Streichung etlicher LGBT-Programme der italienischen Regierung manifestierte, muss das revidiert werden.

Giorgia Meloni.
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. - AFP

Auch weiblichen Mitgliedern wird in der rechten Szene eingetrichtert, dass «Tunten» nicht nur peinlich wären, sondern auch enorm gefährlich, da sie ja für AIDS und Pädophilie stünden, wie sonst keine Gruppe.

Ausgeraubt und verprügelt

Im Rahmen sogenannter «Pädo-Hunts»veranstaltet die Extreme Rechte um die FPÖ in Österreich neuerdings Menschenjagden. Bei diesen werden schwule Männer zu vermeintlichen Partys an entlegene Orte gelockt, wo man sie ausraubt und verprügelt.

Die Täterschaft, die sich jetzt vor Gericht verantworten muss, bestand hauptsächlich aus jüngeren Männern. Aber auch zwei Frauen waren darunter.

Übrigens: In den 1930ern Jahren gab es genau solche Aktionen. Man amüsierte sich, indem man Schwule oder Linke verkloppte.

Verena Brunschweiger.
Verena Brunschweiger schreibt Kolumnen auf Nau.ch. - zvg

Die HIV-Frage

Es ist übrigens erschreckend, dass die Erzählung der wegen ihrer häufig wechselnden Partnern HIV-positiven Schwulen immer noch tradiert wird.

Obwohl man Studien nachlesen kann, in denen klar gezeigt wird, dass sich jeder durchschnittliche Familienvater, der nebenbei mit einer drogenabhängigen Prostituierten ohne Kondom sexuellen Kontakt hat, deutlich häufiger HIV einfängt. Und oft unwissend an die Gemahlin weitergibt.

Aber diese Erzählung muss man natürlich totschweigen. Das würde ja am Image kratzen.

Verbrechen finden in den Familien statt

Rechte Frauen haben nach eigenen Angaben Angst, dass ihre Kinder von Ausländern oder Pädophilen belästigt werden. Sie ignorieren absichtlich, dass die allermeisten Verbrechen an ihren Kindern durch Männer innerhalb der eigenen Familie geschehen.

Sie sehen nicht das liebenswürdige Ehepaar, sie Floristin, er Barbetreiber, mit niedlichem Hündchen, das sich sonntags beim Frühstücken gegenseitig mit Trauben füttert. Sie sehen schmierige Typen, die sich an der Bushaltestelle zu nah zu ihrem Sohn setzen. Und sein Knie tätscheln. Oder ihn einladen, zu ihnen ins Auto zu steigen.

Emmanuel Macron ein Vorbild

Da wünscht man sich natürlich einen Präsidenten wie Emmanuel Macron, der sich bereits mehrfach klar gegen Homophobie und Misogynie positionierte.

Dies indem er darauf hinwies, dass er offen schwul leben würde, hätte er solche Neigungen.

brigitte macron
Macron mit seiner Frau Brigitte Macron. - AFP

Und dass derartige Gerüchte seine Gemahlin verletzen würden. Letzteres ein rührender Kommentar, der zu einem Emmanuel passt, der extra früher ein Brüsseler Gipfeltreffen verliess, um anlässlich seines Hochzeitstags früher bei seiner Frau sein zu können.

Vielleicht ist diese grandiose Liebe auch einfach etwas ungewöhnlich in einem Land, das François Hollandes wechselnde Partnerinnen erlebte. Oder die Rolle von Carla Bruni an der Seite von Nicolas Sarkozy.

All das liegt ja an der Biologie, sagen die Machos.

Es sei «ganz natürlich», dass reiche, mächtige Männer Magneten für Weibchen jeden Alters sind. Und da wären sie ja blöd, wenn sie ein älteres Exemplar wählen würden.

Dabei sind Paare wie Emmanuel und Brigitte gar nicht so extrem selten. Und wie man sieht: nicht nur hinsichtlich der Altersfrage sehr progressiv.

Zur Person: Dr. Verena E. Brunschweiger, Autorin, Aktivistin und Feministin, studierte Deutsch, Englisch und Philosophie/Ethik an der Universität Regensburg. 2019 schlug ihr Manifest «Kinderfrei statt kinderlos» ein und errang internationale Beachtung.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Nicolas SarkozyEmmanuel MacronSchauspielerRegierungGerichtPrinceAngstLiebeFPÖHIV