In Deutschland werden ARD und ZDF von Programmbeschwerden überhäuft. Wie sieht es eigentlich in der Schweiz aus? Kämpft auch SRF mit einer Beschwerdeflut?
SRF Beschwerden
In Deutschland kämpft der öffentliche Rundfunk mit einer Beschwerdeflut. Wie ist die Lage in der Schweiz? - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die deutschen Rundfunkanstalten ARD und ZDF haben mit Beschwerdefluten zu kämpfen.
  • Auch in der Schweiz sind die Beschwerdezahlen hoch.
  • Via Social Media kursieren vorgefertigte Beschwerdebögen. Das treibt die Zahlen hoch.
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Die öffentlichen deutschen Rundfunkanstalten ARD und ZDF kämpfen zurzeit mit einer regelrechten Beschwerdeflut.

Im Gegensatz zum Jahr 2023 sind die Programmbeschwerden im Jahr 2024 um das Zehnfache angestiegen. Ganze 48'000 Beschwerden gingen in wenigen Monaten bei den beiden Rundfunkanstalten ein.

Die reale Zahl sei zudem höher, da auch Beschwerden bei den Regionalrundfunkstationen eingegangen seien. Das bestätigt eine ARD-Sprecherin gegenüber dem deutschen Recherchemagazin «Correctiv».

ARD und ZDF durch Beschwerden vor Probleme gestellt

Ein Problem für die deutschen Rundfunkanstalten: «Ein erheblicher Teil der Beschwerden stammt von Gegnern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks», so eine ZDF-Sprecherin. Dies äussere sich vor allem in konzentrierten Massenbeschwerden.

Schaltest du regelmässig bei SRF ein?

Wie siehts bei uns aus – wird auch SRF von Programmbeschwerden überflutet?

Die seit 1992 erhobenen Beschwerdezahlen zeigen deutlich: Ja.

Denn auch hierzulande hat sich die Anzahl Programmbeschwerden in den letzten Jahren vervielfacht. Zwar sind die Beschwerden nach einem Höchststand von 1161 und 1114 Beschwerden in den Corona-Jahren wieder etwas zurückgegangen.

Viele Beanstandungen stammen «von Gegnern» der SRG

Noch immer halten sie sich aber im hohen dreistelligen Bereich. 2024 verzeichnete die Ombudsstelle 852 Beschwerden. 2023 waren es 836 Beschwerden, im Jahr 2022 gar 988.

Zum Vergleich: 1992 gingen gerade mal 62 Beschwerden bei SRF ein.

SRF
Das SRF kämpft ebenso wie ARD und ZDF mit einer hohen Zahl an Programmbeschwerden.
SRF
In den Corona-Jahren 2020 und 2021 verzeichnete das SRF Beschwerden im vierstelligen Bereich.
SRF
Auch 2024 waren die Beschwerdezahlen hoch.

Die Steigerung hat Folgen für die Ombudsstelle, wie deren Co-Leiterin Esther Girsberger gegenüber Nau.ch bestätigt: «Seit 2021 ist die Ombudsstelle mit 140 Stellenprozenten dotiert. In den Jahren zuvor waren es 80 Stellenprozente.»

Man stelle zudem ähnliche Phänomene fest wie ARD und ZDF: «Ein erheblicher Teil der Beanstandungen stammt von Gegnern des öffentlichen Senders.»

Beschwerden zu jedem Beitrag

Ein Problem für die Ombudsstelle. Denn es sei eine Professionalisierung der Beschwerden erfolgt, so Girsberger. «Über die sozialen Medien wird zur Einreichung von Beanstandungen mit Mustereingaben aufgerufen.»

Befürwortest du die Halbierungsinitiative?

Zudem werde in nicht wenigen Beschwerden erwähnt, dass man «die Halbierungsinitiative annehmen» werde. Dies, weil man das Gefühl habe, dass SRF nicht ausgewogen berichte.

Dabei gebe es auch beschwerdeführende Personen, Verbände oder Vereinigungen, die bei jedem thematisch ähnlichen Beitrag eine Beschwerde einreichen würden.

Auch Politiker rufen zu Beschwerden auf

Heisst konkret: Viele Beschwerden von SRG-Gegnerinnen und -Gegnern trudeln bei der Ombudsstelle ein.

Diese sind für die beschwerdeführenden Personen aber kein Aufwand, da sie vorgefertigt sind und via Social Media verbreitet werden.

SRF
Wie bei ARD und ZDF beschweren sich bei SRF viele Gegnerinnen und Gegner.
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Ein Problem: Vorgefertigte Beschwerden, die via Social Media herumgeschickt und so vervielfacht eingereicht werden.
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Es gebe aber auch viele gut formulierte und sorgfältig begründete Beschwerden, so die SRF-Ombudsstelle.

Eine kurze Suche auf Social Media zeigt: Auch Politiker rufen zur vorgefertigten Beschwerde auf, etwa ein St. Galler Politiker der christlich-religiösen EDU.

Er störte sich an einem Beitrag über den Nahostkonflikt. Sein Aufruf: «Bitte reicht ebenfalls möglichst viele diese Beanstandung bei der Ombudsstelle des SRF ein.»

Darunter schreibt er einen Beschwerdtext, der «gerne verwendet werden darf».

Beschwerden sind nicht «per se negativ»

Aber auch die Juso Zürich lieferte gleich eine Anleitung und Vorlage zur Beschwerde gegen die Satireshow «Late Night Switzerland». Der Vorwurf: antimuslimischer Hass.

Aber, so Girsberger: «Die gestiegene Zahl von Beanstandungen ist nicht per se negativ.» Man interpretiere die vermehrte Kritik «als Zeichen eines wachen, engagierten Publikums».

Zudem gebe es durchaus auch «gut formulierte und sorgfältig begründete» Beschwerden. Diese hätten nichts mit Antipathie gegenüber der SRG zu tun.

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