Wie stressig ist der Job von Politikern in der Schweiz?
Das Wichtigste in Kürze
- Gestern sind gleich zwei deutsche Politiker im Bundestag kollabiert.
- Schuld daran könnten die harten Arbeitsbedingungen sein.
- Wie sieht die Situation in der Schweizer Politik aus?
Schock im deutschen Bundestag: Binnen weniger Stunden kam es gestern gleich zu zwei medizinischen Notfällen. Erst musste der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer seine Rede aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Wenig später brach die Linken-Abgeordnete Simone Barrientos während einer namentlichen Abstimmung zusammen.
Zwischenfälle, die für erhitzte Gemüter sorgen. Anke Domscheit-Berg von den Linken etwa kritisierte die Arbeitsbedingungen im Bundestag als «unmenschlich». Lange Plenarsitzungen und zahlreiche Termine würden ihre Spuren hinterlassen. «Ich kenne kaum Bundestagskollegen ohne chronischen Schlafmangel», schreibt die 51-Jährige auf Twitter.

Doch wie sieht es hierzulande aus? Laufen auch Schweizer Politik bald Gefahr zu kollabieren? Nau hat nachgefragt.
«Habe das am eigenen Leib erfahren»
Lange Arbeitstage, Stress und Ansprüche von allen Seiten – das kennen auch Schweizer Politiker. SVP-lerin Natalie Rickli erlitt 2012 ein Burnout, wie auch 2004 der damalige FDP-Präsident Rolf Schweiger. «Dass zu viel Stress ungesund ist, weiss eigentlich jeder, das habe ich ja auch erfahren müssen», sagt GLP-Nationalrat Martin Bäumle. Als Parteipräsident erlitt er 2012 einen Schwächeanfall und 2014 einen Herzinfarkt.

Heute sagt er: «Die Eigenverantwortung ist halt stark gefragt. Aber rein von dem her, was uns zur Verfügung gestellt wird, ist das also managebar.» Wasserspender sind strategisch platziert.
Ebenso die von der Bauernlobby gesponserten Äpfel und Rüebli, die Napolitaine von Chocosuisse und die Militärguetzli. Café und Restaurant sind auf dem gleichen Stockwerk beziehungsweise exakt unter der Wandelhalle.
Arbeitsbedingungen als Problem nie auf dem Radar
Wobei einzig die Wasserspender tatsächlich unter dem Gesundheitsaspekt aufgestellt wurden. Als Problem seien die Arbeitsbedingungen der Parlamentarier nie wirklich auf dem Radar gewesen, heisst es bei den Parlamentsdiensten. Trotzdem ist Bäumle überzeugt: «Der Gesundheit wird im Parlament die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Wir wissen alle, dass wir zu fettig und zu süss essen – aber das betrifft ja nicht nur die Parlamentarier.»
Man müsse halt mal aufstehen, rausgehen, frische Luft schnappen – «kann mann alles», so Bäumle. «Bei Kommissionssitzungen ist es manchmal schwieriger, aber auch dort haben wir regelmässig Pausen.» Und Wasser auf den Tischen – nur verpflegen sollte man sich nicht im Ratssaal oder Sitzungszimmer.

Stark involvierte Politiker wie die jeweiligen Kommissionsprecher oder die Bundesräte können sich vom Weibel Kaffee und Softdrinks bringen lassen. Und Energieriegel, Schoggi, Äpfel «zählen nicht als Verpflegung», oder anders gesagt: Was nicht verboten ist, ist erlaubt.
Auf dem Wege der Besserung
Was die beiden deutschen Parlamentarier angeht, sollen sie Medienberichten zufolge auf dem Weg der Besserung sein. Matthias Hauer teilte noch am selben Tag via Twitter mit, dass der Grund für den Schwächeanfall «wohl nichts Ernstes sei, aber wir checken vorsichtshalber nochmals alles durch.»