Am vierten Tag des Mordprozesses in Bergdietikon plädierte der Verteidiger für eine Qualifizierung der Tat als Totschlag und eine Strafe von acht Jahren.
Fall anna
Das Bezirksgericht Baden. (Archivbild) - keystone
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Vor dem Bezirksgericht Baden AG ist am Donnerstag, dem vierten Tag im Mordprozess Bergdietikon, der Verteidiger zu Wort gekommen. Er plädierte für eine Qualifizierung der Tat als Totschlag und eine Freiheitsstrafe von acht Jahren. Im Hinblick auf eine Einstufung der Tat als Totschlag bemühte sich der Verteidiger, das Gericht davon zu überzeugen, dass sein Mandant die Tat in einer heftigen Gemütsbewegung« begangen habe.

Nach der Entdeckung eines Fotos seiner Frau beim Sex mit einem anderen Mann sei er fassungslos gewesen. Dies sei «ein nicht zu überbietender Schlag ins Gesicht» gewesen. Der heute 49-Jährige habe nichts von der Affäre seiner Frau gewusst, und er habe die Tat nicht geplant, sagte der Verteidiger. Sonst hätte er «rein vorsichtshalber» sämtliche Kameras aus der Wohnung entfernt, die er als Schutz vor Einbrechern dort angebracht habe.

Frau unter Wasser gedrückt

Hätte er geplant, seine Frau zu töten, so hätte er dies in seiner alten Heimat, Nordmazedonien, tun können. Dort würden «solche Taten milder beurteilt», so der Verteidiger. Wie der Beschuldigte am Mittwoch geschildert hatte, stand seine Frau in den frühen Morgenstunden des 25. September 2022 in der Badewanne und duschte. Er sei ins Bad getreten, wo das Handy auf dem Lavabo gelegen habe.

Dann habe er das Bild gesehen. Sie habe ihm das Telefon aus der Hand nehmen wollen. Es sei zu einem Gerangel kommen, bei dem beide in die teilweise gefüllte Wanne gestürzt seien. Er habe die sich heftig wehrende Frau unter Wasser gedrückt, bis sie sich nicht mehr rührte.

Laut Rechtsmedizin wurde sie gewürgt und ertränkt. Nachher zog er trockene Kleider an, warf den laufenden Föhn in die Wanne, schloss das Badezimmer von aussen ab und schob den Schlüssel unter der Tür durch. Damit wollte er laut Anklage einen Suizid vortäuschen. Etwas später alarmierte er den Notruf und meldete, seine Frau habe sich im Badezimmer eingeschlossen und antworte nicht.

Psychiatrischer Gutachter verneint «Affektsturm»

Der psychiatrische Gutachter hatte unter anderem aufgrund dieses überlegten Verhaltens nach der Tat einen «Affektsturm» verneint. Auch andere Anzeichen für Einschränkungen der Schuldfähigkeit gebe es nicht. Der Verteidiger kritisierte das Gutachten als ungenügend und nicht verwertbar.

Wie der Staatsanwalt am Mittwoch ausgeführt hatte, liegt klar ein Mord vor. Der Ankläger verlangte eine Bestrafung mit 18 Jahren Freiheitsentzug. Von der Affäre müsse er schon aufgrund seiner Überwachung längst gewusst haben.

Der Beschuldigte habe aus Eifersucht, Rache und finanziellen Interessen gehandelt. Gemäss entsprechenden Verträgen wäre ihm bei einem Suizid oder Unfalltod seiner 41-jährigen Frau ein Millionenbetrag zugestanden. Er habe denn auch nach der Tat alles Mögliche vorgekehrt, um einen Suizid vorzutäuschen.

Frau kündigte Auszug aus «Kamera-Hölle»

Die Schweizer Eheleute, die beide aus dem albanischen Kulturkreis stammten, hatten nach den Schilderungen des Beschuldigten eine harmonische, liebevolle Beziehung. Sie machte Karriere als Ökonomin und verdiente viel Geld. Er, ausgebildeter Betriebsökonom mit holprigem Berufsweg, kümmerte sich um Haushalt und Kinder.

Der Harmonie zum Trotz überwachte er sie in den Monaten vor der Tat per Handy-Tracker. Die Wohnung – ausser das Bad – hatte er mit Kameras ausgerüstet. Diese wandten sich am Ende gegen ihn selbst. Die Videos gaben den Ermittlern Einblick in eine nicht ganz so harmonische Ehe und hatten am Tag vor der Tat aufgezeichnet, dass die Frau ihren Auszug aus der «Kamera-Hölle» ankündigte.

In seinem Schlusswort beteuerte der Beschuldigte, wie leid ihm seine «schreckliche Tat» tue. Er war am Tag danach festgenommen worden, ist geständig und befindet sich im vorzeitigen Strafvollzug. Die Verhandlung fand aus Sicherheits- und Platzgründen in Räumlichkeiten der Kantonspolizei in Schafisheim statt. Das Urteil wird am Freitagnachmittag eröffnet.

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